Duisburg. Hermann-Josef Hassel beschäftigt sich schon lange mit dem ÖPNV. Diese Kuriositäten und Fehler hat der Duisburger beim Nahverkehrsplan entdeckt.

Es gibt einige Duisburger, die sich seit vielen Monaten intensiv mit dem neuen Nahverkehrsplan beschäftigen, um Schwachstellen dezidiert aufzudecken. Hermann-Josef Hassel aus Wanheim-Angerhausen gehört dazu. Der 63-Jährige ist früher jeden Tag mit der Straßenbahn zur Arbeit gefahren und auch jetzt als Rentner viel mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. „Ich hab mich immer schon mit dem ÖPNV beschäftigt und auseinandergesetzt“, so Hassel.

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Er ist überzeugt, dass der neue Fahrplan nicht nur zu unpraktischen Anschlüssen und Taktungen, überfüllten Bussen oder fehlenden Verbindungen führt, sondern auch zahlreiche strukturelle Fehler und Unsinnigkeiten beinhaltet. So werde der Plan von der DVG aktuell nicht immer so umgesetzt, wie es der Rat der Stadt beschlossen hat.

„Die Gelenkbusse auf der Linie 941 im Duisburger Süden sind völlig übertrieben“

So sei zum Beispiel klar geregelt, dass auf der Linie 941 im Duisburger Süden Standardniederflurbusse (100 Plätze zulässige Gesamtkapazität, davon 31 Sitzplätze) eingesetzt werden müssen. „Tatsächlich wird dort tagsüber aber mit Gelenkniederflurbussen mit 144 Plätzen gefahren“, so Hassel. „Womöglich fehlen diese großen Busse jetzt auf anderen Linien mit höherem Fahrgastaufkommen. Mit Ausnahme der Schülerfahrzeiten halte ich dies für völlig übertrieben.“

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Darüber hinaus führe der Einsatz von Gelenkbussen in der Buchholzer Afrikasiedlung und in Ehingen aufgrund der sehr schmalen Straßen zu Problemen. Bereits mehrfach hätten sich Busse festgefahren und mussten mühsam „befreit“ werden.

Direktverbindung nach Hüttenheim gestrichen

Auch der 15-Minuten-Takt auf der Linie 941 in Ehingen sei unnötig. „Das sind Tag für Tag rund 75 Kilometer, die anderswo besser eingesetzt werden könnten“, so Hassel. „Ein 60-Minuten-Takt war und ist hier sicherlich ausreichend. Ich frage mich, wie dies den Ungelsheimern, denen wegen der geringen Fahrgastzahl von täglich 28 Personen die Direktverbindung nach Hüttenheim gestrichen wurde, erklärt werden soll.“

Hermann-Josef Hassel aus Duisburg hat sich intensiv mit dem neuen Nahverkehrsplan auseinandergesetzt.
Hermann-Josef Hassel aus Duisburg hat sich intensiv mit dem neuen Nahverkehrsplan auseinandergesetzt. © Hassel

Was ihn außerdem ärgert: „Fahrten mit der Linie 942 aus Richtung Mündelheim, Serm, Ungelsheim Richtung Stadtmitte beinhalten abends und am Wochenende eine Umsteige- beziehungsweise Wartezeit zur U79 am einsamen Kesselsberg von 20 Minuten, Richtung Düsseldorf sogar von 22 Minuten.“

Ihm sei noch ein weiterer Fehler mit Blick auf den Nachtexpress 4 vom Duisburger Hauptbahnhof über Wedau, Buchholz bis Huckingen aufgefallen. Im Nahverkehrsplan sei eine Haltestelle Peschenstraße in Huckingen festgeschrieben. „Bis heute wurde diese nicht eingerichtet“, so Hassel.

Wenn der Bus fast zeitgleich hinter der Straßenbahn herfährt

Was er hinsichtlich der neuen Nachtexpresse zudem nicht versteht: „Der täglich erste NE 6 fährt um 23.30 Uhr ab Hauptbahnhof Osteingang als Ersatz für die Straßenbahn 903“, sagt Hassel. „Die letzte 903 fährt um 23.31 Uhr ab Hauptbahnhof nach Hüttenheim. Der Bus fährt ab Platanenhof auf exakt dem selben Linienweg im Abstand von fünf Minuten hinter der Straßenbahn her.“

Noch kurioser sei es am Samstagmorgen. Da fahre der letzte NE 6 um 6.52 Uhr ab Hüttenheim Richtung Hauptbahnhof und die erste Straßenbahn der Linie 903 um 6.57 Uhr auf dem exakt gleichen Linienweg. „Und das Beste: Bus und Bahn erreichen beide gleichzeitig und zwar fahrplanmäßig um 7.16 Uhr die Haltestelle Platanenhof, fahren also quasi nebeneinander her“, so Hassel.

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Auch auf der NE 4 gebe es Sonntagfrüh einen Parallelverkehr zu den Linien U79 und 942 zwischen Huckingen und Hauptbahnhof, ebenso zu den Linien NE 3 und der 903 zwischen Dinslaken und Meiderich. Nur fahre hier die Straßenbahn zur Abwechslung wenige Minuten hinter dem Bus her.

Fahrgäste sollen zuverlässig, pünktlich und sinnvoll an ihr Ziel kommen

Die Liste seiner Kritikpunkte ist lang. Hassel: „Es bleibt zu hoffen, dass die Politik und die DVG diese vielen Ungereimtheiten möglichst schnell aus der Welt schaffen und den Netz- und Fahrplan so anpassen, dass Fahrgäste zuverlässig, pünktlich und vor allem sinnvoll ihre Ziele erreichen.“

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Die DVG betont auf Anfrage der Redaktion, dass für den neuen Nahverkehrsplan zahlreiche Linienführungen angepasst und vereinfacht, Anschlüsse zwischen den Linien verbessert und das Fahrplanangebot insgesamt ausgebaut worden sei. „Ein neuer Fahrplan bedeutet auch, dass sich bislang gewohnte Fahrtwege verändern“, so DVG-Sprecher Thomas Kehler. „Dass es dabei in Einzelfällen zu Zeit- oder Streckenverlängerungen kommen kann, lässt sich bei mehr als 60 Millionen Fahrgästen im Jahr nicht ausschließen.“

DVG: Busnetz wurde am Bedarf und an der Nachfrage der Fahrgäste ausgerichtet

Das Busnetz sei nach vielen Jahren komplett neu am Bedarf und an der Nachfrage der Fahrgäste ausgerichtet worden. „Dafür haben Stadt Duisburg und DVG sich an aktuellen Fahrgastzahlen, die über Jahre erfasst wurden, orientiert. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass es sich bei den im Nahverkehrsplan beschriebenen Anforderungen um Mindestanforderungen handelt“, so Kehler, der dann zumindest zu einigen Kritikpunkten Hassels konkret Stellung bezieht.

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So erfolge beispielsweise der Einsatz von Gelenkbussen auf der Linie 941 nur an Schultagen. „Diese werden in den Schülerspitzen auch benötigt“, sagt der DVG-Sprecher. Ein Austausch der Fahrzeuge zwei bis drei Mal täglich sei betrieblich und wirtschaftlich nicht sinnvoll.

Anregungen werden aufgenommen und bewertet

Dennoch werden laut Kehler alle Anregungen zum Nahverkehrsplan sowie zum neuen Fahrplan aufgenommen und bewertet. Mögliche Veränderungen müssen demnach im politischen Entscheidungsprozess diskutiert und beschlossen werden. Klar ist: SPD und CDU drängen nach den vielfachen Protesten der Duisburger bereits auf Verbesserungen.