Duisburg. Die A59 wird zwischen Kreuz Duisburg und Marxloh sechsspurig ausgebaut – ohne Tunnel. Der Ausbau wird deutlich teurer und beginnt später.

Der Bund will die A59 zwischen dem Autobahnkreuz Duisburg (A40/59) und der Anschlussstelle Marxloh ab 2026 sechsspurig ausbauen – allerdings ohne Tunnel nördlich der Berliner Brücke. Das hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) „nach intensiven Untersuchungen und einem aufwendigen Entscheidungsprozess entschieden“. Das hat der Landesbetrieb Straßen NRW am Mittwoch mitgeteilt. Der Ausbau beginnt später als bislang erhofft – und wird auch deutlich teurer als erwartet.

Sechsspurige A59 in Duisburg: Tunnel-Variante vom Tisch

tunnel für a59- duisburger machen druck auf minister scheuer

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Damit ist die von Anwohnern und der Stadt Duisburg favorisierte Tunnel-Variante für den Ausbau der staubelasteten A59 in Meiderich und Hamborn sehr wahrscheinlich vom Tisch. Stattdessen wird der insgesamt 6,2 Kilometer lange Abschnitt im Norden „in Hochlage“ verbreitert. Gemeint ist damit, dass die drei heute bereits vorhandenen Brücken beziehungsweise Hochstraßen neu gebaut werden – allen voran der 1,8 Kilometer lange Brückenzug über Ruhr und Hafenbecken.

Der ursprünglich für 2023 geplante Baubeginn müsse spätestens 2026 unbedingt erfolgen, erklärt Anne Höckber, Projektleiterin bei Straßen NRW: „Das ergibt sich aus dem maroden Zustand der Berliner Brücke.“ Die Stahlbrücke müsse wegen der vielen Risse spätestens 2029 aus Sicherheitsgründen aus dem Verkehr genommen werden – „man kann nur hoffen“, so Höckber, „dass sie bis 2029 hält“. Ab dann müsse der Verkehr zwingend bereits über eine Hälfte eines neu gebauten Brückenzuges rollen.

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Das Mammutprojekt wird dennoch nicht nur später als geplant beginnen, sondern auch deutlich teurer werden: Noch 2016 hatte der Bund als Bauherr mit Gesamtkosten in Höhe von 333 Millionen Euro gerechnet – nun kalkuliert er mit 1,1 Milliarden Euro. Das habe die genaue Nachbewertung der Straßen-NRW-Regionalniederlassung Ruhr seit 2016 ergeben, erläutert Höckber: „Der Umbau ist wegen der Brücken und Autobahnkreuze extrem aufwendig.“

Das sind die Argumente gegen den Tunnel

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Straßen NRW habe nahezu alle Ausbauvarianten analysiert, sogar eine kilometerlange Untertunnelung der Ruhr. Eine solche Röhre sei ebenso wie ein 1,5 Kilometer langer Tunnel zwischen Ruhrort und Kreuz Nord in bergmännischer Bauart nicht machbar: „Er müsste so tief gebaut werden, dass man die Autobahnkreuze und Anschlussstellen nicht mehr anbinden könnte.“

Die offene Bauweise sei wegen der Breite der Autobahn problematisch: Die A59 wird etwa zehn Meter breiter, da zusätzlich zur jeweils dritten Fahrspur in beide Richtungen auch noch eine „Manövrierspur“ gebaut werden soll. Diese Spuren – gewissermaßen sieben und acht – seien „wegen des großen Aufkommens an innerstädtischem Verkehr auf der A59 notwendig“, erklärt Anne Höckber. „Entsprechend wäre die Baugrube noch breiter, und noch mehr Gebäude müssten für den Ausbau abgerissen werden.“

Weitere Argumente des Bundes gegen eine Tunnel-Lösung:

• Für den Bau der Hochstraße müssten so oder so weniger Gebäude abgerissen werden als für den Tunnel – elf statt 20.

• Die Bauzeit für eine Hochstraße sei mit sechseinhalb Jahren deutlich kürzer als die für den Tunnel. Das hätte nach Angaben des Landesbetriebs zwölf Jahre gedauert.

• Der Ausbau in Hochlage sei ohne dauerhafte Sperrungen zu realisieren – anders als der Tunnelbau: Während der zwölfjährigen Ausbauzeit, so Straßen NRW, „müssten die Anschlussstellen Ruhrort und Meiderich für sechs Jahre gesperrt und der Verkehr innerstädtisch geführt werden“.

• Auch die unterschiedlichen Baukosten sind für Straßen NRW ein wichtiges Argument: Die Hochstraße koste 500 Millionen Euro weniger als die Tunnelvariante. Diese hätte demnach 1,6 Milliarden Euro gekostet.

Bürger aus städtebaulicher Sicht gegen „hässliche Trasse“

Die unterirdische Verkehrsführung hatten Bürger zuletzt noch mit 5000 Unterschriften und einem Offenen Brief an das Bundesministerium von Andreas Scheuer (CSU) gefordert. Zuvor waren mehrere Schreiben von Verbänden, Duisburger Politikern und Anwohnern an das Ministerium unbeantwortet geblieben. Die Unterzeichner hatten gefordert, die Möglichkeit einer Untertunnelung gleichberechtigt zu einer Trassenlösung zu prüfen.

In neun Punkten fasste der Brief nochmals die wichtigsten Argumente zusammen, die für viele Menschen im Duisburger Norden für eine Untertunnelung sprechen. Die „hässliche Trasse“ dürfe demnach schon aus städtebaulicher Sicht nicht zu einer noch größeren Konstruktion ausgebaut werden.

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Auch die Stadt Duisburg hatte die Tunnel-Lösung hinter dem Berliner Brückenzug favorisiert. Zu den Gegnern gehört NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU), der diese Variante aus Kostengründen abgelehnt hatte. Wüst hatte darüber hinaus moniert, dass die Stadt ihren Tunnelwunsch zu spät vorgebracht habe.

Meidericher Bürgerverein will nicht aufgeben

Nicht aufgeben will Peter Dahmen vom Meidericher Bürgerverein. Er sagte am Mittwoch nach der Bekanntgabe der Entscheidung: „Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens besteht immer noch die Möglichkeit, Einsprüche vorzubringen.“ In jedem Fall werde man bei der Informationsveranstaltung am 22. Januar im Landschaftspark (siehe unten) gemeinsam mit anderen Duisburger Initiativen lautstark auf sich aufmerksam machen.

Der Landtagsabgeordnete Frank Börner (SPD) zeigt sich enttäuscht über die Entscheidung: „Wenn die A59 auf einer Hochstraße ausgebaut wird, verpasst Duisburg eine historische Chance.“ Es sei ein Fehler, in dieser Angelegenheit Verkehr und städtebauliche Aspekte getrennt zu betrachten.

„K.-o.-Kr­ite­ri­en: Eingriff in Bebauung“

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Die Entscheidung des Bundesministeriums von Andreas Scheuer (CSU) basiere „auf detaillierten Untersuchungen“, so der Landesbetrieb: „Auf Basis der vom BMVI vorgegebenen Kriterien hat Straßen.NRW in einem umfassenden Abwägungsprozess zunächst 16 Streckenvarianten und 20 Ausbauvarianten der Knotenpunkte untersucht. Anschließend wurden die Voraussetzungen für eine Tunnelvariante und eine Hochstraßenvariante geprüft.“

Weiter teilt Straßen NRW mit: „In diesen Prozess wurden unter anderem KO-Kriterien einbezogen. Dazu gehören zum Beispiel erhebliche Eingriffe in die Bebauung und besondere Randbedingungen wie die Führung der U-Bahn. Untersuchungen zu Machbarkeit und Umweltverträglichkeit führten schließlich zu zwei möglichen Varianten Tunnel (C1T) und Hochstraße (C1H).“

Straßen NRW: Deutliche Lärmminderung auch ohne Tunnel

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Ein Tunnel und eine Hochstraße beschere einem „überwiegenden Teil der Anlieger“ – laut Straßen NRW „99 Prozent der Anlieger“ – eine Entlastung vom Verkehrslärm. Die Belastung sinke um drei Dezibel.

Die Gesamtlänge dieses Ausbauabschnitts beträgt etwa 6,5 Kilometer, davon ungefähr 2,6 Kilometer auf innerstädtischen Brücken wie der „Berliner Brücke“ über die Ruhr und den Duisburger Hafen.

Täglich rollen etwa 104.000 Fahrzeuge zwischen dem Autobahnkreuz Duisburg (A40/59) und dem Duisburger Norden über den Berliner Brückenzug.

Obendrein sind auch die querenden Autobahnen A40 und A42 mit täglich bis zu 114.800 Kraftfahrzeugen (A40) beziehungsweise 105.700 Kraftfahrzeugen (A42) sehr hoch belastet. Entsprechend steht der Verkehr nicht nur auf der „Stadtautobahn“ A59 häufig still, sondern auch an den Kreuzen Duisburg und Duisburg-Nord.

Der sechsstreifige Ausbau der A59 ist im aktuellen Bedarfsplan für Bundesfernstraßen in die höchste Kategorie als „Vordringlicher Bedarf – Engpassbeseitigung“ eingestuft.

Zwischen dem Kreuz Duisburg, das A40 und A59 westlich des Kreuzes Kaiserberg verbindet, und der Anschlussstelle Duisburg-Marxloh liegen (von Süden nach Norden) die Berliner Brücke (1824 Meter lang) und die Anschlussstellen Duisburg-Ruhrort, Duisburg-Meiderich, das Kreuz Duisburg Nord (A42/A59) sowie die Anschlussstelle Alt-Hamborn.

Straßen NRW informiert Bürger am 22. Januar

Straßen NRW lädt Bürgerinnen und Bürger zu einer Info-Veranstaltung rund um das Ausbauprojekt ein: am Mittwoch, 22. Januar, von 16 bis 19 Uhr in der Gebläsehalle im Landschaftspark Duisburg-Nord, Emscherstraße 71.