Duisburg. . Flaschenpost hat ein Logistikzentrum im Duisburger Freihafen eröffnet. In 120 Minuten sollen die Kisten beim Kunden sein. Wir haben’s getestet.
Der Getränke-Lieferdienst „Flaschenpost“ ist seit einigen Wochen auch in Duisburg unterwegs und will seinen Kunden das lästige Kistenschleppen ersparen. Das Start-Up-Unternehmen hat sich im Freihafen in Ruhrort angesiedelt und beliefert von hier private Haushalte, aber auch Firmen in Duisburg und Moers. Das Versprechen: Nach der Online-Bestellung stehen die Kisten spätestens zwei Stunden später vor der Tür. Aktuell arbeiten rund 100 Mitarbeiter im Lager oder als Fahrer daran mit, damit diese Zeitvorgabe auch eingehalten wird.
50 Transporter sind im Einsatz. Sie parken in Reih und Glied in der 8500 Quadratmeter großen Halle. Zu Karneval ist der Durst besonders groß: Im vorderen Bereich stapeln sich Kisten mit Wasser. Literflaschen, 0,7 Liter, Glas oder PET. Dahinter reihenweise Bier. Köpi, Becks, Bitburger, Duckstein, Flensburger. „Wir haben in jeder Stadt ein etwas anderes Sortiment und setzen auf regionale Angebote“, erklärt Marketing-Chef Christopher Huesmann. Soll heißen: In Köln gibt’s auch Kölsch. Säfte, Schorlen und sogar Klopapier komplettieren das Angebot. „Wir haben uns gefragt, was der Kunde vielleicht noch brauchen könnte und bieten ihm deshalb auch Hygiene-Artikel an“, erläutert Huesmann. Nicht wenige nehmen den Service gerne an und lassen sich die ganze Partyaustattung inklusive Chips und Crushed-Eis bringen.
Gegründet wurde das Unternehmen vor zwei Jahren und geht seitdem durch die Decke. „Eigentlich ärgert sich doch jeder darüber, wenn er Kisten schleppen muss“, sagt Huesmann. Jeder könne ein typischer Flaschenpost-Kunde sein. Bei den meisten stellt sich die Getränke-Frage aber erst, wenn sie zu Hause ausgezogen sind. Und weil in Münster, der Heimatstadt der Firma, viele Studenten mit Fahrrädern unterwegs sind, wurde der Service der Gründer gut angenommen. So gut, dass sie seitdem schnell expandiert.
Halbe Million Kisten pro Monat
Neun Logistikstandorte wurden in den vergangenen Monaten eröffnet. Pro Monat werden etwa eine halbe Million Kisten ausgeliefert. „Duisburg und der Hafen eignen sich für uns besonders gut, weil wir schnell überall sind. Die Autobahnanbindung passt“, betont Patrick Buchholz. Er leitet den Standort, hat früher einmal Zeitungen distribuiert und freut sich nun, mit einem jungen Team das Geschäft in Duisburg anzukurbeln. Besonders stolz ist er darauf, dass alle Mitarbeiter „ordentliche Verträge“ haben.
Einer von ihnen ist Dominik Müller. Der Online-Shop ist von 9 Uhr bis 21 Uhr geöffnet. Es ist ein Mittwochmorgen, momentan ist alles ruhig. Die Bestellungen laufen über einen Bildschirm. Danach macht sich ein Mitarbeiter auf den Weg, die Ware aus dem Regal zu einer Zwischenstation zu bringen. Von hier werden die Getränke ins Auto verladen.
Per Sirene wird Dominik Müller informiert, dass die Fuhre zusammen gestellt ist. Schnell läuft er zum Band, hievt Wasser und Cola ins Auto. Die Fahrer werden übrigens angehalten, ordentlich zu fahren. „Es gibt keine Anweisung, schnell unterwegs zu sein“, betont Buchholz. Knöllchen zahlt jeder selbst.
Die Ware wird bis zur Wohnungstür gebracht
„Ich brauchte einen Job und habe hier schnell etwas gefunden“, erzählt er, warum er bei Flaschenpost anheuerte. Er und seine Kollegen schleppen die Ware bis zur Wohnungstür. Liegt diese in der dritten Etage, hat er ordentlich zu tun. Und: Er kommt rum. „Ich habe schon Ecken gesehen, da wusste ich gar nicht, dass es die gibt.“ Einige Kunden, darunter auch Firmen, planen übrigens ihre Einkäufe zu einem bestimmten Termin. So gibt es dann jeden Montag Nachschub. Flaschenpost setzt auf Mehrweg, Pfand wird bei der Lieferung prompt eingesammelt. „Ich bin überrascht, wie viele Kunden trotzdem PET-Flaschen bestellen“, sagt Buchholz, dem auch das Thema Nachhaltigkeit am Herzen liegt.
Acht bis zehn neue Standorte will Flaschenpost in 2019 im gesamten Bundesgebiet eröffnen. Für Flaschenpost seien Regionen interessant mit mindesten 200.000 Einwohnern. Im Duisburger Lager ist Platz für 50.000 Kisten.
„Dominik ist um 10.59 Uhr bei Ihnen“
„Lieferung in 120 Minuten und günstige Preise wie im Supermarkt“ verspricht das Unternehmen Flaschenpost. Wir haben den Test gemacht.
Zunächst muss man online auswählen, welches Getränk es werden soll. Ich entscheide mich für Wasser. Meine Lieblingssorte ist 40 Cent teurer als im Supermarkt, aber das nehme ich in Kauf dafür, dass ich die Kiste gleich vor die Tür geliefert bekommen. Die Auswahl ist groß: Bevor das Wasser im virtuellen Einkaufskorb landet, muss ich klicken, welche Marke es sein soll. Ob es Glas- oder PET-Flaschen sein sollen. Ein Liter, 0,7 oder gar eine Gastro-Größe. Alternativ könnte ich auch nach Markennamen suchen und diese direkt ordern. 7,39 Euro zeigt der Warenkorb an - es fehlen also noch 7,61 Euro, bis der Mindestbestellwert von 15 Euro zustande kommt. Ich ordere zusätzlich Limo und Bier. Anschließend wird bezahlt - per Onlinebezahldienst Paypal oder Lastschrift. Die Rechnung wird mir sofort per Mail zugeschickt. Abgebucht wird erst, wenn das Pfand, das ich zurück gegeben habe, verrechnet wurde. „Danke für Ihre Bestellung“, heißt es in der Mail. Eine halbe Stunde später heißt es: „Dominik kommt. Er ist um 10.59 Uhr bei Ihnen.“ Dominik ist sogar überpünktlich. Er stellt die Getränke ab. Kurze Plauderei über die Straßenverhältnisse in Duisburg – „zu voll.“ Viel Zeit hat er nicht. Nachdem er weg ist, wird die Rechnung per E-Mail zugestellt. Unkomplizierter Service.
Laut einer Statistik der Plattform Statista gab es im vergangenen Jahr insgesamt 9565 Getränkeabholmärkte in Deutschland.
Laut Statista haben die Deutschen im Jahr 2018 insgesamt 20,14 Milliarden Euro für alkoholfreie Getränke ausgegeben. Der Pro-Kopf-Verbrauch von Mineral- und Heilwasser lag durchschnittlich bei 150,5 Litern. Bei fast 200 Mineralbrunnenbetrieben können deutsche Konsumenten gegenwärtig aus mehr als 500 Mineral- sowie 35 Heilwässern wählen.
Wissenswertes rund um den Getränkehandel
Die beliebtesten Mineralwässer sind mit einem Marktanteil von zusammen 79 Prozent nach wie vor der klassische Sprudel und das Mineralwasser mit geringem Kohlensäure-Gehalt. Mineralwässer ohne Kohlensäure werden immer beliebter und haben einen Anteil von 18,2 Prozent am Mineral- und Heilwasser-Markt erreicht. Mischgetränke auf Basis von Wasser, etwa Schorlen oder Aroma, legen zu.
Der Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels zeigt sich gelassen, ob des Flaschenpost-Erfolgs. Um den Wachstumskurs zu finanzieren, hat die Firma Millionen bei Investoren eingesammelt. Rechnen soll sich das Geschäftsmodell vor allem durch eine effiziente Logistik. Anders als ein Getränkefachmarkt muss Flaschenpost keine Verkaufsflächen samt Parkplätzen mieten.