Duisburg. Flaschenpost verspricht, Getränkekisten in 120 Minuten zu liefern. Ein Mitarbeiter in Duisburg spricht über Kisten, die Zeit und Dankbarkeit.

Das Unternehmen Flaschenpost beliefert Haushalte in Duisburg mit Getränken. Innerhalb von 120 Minuten, so das Versprechen des Sofortlieferdienstes, sollen die Getränke ohne Kisten schleppen und zusätzliche Lieferkosten bis zur Wohnungstür kommen. In einem der rund 60 markanten Flaschenpost-Bulli in Duisburg sitzt Julian Backhaus. Bis zu 30.000 Kisten liefern er und seine Kollegen in einer Woche aus, sagt das Unternehmen. So funktioniert das Geschäft mit den Flaschenkästen.

Im Hochregallager an der Straße im Freihafen in Ruhrort stapeln sich die Getränkekisten. 100.000 an der Zahl. Wassersorten, Biere und Limonaden – in der 7.300 Quadratmeter großen Halle von Flaschenpost stapelt sich alles in Glasflaschen oder PET.

Vor der Abfahrt aus dem Flaschenpost-Lager in Duisburg: 13 Kisten liefert Julian Backhaus bei der nächsten Tour aus.
Vor der Abfahrt aus dem Flaschenpost-Lager in Duisburg: 13 Kisten liefert Julian Backhaus bei der nächsten Tour aus. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Während ein Teil der rund 350 Mitarbeiter in Duisburg die Getränkekisten anhand der Bestellungen kommissioniert, steht Backhaus bereits an seinem Lieferwagen. Kiste für Kiste hievt er auf die Ladefläche. „Bei 55 ist Schluss“, sagt Backhaus. Für die anstehende Tour verlädt der 31-Jährige aber lediglich 13 Kisten. Sind diese gesichert, geht die Fahrt los.

Lieferdienst Flaschenpost: Kunden bestellen per App

Per App bestellen die Kunden online ihre Getränke. Für Backhaus und die Kollegen tickt ab dann die Zeit: Binnen zwei Stunden sollen die Getränke vor der Wohnungstür stehen. Egal, in welchem Stockwerk. Per Handy können Kunden den Lieferstatus verfolgen. Die Bestellungen werden montags bis samstags von 9 bis 21 Uhr entgegengenommen, bis 23 Uhr wird ausgeliefert. Selbst die spontane Party am Abend kann so dank striktem Lieferversprechen, mit dem Flaschenpost wirbt, noch mit Getränken versorgt werden.

„Das Navi zeigt die Route an“, sagt Backhaus am Steuer. Ein IT-System im Hintergrund hat für den Lieferanten vorab eine intelligent geplante Tour zusammengefasst. Die Strecke zwischen den Häusern soll so kurz wie möglich sein.

Mitarbeiter bei Flaschenpost über die Arbeitsbelastung

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Der Mülheimer ist seit sieben Monaten bei Flaschenpost. „Pro Tour liefern wir zwischen 15 und 30 Kisten aus – im Sommer mehr.“ Sein wichtigstes Arbeitsutensil? „Die Sackkarre“, schießt es heraus. Sie spart Kräfte in einer 40-Stunden-Woche. Gerade im Sommer. „Ich musste auch mal in die 6. Etage, ein Altbau ohne Aufzug.“ Spätestens im Treppenhaus ist dann aber Muskelkraft gefragt. „Am Anfang war die Belastung hoch, aber das ist Trainingssache.“ Seinen Job macht er gerne.

An der Hüttenstraße in Hochemmerich stoppt der Lieferant zum ersten Mal. Lukas Balzer hat drei Getränkekisten geordert. „Ich habe 60 Minuten gewartet“, sagt er. Ein Supermarkt sei zwar ums Eck – „mit drei kleinen Kindern ist das aber schwierig.“ Deshalb nutzt der Familienvater den Lieferservice. Auch sein Leergut wird mitgenommen und der Pfandbetrag von der Rechnung abgezogen. Mit Paypal, Kreditkarte oder Lastschrift wird anschließend online bezahlt. Dann geht es zurück zum Bulli.

Flaschenpost: unbeeinflussbarer Straßenverkehr und Dankbarkeit

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„Man darf sich von dem Verkehr nicht verrückt machen lassen“, sagt er am Steuer. Gerade in der Innenstadt bleibe ihm oft keine andere Wahl, als in der zweiten Reihe zu halten. Für eine aufwendige Parkplatzsuche ist der Zeitdruck zu groß. Die gesamte Fahrt hält sich Backhaus aber an das vorgegebene Tempolimit. Erst einmal wurde er mit einem Blitzerfoto überrascht – die Kosten muss der Fahrer selbst tragen.

Mit dem Lieferwagen erreicht er die nächste Station: die Atroper Straße in Hochemmerich. Drei Kisten, zweimal KöPi und Wasser müssen in die dritte Etage. Maximal zwei Kästen kann er zeitgleich durchs Treppenhaus tragen. Je größer die Bestellung, desto mehr Stufen warten also. Oben an der Tür angekommen gibt es für den Einsatz vier Euro Trinkgeld.

Flaschenpost: Trinkgeld bessert niedrigen Lohn auf

Flaschenpost in Duisburg: In der 7.300 Quadratmeter großen Halle in Ruhrort stapelt sich bis zu 100.000 Getränkekisten.
Flaschenpost in Duisburg: In der 7.300 Quadratmeter großen Halle in Ruhrort stapelt sich bis zu 100.000 Getränkekisten. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

„Ich spüre immer Dankbarkeit“, sagt Backhaus. Die Kunden sind froh, dass sie nicht selbst die Kisten hochhieven müssen. Die Mitarbeiter im Lager starten bei einem Gehalt von 9,50 Euro, Fahrer bekommen zehn Euro, so Flaschenpost. Der stündliche Lohn kann bis auf 12,50 Euro steigen. Ständig werden neue Mitarbeiter gesucht, so das Unternehmen.

Trinkgelder dürfen die Fahrer behalten. „Am Tag bekomme ich zusätzlich 15 bis 20 Euro.“ Vor Heiligabend sei es auch mal mehr gewesen. An solchen Daten ist auch die Zahl der Bestellungen deutlich höher – so wie vor Halloween oder Silvester.

Nach der Atroper Straße geht es zur Karl-Jarres-Straße im Dellviertel und zur Düsseldorfer Landstraße in Huckingen. Für die vier Auslieferungen hat Backhaus an diesem Tag 1,5 Stunden gebraucht. Alle Kunden haben pünktlich ihre Lieferung erhalten. Zurück am Lager im Freihafen wird das Leergut ausgeladen, anschließend befüllt Backhaus seinen Lieferwagen mit neuen Kisten. Die nächsten 120 Minuten bis zur Zustellung beginnen.

Das Unternehmen Flaschenpost

Der Getränke-Lieferdienst Flaschenpost wurde 2016 gegründet. Der Standort Duisburg wurde im November 2018 eröffnet. In der Stadt sind rund 60 Flaschenpost-Lieferwagen unterwegs. Vom Lager in Ruhrort werden auch Kunden etwa in Moers, Ratingen, Rheinberg und Neukirchen-Vluyn angefahren. Das Unternehmen spricht deutschlandweit von 2 Millionen Bestellungen pro Jahr – alleine im Duisburger Liefergebiet sollen es 1000 Bestellungen täglich sein.

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) übt Kritik an Flaschenpost. Die NGG wirft dem Unternehmen vor, die Wahl einer Arbeitnehmervertretung für den Standort Düsseldorf zu behindern und unliebsame Mitarbeiter gekündigt zu haben. Flaschenpost wies die Vorwürfe zurück: Entlassungen hätten nicht im Zusammenhang mit einer Betriebsratswahl gestanden.