Duisburg. Wie geht es mit dem skandalträchtigen Prestigeprojekt „The Curve“ an der Treppe im Innenhafen weiter? Montag entscheidet der Rat. Es wird teuer.
Seit elf Jahren steht die 11,8 Millionen Euro teure Eurogate-Treppe sinnlos im Innenhafen. Die Bebauung des Grundstücks hinter den Betonstufen gaben 2012 „Kölbl + Kruse“ auf. Seit „die Developer“ dort ihren 100-Millionen-Euro-Bau „The Curve“ vorantreiben, muss die Stadt immer wieder neue Probleme und Kostenerhöhungen eingestehen. Am Montag wird der Rat darüber abstimmen, ob die Stadt das Pleiten-, Pannen- und Prestigeprojekt mit dem Investor abbrechen oder weiterführen soll. Die Große Koalition wird in der nichtöffentlichen Sitzung trotz bitterer Millionenverluste für die Fortsetzung stimmen, aber wohl auch Forderungen formulieren.
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Das verlautete aus Parteikreisen während der Vorbereitung auf die Sitzung. Demnach wollen SPD und CDU Oberbürgermeister Sören Link (SPD) beauftragen, in den Verhandlungen mit den Developern über einen zweiten Nachtragsvertrag 500.000 Euro mehr für die Stadt herauszuholen als die Beschlussvorlage vorsieht. Für diese haben die Dezernate der Beigeordneten Martin Linne (Stadtentwicklung) und Andree Haack (Wirtschaft) zwei Alternativen ausgearbeitet: Fortführung des Projektes oder Abbruch. Die Verwaltung empfiehlt den Kommunalpolitikern die Fortsetzung.
Developer wollen Bohrpfähle setzen und Bomben suchen
Grundlage dafür ist dieses Developer-Angebot: Der Investor kauft das Areal für 4,5 Millionen Euro und zahlt der Stadt zwei Millionen Euro für die Planung. Die Düsseldorfer Entwickler wollen nur zwei statt 2,47 Millionen Euro zahlen, um die Kosten zur Umplanung erstattet zu bekommen. Denn ein neues Gutachten kommt zum Ergebnis, dass der nicht tragfähige Boden des Wassergrundstücks am besten und günstigsten mit Bohrpfählen stabilisiert werden solle.
Die Stadttochter Gebag hatte zuletzt errechnet, dass es etwa sieben Millionen Euro kosten würde, das Gelände mit „Rüttelstopfsäulen“ baureif zu machen. Die Gründung mit Bohrpfählen, so das neue Gutachten, sei technisch sinnvoller und zwei Millionen Euro günstiger.
Der Vorschlag sieht vor, dass die Düsseldorfer die Bohrpfähle errichten und die Verantwortung für die Suche und Beseitigung von Weltkriegsbomben übernehmen. Die Kampfmittelsondierung wird wie berichtet schwieriger und teurer als kalkuliert: Denn die städtische Duisburg Entwicklungsgesellschaft (IDE) hatte das Areal 2007/08 nicht mit dem vorgeschriebenen Kies-Sand-Gemisch verfüllt, sondern mit erzhaltigem Abfallmaterial aus der Steinkohlegewinnung.
Investor fordert 5,5 Millionen Euro
Wegen dieser Kosten und Risiken fordern die Developer einen Nachlass auf den Kaufpreis von fünf Millionen Euro und eine Sicherheitspauschale in Höhe von 500.000. Von den 6,5 Millionen Euro für die Stadt bliebe also ein Ertrag von lediglich einer Million Euro.
Zur Erinnerung: Bereits im Herbst 2018 hatte der Rat mit dem ersten Nachtragsvertrag Millionenverluste abgesegnet. Die Stadt hatte dem Unternehmen damals dem Vernehmen nach vier bis fünf Millionen Euro gezahlt, um von der (nicht erfüllten) Pflicht befreit zu werden, das Gelände baureif zu machen.
In der Vorlage für Montag erläutert die Verwaltung auch die Folgen eines Projektabbruchs: Zwar ergäben sich weder für die Stadt noch für den Investor weitere Forderungen. Die Stadt müsste einen neuen Investor suchen, was der Verwaltung wegen der Lage am Immobilienmarkt möglich scheint. Sie schätzt jedoch, es könnte weitere vier Jahre dauern, bis ein neuer Bauherr loslegen könnte. Zudem bekämen die Developer die im ersten Nachtrag vereinbarten 2,47 Millionen Euro für Planungskosten zurück. Um Blindgänger bereinigt und baureif wäre das Grundstück auch noch nicht.
Zusätzliche Kosten für Fachanwälte: 300.00 Euro
Schadensersatz von Ex-Dezernenten Tum und Lesmeiser?
Stadtentwicklungsdezernent Carsten Tum war im Juli 2018 beurlaubt worden. Ihm lasteten Verwaltungsspitze, SPD und CDU an, dass die Stadt nur unter Millionenzahlung aus dem Vertrag mit „Die Developer“ herauskam, nachdem es technische und finanzielle Probleme gab, das Grundstück für „The Curve“ baureif zu machen.
Der Rat hatte die Verwaltung im Juli 2018 beauftragt, Schadensersatzansprüche zu prüfen. Nun liegt die gutachterliche Stellungnahme einer Düsseldorfer Kanzlei vor. Demnach kämen Schadensersatzansprüche gegen Tum und die ehemalige Rechtsdezernentin Daniela Lesmeister in Betracht. Es gebe zwar Anhaltspunkte für Dienstpflichtverletzungen, eine Haftung setze jedoch die Kausalität zwischen diesen und dem Schaden sowie grobe Fahrlässigkeit voraus. Das sei im Falle der beiden eher unwahrscheinlich.
Zudem sei wegen beamtenrechtlichen Fürsorgegründen zu erwarten, dass nur ein Bruchteil des Schadens durchgesetzt werden könnte. Die Kanzlei empfiehlt entsprechend, auf Schadensersatzklagen zu verzichten. (pw)
Auch darum werden SPD und CDU die zeitlichen und finanziellen Risiken eines Abbruchs scheuen – trotz der Millionenverluste. Stadtspitze und Ratsmehrheit wollen mit „The Curve“ endlich die Kurve kriegen und weiteren Stillstand an der Eurogate-Treppe verhindern.
Nach all den Fehlern der Stadtverwaltung unter Linnes Vorgänger Carsten Tum (siehe Kasten) sollen OB Link bei den Verhandlungen mit den Profis der Developer zwei Fachkanzleien zur Seite stehen. Die Kosten für deren Expertise soll der Rat am Montag auch noch absegnen: 300.000 Euro.