Duisburg-Duissern. Mit 16 Jahren bekam Robin Schicha die Diagnose „Asperger“. Inzwischen weiß er, wie er das Leben meistert. Zum Glück fehlt ihm noch die Liebe.

Robin Schicha hat sich schon als Kind immer ein bisschen wie ein „Außerirdischer“ gefühlt. Er hatte keine Freunde, in der Schule wurde er gehänselt und auch die Lehrer machten es ihm nicht unbedingt leicht. Er stellte viele Fragen, wollte Dinge gerne erforschen, brauchte gleichzeitig Ordnung und Struktur. Als er beispielsweise bei einem Multiple-Choice-Test sich nicht nur mit Ankreuzen zufrieden gab, sondern seine Antworten erläuterte, hatte er zwar vieles richtig, kam aber mit der Zeit nicht mehr hin. Der Pauker zählte die Kreuzchen und gab ihm ein „Mangelhaft“.

Der Duisburger möchte nicht in eine Schublade gepresst werden

Mit 16, mitten in der Pubertät, fand ein Arzt schließlich die Ursache dafür, warum sich der Duisburger so anders fühlte: Robin Schicha ist Autist, hat das Asperger-Syndrom. Als Teenager war er trotzig und erleichtert zugleich, als der Doktor ihm das Test-Ergebnis mitteilte. Dennoch wollte er „nicht in eine Schublade gepresst werden.“ Inzwischen hat der Student, der aktuell Kunst auf Lehramt studiert, gelernt, wie er sein Leben meistern kann. Er will selbstständig sein, hat einen Führerschein. Nun wagt er sich an die nächste Herausforderung: Er möchte endlich eine nette Frau finden. Gar nicht so leicht ihn. Für die WDR-Serie „Liebe inklusive“ hat er sich bei diesem Abenteuer begleiten lassen. Er war beim Speeddating und hat sich beim Online-Dating angemeldet.

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Vor Robin Schicha liegen zahlreiche selbstgezeichnete Bilder. Sie zeigen etwa Janosch, Andy Warhol oder Greta Thunberg, die wie Robin als Autisten gelten. „Im Laufe der Geschichte ist ziemlich in Vergessenheit geraten, wie viele Menschen Autisten waren.“ Autismus, der als Behinderung gilt, hat viele verschiedene Ausprägungen. Einige können Menschen nicht in die Augen schauen, haben sogar latent depressive Züge. Vielen fällt es schwer, Reize wie die Lautstärke zu filtern – sie nehmen alles gleichzeitig wahr. Das führt zu Stress. Im Englischen gibt es auch die Bezeichnung „Wrong-Planet-Syndrom“, übersetzt „falscher Planet“-Syndrom.

Sein Spezialgebiet ist die Kunst

Die Bilder von  Robin Schicha zeigen zahlreiche Prominente, darunter Janosch, Andy Warhol oder Greta, die wie Robin als Autisten gelten.
Die Bilder von Robin Schicha zeigen zahlreiche Prominente, darunter Janosch, Andy Warhol oder Greta, die wie Robin als Autisten gelten. © FES | Foto: Alexandra Roth

Von Greta Thunberg und ihrem Einsatz für das Klima ist Robin Schicha begeistert. „Ohne Asperger hätte sie wahrscheinlich gar nicht alleine angefangen, freitags die Schule zu schwänzen und zu demonstrieren.“ Das Spezialgebiet des 29-Jährigen ist die Kunst. Er malt nicht nur selbst und hatte schon zahlreiche Ausstellungen, sondern gibt in seinem Atelier Kurse für Kinder und Jugendliche, die lernen möchten, Comics zu zeichnen. Später will er einmal Lehrer werden. „Ich habe auch schon im Rahmen meines Studiums ein Praktikum in der Schule gemacht. Das geht gut, wenn ich vorne stehe und die Stunde selbst planen kann.“ Auch die Fragen haben ihn nicht aus der Ruhe gebracht. Die Resonanz der Lehrer und Schüler auf den Unterricht war, in der Schule und im Atelier, immer positiv.

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Früher hat es hingegen gelegentlich Schwierigkeiten gegeben, wenn er andere Leute traf, die er zuvor nur einmal kurz gesehen hatte. Emotionen und Mimik konnte er nicht immer richtig interpretieren. Als er einen ungehobelten Typen in der U-Bahn einmal darauf hinwies, dass das Rauchen dort verboten sei, kassierte er sogar Schläge. Das gab blaue Flecken und die Brille war hin. „Andere hätten vielleicht gedacht, dass man den Raucher besser nicht anspricht“, sagt seine Mutter Lisa Glagow-Schicha. Ihr Sohn legt Wert darauf, dass er sein eigenes Leben führt, „aber manchmal ist sie meine Vermittlerin.“

So zum Beispiel, als er sich vor ein paar Monaten bei der Internet-Plattform „Gleichklang“ durch zahlreiche Fragen arbeitete. Bevor man online ein „Match“ vermittelt bekommt, wurde nach dem Sternzeichen gefragt, wie groß die künftige Partnerin sein soll und wofür man sich interessiert. Mutter und Sohn gingen die Liste durch. „Ich habe vielleicht eine Vorstellung wie sie sein sollte, aber da möchte ich mich nicht genau festlegen“, erklärt er.

Von Onlineplattformen ist der Duisburger enttäuscht

Seine bisherigen Erfahrungen mit der virtuellen Liebe sind denn auch eher enttäuschend. Die meisten haben nach ein paar Nachrichten von ihm nicht mehr geantwortet. Mit einer Frau ist er mal ins Kino gegangen, aber auch daraus wurde nichts.

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Zwei weibliche Bekanntschaften hatte er bisher. Die eine hat er über eine Autismus-Selbsthilfe-Gruppe kennen gelernt. „Die war aber ziemlich emotionslos und wusste nicht genau, was sie wollte“, erinnert er sich. Die andere, die er in einem Seminar kennenlernte, war sehr dominant. Das Thema Partnersuche möchte der sympathisch-schlaksige Künstler unbedingt angehen. In dem Film ist er auch beim Speeddating zu sehen. „Das war ziemlich stressig“, beschreibt er. Dreimal wechselte er den Platz, musste sich auf neue Leute einstellen und hatte gleichzeitig immer im Hinterkopf, dass er auf seine Tasche aufpassen musste. So konnte sich kein entspanntes Kennenlernen entwickeln.

Robin Schicha hat die Hoffnung noch lange nicht aufgegeben. Vielleicht findet er seine Herzdame ja auch zufällig. Ein künftige Partnerin sollte weltoffen sein, sich für Kultur, Kunst und Natur interessieren.