Duisburg. Kurz vor ihrem 14. Geburtstag hat Derya aus Duisburg ihren Vater verloren. Wie sie mit dem Verlust umgeht und was sie Papa gerne sagen würde.
Eine Stunde vor ihrem 14. Geburtstag hat Derya aus Duisburg ihren Vater verloren. Während andere Jugendliche ungeduldig mit Freunden auf ihren Ehrentag warten und unbekümmert das Leben feiern, heißt es für die Duisburgerin: Abschied nehmen. Für immer.
„Papa, du kannst gehen – auch wenn ich Geburtstag habe“, sind die letzten Worte, die Derya ihrem Vater mit auf die Reise gibt. Ein dreimonatiger Kampf gegen den Leberkrebs liegt hinter ihm. Der Tumor hat letztlich kurz vor dem Geburtstag seiner Tochter die Oberhand gewonnen.
„Papa wird wieder gesund“
Als an jenem Abend 2013 zuhause das Telefon klingelt, hatte Derya schon eine Vorahnung. Ihre Mutter war am Telefon. Mit ihren zwei Geschwistern soll Derya ins Krankenhaus kommen, um mit ihrem Vater zu sprechen. „Papa wird wieder gesund“ – so haben die drei Kinder immer wieder gedacht, erzählt Derya. Ihre naive Sicht auf die Welt, so sagt sie heute, gilt damals noch als unverrückbare Realität: „Papa wird wieder gesund.“
Heute, mit 20 Jahren und somit sechs Jahre nach dem Tod ihres Vaters, weiß sie – „Wir haben bis zum letzten Tag nicht verstanden, wie ernst es war.“ Kinder erleben die Welt eben anders. „Wie kann ein Gott sowas zulassen?“, dass drei jungen Menschen der Papa genommen wird, ist nur eine der Fragen, die sie lange beschäftigt.
Tod als Tabuthema
„Mit der Zeit“ hat Derya aber gelernt, mit dem Tod ihres Vaters umzugehen. Doch es vergingen Jahre. Am Anfang wird über den Verlust in der Familie nicht gesprochen. Bedrücktes Schweigen soll die Wunden heilen. Bei Derya funktioniert das nicht. Sie möchte über ihren Vater sprechen und wünscht sich eine „offene Trauerkultur“ statt den Tod zu tabuisieren. „Ich habe mich dann zurückgezogen“, sagt die Studentin der Sozialwissenschaft. Von ihren Freunden fühlt sie sich unverstanden.
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Das Leben ohne Vater hat den Alltag verändert: Mit 14 Jahren musste sie von heute auf morgen „Verantwortung übernehmen“ – sie war die große Schwester; während sich ihre Mutter liebevoll um die Kinder kümmert, ist Derya vor allem für den Papierkram da – das hat vorher Papa gemacht.
Was Derya ihrem Vater gerne sagen möchte
Der Tochter hat die Zeit gefehlt, ihren Vater besser kennenzulernen. Sie beginnt, sich intensiv mit seinem Leben auseinander zu setzen. Wie ein Puzzle in die Vergangenheit, versucht sie die verblassten Teile zu einem Bild zusammenzufügen. „Ich habe versucht, jede Information von ihm aufzusaugen.“
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Seine Flucht damals aus der Türkei, als er als politischer Flüchtling illegal nach Deutschland kam. Hier erhielt er Asyl, baute sich ein neues Leben auf mit Frau und drei Kindern. Später baute er ein Eigenheim. Das Haus symbolisierte die erarbeitete Unabhängigkeit und war Belohnung für den Mut und die harte Arbeit. „Er konnte nicht eine Nacht in dem Haus schlafen“, bedauert Derya. In der Bauphase ist ihr Papa erkrankt und noch vor der Fertigstellung verstorben. Immer, wenn sie das Haus betritt, fühlt sie sich ihrem Vater besonders nah. „Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an ihn denke.“
Was sie ihrem Papa gerne noch einmal sagen würde? „Dass er als Vater einen guten Job gemacht hat. Er hat uns gezeigt, zielstrebig zu sein, furchtlos und mutig.“ Gerade bei „großen Entscheidungen“ vermisst sie ihren Vater als Ratgeber. „Aber ich bin mit der Situation im Reinen und kann es leider nicht ändern.“
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Unterstützen möchte auch Derya. Sie versteht, was es heißt, ein Elternteil zu verlieren. Seit zwei Jahren ist sie ehrenamtlich für den Verein „Young Supporters“ aktiv. Wie sie kostenlos jungen Erwachsenen hilft, erfahren Sie in diesem Artikel.