Duisburg. Jugendforscher Klaus Hurrelmann stellte seine Thesen im Steinbart Gymnasium vor. Bei diesen Punkten stimmen Schüler und Experte überein.

Die Digitalisierung bringt viele Vorteile – aber auch Herausforderungen. Vor allem für junge Menschen, die „Digital Natives“, digitale Eingeborene also, die mit sozialen Netzwerken und Google groß werden. Und so stehen Schulen vor der Herausforderung, ihren gesellschaftlichen Auftrag neu zu bestimmen. Darüber sprach jetzt Klaus Hurrelmann, Sozial-, Bildungs- und Gesundheitswissenschaftler, am Steinbart-Gymnasium mit Schülern der Pädagogik-Leistungs- und Grundkurse.

„Die künftige Schule ist eine Bildungsstätte für das ganze Leben und hilft Kindern und Jugendlichen dabei, alle ihre Entwicklungsaufgaben zu bewältigen“, ist Hurrelmann überzeugt. „In der neuen Generation von Schulen verändert sich aber auch die Rolle der Schüler: Sie sind nicht mehr nur Empfänger pädagogischer Impulse, sondern beteiligen sich selbst immer stärker daran, ihren Lernprozess zu steuern.“ Ebenso verändere sich zwangsläufig die Rolle des Lehrers, da er nicht mehr als reiner Wissensvermittler auftreten könne. „In der heutigen Zeit hat jeder Schüler Zugriff auf alle möglichen Wissensquellen, kann also etwa über Google sämtliche Informationen beschaffen“, sagt Hurrelmann.

Hurrelmann: Schulen müssen sich fragen, ob sie inhaltlich auf der Höhe der Zeit sind

Ein Lehrer müsse daher Denkanstöße geben und bei der Recherche helfen und die Jugendlichen dabei unterstützen, Informationen richtig zu filtern. Die Schule könne nicht weiter bloße Bildungseinrichtung sein. „Die Schule sollte nicht nur intellektuell und kognitiv schulen und qualifizieren, sondern zugleich auch auf das soziale Leben, den Konsum- und Wirtschaftssektor, die Mediennutzung und die gesellschaftliche Partizipation vorbereiten“, sagt Hurrelmann. Gleichzeitig müsse man sich fragen, ob man Inhaltlich noch auf der Höhe ist. „Wirtschaft, Finanzen und Gesundheit sind kaum Thema im Unterricht. Vieles ist einfach auf dem Stand von 1950“, findet er.

Schüler wünschen sich individuelleren Unterricht und weniger Stress

Mit seinen Thesen traf er den Nerv der Schüler. Sie sprachen sich auch dafür aus, dass in der Schule einiges überdacht werden könnte. Frontal Unterricht beispielsweise sei keine Lösung, erklärten sie und fragten den Experten, wie seine Meinung zu mehr Individualität im Unterricht laute. Hurrelmann: „Ich bin sehr dafür. Nachhaltiges Lernen ist nur möglich, wenn in jeder einzelnen Phase maßgeschneiderte Lernangebote unterbreitet werden“, sagt er. Voraussetzung sei, dass der jeweils erreichte Entwicklungsstand eines Schülers durch ein genau passendes Angebot von Lernimpulsen aufgenommen wird.“

Die Schüler befürchten allerdings mehr Stress. „Gerade dadurch, dass es Möglichkeiten und Einflüsse gibt, aber auch immer mehr Druck durch hohe Erwartungen, entsteht Stress“, sagt ein Schüler. Hurrelmann weist darauf hin, dass es umso wichtiger sei, dass Schüler angemessen unterstützt werden. „Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass der Stress mehr wird und die Auswirkungen gesundheitliche Folgen haben. Nicht nur bei Jugendlichen, sondern besonders auch später im Job. Psychische Krankheiten wie das Burnout nehmen zu“, erklärt er.