Duisburg. Heiligabend wird es in Duisburgs Kirchen voll – aber auch nur dann. Kirchen sehen die vielen Besucher als Chance. Aber es gibt auch Misstöne.

Noch ein Tag bis Heiligabend – so sicher wie das Amen in der Kirche, sind an diesem Festtag volle Gotteshäuser in Duisburg. Alleine in den 38 Kirchen und Kapellen, die zum Bistum Essen zählen, finden 152 katholische Weihnachts-Gottesdienste statt. Protestanten haben ebenso die Wahl: In den 15 Gemeinden des Evangelischen Kirchenkreises Duisburg werden von Weihnachten bis zum Neujahrstag 105 Gottesdienste gefeiert, davon 56 am Heiligen Abend. Hinzu kommen weitere im Duisburger Westen, dessen evangelische Gemeinden traditionell zum Kirchenkreis Moers zählen sowie solche in Walsum. Der nördliche Stadtteil gehört zu Dinslaken. Für so manchen treuen Kirchengänger erzeugt der Andrang in den Messen und Gottesdiensten Misstöne – für die Kirchen ist es eine Chance.

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Zur Geburt Christi und die Feierlichkeiten rund um Weihnachten besinnen sich Menschen auf ihren Glauben. „Ich freue mich, dass für viele Heiligabend ein Anlass ist, das Fest nicht als Hülle zu sehen“, sagt Rainer Kaspers, Pfarrer der evangelischen Auferstehungsgemeinde. 200 Personen finden in der Auferstehungskirche Ungelsheim einen Platz – für Heiligabend erwartet der Pfarrer mehr als 400 Besucher, für viele bleibt nur ein Stehplatz. Bisher musste aber niemand vor der Türe stehen. Tickets auszugeben, wie es im vergangenen Jahr eine Gemeinde in Essen praktizierte, komme nicht in Frage.

Heiligabend in Duisburg: Anspannung für Pfarrer Winkelmann groß

Blick in die Salvatorkirche an Heiligabend im Jahr 2018.
Blick in die Salvatorkirche an Heiligabend im Jahr 2018. © Evangelischer Kirchenkreis Duisburg | Andreas Reinsch

Einen besonderen „Druck“ an Heiligabend verspürt Roland Winkelmann, Pfarrer und Stadtdechant: „Die Anspannung ist groß. Es kommen viele, die sonst nicht kommen“, sagt der Pfarrer der Gemeinde St. Judas Thaddäus. 600 Plätze zählt das katholische Gotteshaus in Buchholz. An Heiligabend wird es voll: „Etliche Menschen stehen.“ 1000 Personen, so schätzt der Pfarrer, werden ihren Platz finden. „Es ist eine Chance, die christliche Botschaft und die Freude des Weihnachtsfestes den Menschen nahezubringen“, sagt Winkelmann.

Misstöne treuer Kirchengänger, Spickzettel für U-Boot-Christen

Misstöne treuer Kirchengänger, die eine besinnliche Stille an Heiligabend in der Kirche vermissen, soll es vereinzelt geben, bestätigen beide Pfarrer. Deren Botschaft ist aber klar: „Freuen wir uns doch einfach gemeinsam, dass so viele kommen“, sagt Winkelmann.

Für die nicht ganz so treuen Kirchengänger an Heiligabend, die auch als U-Boot-Christen bezeichnet werden und nur an Heiligabend auftauchen, gibt es im Internet einen Spickzettel für die Christmette, der erklärt, wann Besucher sitzen, knien, stehen und wann das Halleluja gesungen wird. Eine ähnliche Funktion hat das Programmheft, erklärt Pfarrer Kaspers. „Es soll die Unsicherheit nehmen.“ Das Glaubensbekenntnis und das Vaterunser sind für textunsichere Besucher mit abgedruckt.

Heiligabend: Familienmessen sind besonders voll

In der Auferstehungskirche, so wie in vielen anderen Gemeinden, wird es vor allem zum Familiengottesdienst am Nachmittag voll. Dann wird das Wochen im Voraus geplante Krippenspiel, das von Konfirmanden gestaltet und an Heiligabend präsentiert wird, aufgeführt. Auch die Planungen für die musikalische Begleitung der Messen mit Solisten und Chören beginnt bereits im September, erklärt Kaspers. Stiller und besinnlicher wird es in den etwas weniger gut besuchten Christmetten, häufig gegen 22 Uhr im Stadtgebiet.

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Die sonst so stillen Kirchen verwandelt sich aber allesamt an Heiligabend in einen Ort der Begegnungen. Die Gottesdienste an diesem Tag sind originell, auch wenn Pfarrer Kaspers versucht, jede Messe im Jahr besonders zu gestalten. „Wer 08/15-Gottesdienste veranstaltet, darf sich nicht wundern, dass die Holzbänke den Rest des Jahres leer bleiben.“

Besucherzahlen als Chance: Rückläufige Mitgliederzahlen

Für Pfarrer Kaspers ist der Zulauf deshalb eine „riesige Chance“: Für einige Besucher „könnte es ein Anfang sein“, ihr Glaube etwa neu bekräftigt werden. Pfarrer Winkelmann ist da realistischer: Er glaubt nicht, dass Heiligabend „ein Impuls“ für regelmäßige Kirchenbesuche sein wird.

Mitgliederzahlen der Kirchen in Duisburg im Vergleich.
Mitgliederzahlen der Kirchen in Duisburg im Vergleich. © funkegrafik nrw | Selina Sielaff

Die Probleme der Kirche sind bekannt: Immer weniger Menschen sind Mitglied. Die Zahl, gleich ob katholisch oder evangelisch, sinkt seit Jahren kontinuierlich. Laut Statistik der Bistümer Essen und Münster waren im vergangenen Jahr 133.033 Personen katholisch. Zum Vergleich: 2010 waren es noch 151.230 Duisburger. Ein ähnliches Bild bei den Evangelen: Die Zahl sank von 126.861 Personen im Jahr 2010 auf 111.865 im Jahr 2017, so der aktuellste vergleichbare Wert. Mehr Sterbefälle, aber rückläufige Taufzahlen, seien Gründe für den Mitgliederrückgang.

Sorge vor Kirchenschließungen

Sorge, dass Menschen vor der Kirche stehen bleiben müssen und an Heiligabend keinen Platz im Inneren des Gotteshauses finden, hat Pfarrer Kaspers nicht. Noch nicht: „Wie wird es aussehen, wenn noch mehr Kirchen schließen?“ Die Frage, ob seine Enkelkinder noch in selber Art und Weise in der Kirche die Geburt Christi feiern werden können, beschäftige ihn.

Mit der Kirche am See in Wedau etwa ist 2024 eine evangelische Kirche im Duisburger Süden Geschichte. Auf der Streichliste der katholischen Kirche stehen alleine für die Bezirke im Süden sechs Kirchen: Maria Himmelfahrt ist schon seit Jahren nicht mehr in Betrieb, bis 2025 will die Kirche sich von St. Stephanus, Herz Jesu und St. Suitbert trennen. St. Joseph und St. Raphael sollen bis 2030 geschlossen sein. An Heiligabend aber sind die Kirchen bis auf den letzten Platz besucht.

Weihnachtsgottesdienste per Mausklick finden

Wer wissen möchte, wann und wo Gottesdienste an Heiligabend in den zum Bistum Essen gehörenden Duisburger Pfarreien gefeiert werden, kann auf der Internetseite eine Onlinesuche starten: Auf einer interaktiven Karten sind alle Orte und Uhrzeiten der Heiligen Messen, Krippenspiele, Wortgottesdienste und Christmetten verzeichnet. Abrufbar unter weihnachten.bistum-essen.de

Eine Online-Gottesdienstsuche bieten auch die Evangelischen Kirchen im Rheinland. Damit alle Interessierte einen evangelischen Gottesdienst in Duisburg finden, haben Kirchengemeinden diese in eine zentrale Datenbank eingetragen: In Duisburg sind alleine an Heiligabend 100 unterschiedliche Gottesdienste erfasst – von der musikalischen Christvesper bis zum Familiengottesdienst. Zu finden im Internet unter www.ekir.de/weihnachten