Duisburg. Mittagessen auf zwei Platten? Kein Problem. Der Duisburger Spitzenkoch Tom Waschat zeigt in der Büroküche, wie man etwas leckeres kocht.

Tom Waschat hat schon in vielen Küchen gekocht: er zauberte Speisen für den europäischen Adel oder wurde von Bands und Promis gebucht, um für sie Exquisites aufzutischen. Bevor seine Kochkarriere begann, spielte er in einer Band, arbeitete als Gläsersammler im „Daddy“, putzte Fenster und wusch Salat im „Don Camillo.“ Sein professionelles Handwerk lernte er bei Mölleckens in Mülheim. Zuletzt betrieb er eine Suppenküche. Wie flexibel Waschat ist, zeigt sich auch bei unserem kleinen Mittagspausen-Versuch in der Redaktionsküche. Laut Arbeitsstättenverordnung sind Betriebe mit mehr als zehn Mitarbeitern nur verpflichtet, einen Pausenraum einzurichten und nicht etwa, eine Kantine für die Verpflegung bereit zu stellen. Die Redaktionsküche ist mit einem kleinen Herd ausgestattet. Wir wollten wissen: Was kann man in kurzer Zeit auf zwei Platten zubereiten? Tom Waschat zeigt uns, wie er aus Pasta, Rucola, Sahne und Räuchertofu etwas Gesundes und Schmackhaftes zubereitet. Dabei wird natürlich übers Essen geplaudert – und ein Schuss Jägermeister spielt auch eine Rolle...

Was machen wir mit dem Tofu?

Wir haben da mal was vorbereitet: Versuchsanordnung im Konferenzraum. Man nehme: Nudeln, Rucola, Räuchertofu, Jägermeister, Sahne sowie Pfeffer und Salz.
Wir haben da mal was vorbereitet: Versuchsanordnung im Konferenzraum. Man nehme: Nudeln, Rucola, Räuchertofu, Jägermeister, Sahne sowie Pfeffer und Salz. © FFS | Foto: Alexandra Roth

Erst in Streifen schneiden und hart anbraten, damit die Flüssigkeit rausgeht. Das wird unser Speckaroma.

Sind Sie Veganer oder Vegetarier?

Nein, ich essen schon Carpaccio oder auch mal ein Steak, aber ich versuche weniger und gutes Fleisch zu essen. Das schöne an dem Gericht ist, dass es schnell geht und man die Zutaten immer im Haus hat.

Auch den Jägermeister?

Klar.

Warum musst der in die Soße?

Der Jägermeister gibt dem Rucola den Arschtritt. Der kitzelt die nussigen Aromen heraus. In der Spitzenküche geht es immer um den pointierten Aromen.

Kommt kein Zwiebelchen rein?

Nein, der Rucola reicht.

Sind Sie eigentlich ein Mittagspausen-Mensch?

Mittags leiste ich mir heimliche Sünden. Die Ernährungsregeln von früher werden ja heute gar nicht mehr eingehalten. Morgens wie ein Kaiser, mittags wie ein König und abends wie ein Bettler praktizieren die wenigsten. Sie essen abends und legen sich dann schnell schlafen. Das kann für den Körper auf Dauer nicht gut sein.

Spitzenkoch Tom Waschat zaubert Mittagessen in der Büroküche.

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    In der Pfanne brutzelt der Speckersatz-Tofu. Derweil stopft Waschat den Rucola in ein Gefäß und püriert den Salat leicht an. So entweicht das Öl der Pflanze, das der Soße den entsprechenden Pfiff gibt. Parallel erhitzt er im Wasserkocher einige Liter Wasser, damit die Nudeln – die Empfehlung lautet kurze Röhren-Variante – schneller gar werden und nicht so viel Zeit verloren geht. Zum Rucola wird die Sahne gegossen. Praxis-Tipp vom ehemaligen Sternekoch: „Der Rucola darf nicht wärmer als 75 Grad werden. Sonst wird er grau.“

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    Tom Waschat kocht gerne vegetarisch. Fleisch gibt’s nur, wenn er weiß, dass kein Tier dafür gelitten hat.
    Tom Waschat kocht gerne vegetarisch. Fleisch gibt’s nur, wenn er weiß, dass kein Tier dafür gelitten hat. © FUNKE Foto Services | Foto: Alexandra Roth

    Wieso sind Sie eigentlich Koch geworden?

    Meine Mutter war alleinerziehend und ich habe mir schon früh selbst etwas gekocht. Als ich dann ziemlich früh von zu Hause ausgezogen bin, war ich beim Arbeitsamt und die haben mir eine Lehre zum Fenster- und Gebäudereiniger vermittelt. Um mir etwas hinzu zu verdienen, habe ich hinter dem Theater im Don Camillo als Spülhilfe gejobbt. Allerdings war der Koch ständig bekifft und kam zu spät, da musste ich dann einspringen. Irgendwann hat der Chef das mitbekommen und mich gefragt, ob ich dort meine Ausbildung zum Koch machen möchte. Später im Zollhaus in Mülheim hat mir Thomas Möllecken beigebracht, wie man akribisch in der Küche arbeitet. Ich war in der Patisserie. Das wollte keiner machen. Da muss man sehr akkurat sein. Das hat mir später in der Molekularküche geholfen. Beim Kochen kann man die Zutaten hingegen miteinander wirken lassen und improvisieren.

    Das Dessert bleibt den Gästen meist am besten in Erinnerung.

    Das stimmt. Wenn sie mit dem Hauptgang nicht zufrieden waren, kann man es mit dem Dessert meistens nochmal rausreißen.

    Gibt’s Sachen, die Sie nicht mögen?

    Fisch in Kombination mit süß. Außerdem schmeckt mir kein Fleisch, für das Tiere leiden mussten, Stopfleber zum Beispiel.

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    Momentan haben Sie kein eigenes Restaurant und kochen eher sporadisch. Woran liegt’s?

    Als Koch habe ich alles erreicht, was ich wollte. Ich habe viel erlebt und das war eine schöne Zeit. Aber einmal war ich in Australien und hatte einen Unfall. Am nächsten Tag hatte ich einen Job. Noch an der Unfallstelle habe ich den Auftraggeber angerufen und ihm Bescheid gegeben. Doch statt zu fragen, wie es mir geht, wollte er nur wissen: ,Und was mache ich jetzt?’ Meine Antwort war: Nudeln. Da hat’s mir gereicht.

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    Tom Waschat engagiert sich immer wieder für Personen, die nicht so viel Glück im Leben hatten. „Ich habe meine Wurzeln nicht vergessen.“ Er initiierte eine Kochschule in Bruckhausen, um Kindern und deren Eltern zu zeigen, wie man qualitatives Essen zubereitet. Als er am Sonnenwall sein Lokal „Supper“ betrieb, verteilte er übrig gebliebene Portionen auch an Obdachlose.

    Neulich haben Sie wieder für einen guten Zweck am Herd gestanden.

    Ja, da habe ich mit einem anderen Koch gemeinsam gearbeitet. Der hatte eine Soße vorbereitet, aber das war die reinste Plörre. Dünn, nicht aromatisch. Ich habe dann mit Gänseschmalz, Schokolade und Gewürzen etwas aufmontiert. Ich hasse es, wenn Leute so gleichgültig durchs Leben gehen. Andererseits: Denen geht es immer mittelgut oder mittelschlecht. Ich könnte das nicht.

    Sie haben sich entschieden, noch einmal etwas ganz anderes zu machen und Psychologie zu studieren.

    Ich habe im letzten Jahr ein Buch geschrieben, das Stotterern helfen soll, das Stottern in den Griff zu bekommen. Das Buch ist in Irland hoch anerkannt. Seitdem coache ich regelmäßig Personen. Um die Grundlagen und Zusammenhänge zu verstehen, habe ich mich entschlossen, noch einmal zu studieren. Ich finde es schön, dass man sich mit Anfang 50 noch neu orientieren kann.

    Werden Sie manchmal von Freunden bekocht oder ist das zu viel Stress, Sie zum Essen einzuladen?

    Überhaupt nicht. Ich bin mit einfachen Speisen zufrieden, aber die meisten meinen, sie müssten unbedingt etwas wie geflemmten Lachs und Safransößchen kredenzen.

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    Mittlerweile sind die Nudeln al dente, der Tofu kross. Tom Waschat nimmt die Tofu-Streifen aus der Pfanne, füllt sie mit der Rucola-Sahne und gibt ordentlich Salz dazu. Anschließend kommt ein Schuss Jägermeister herein. Um die Nudeln abtropfen zu lassen findet sich noch ein altes Sieb, das irgendjemand aus dem Büro mal in einem der Küchenschränke vergessen hat. Zu Hause würde man vielleicht die Nudeln mit der Soße mischen. Doch Waschat richtet es lieber akkurat im Teller an. Das Auge isst eben mit. „Riecht gut“, bestätigen die Kollegen, die neugierig ihren Kopf durch die Küchentür stecken und vorgeben, unbedingt an den Kopierer zu müssen. Der steht nämlich ebenfalls in der Küche. Riecht nicht nur gut, sondern schmeckt auch so.