Duisburg. Ein Duisburger Theater hat ein Bühnenstück zur Loveparade-Katastrophe angekündigt. Eine Initiative Betroffener bringt das in Rage.
Der Verein Lopa 2010 e.V. hat die Pläne des Duisburger „Kom’ma“-Theaters, die Loveparade-Katastrophe auf die Bühne zu bringen, heftig kritisiert: „Es ist unmoralisch, aus dem schlimmsten Tag der Betroffenen und Hinterbliebenen ein Theaterstück zu kreieren“, schreibt der Verein in einer am Dienstag veröffentlichten Mitteilung.
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Das Kom’ma-Theater hatte vor wenigen Tagen seine Absicht präsentiert, sich mit der Loveparade-Katastrophe zu befassen. Im Juli 2020 jährt sich die Katastrophe zum zehnten Mal. Am 24. Juli 2010 kamen in einem Massengedränge 21 Menschen zu Tode, mehr als 500 wurden schwer verletzt.
Stadt Duisburg als Geldgeber für Theaterstück handelt „unmoralisch“
Die Kritik der Betroffenen-Initiative „Lopa 2010“ zielt in besonderem Maße auf die Stadt Duisburg, die erklärt hatte, das Theaterstück finanziell zu unterstützen. Dass das Stück „von den Mitverantwortlichen finanziert wird, ohne dass die Möglichkeit einer adäquaten Aufarbeitung gegeben ist“, brandmarkt die Initiative als das eigentlich Unmoralische an dem Projekt.
Der Verein „Lopa 2010“ wurde 2013 in Duisburg gegründet und kritisiert seitdem, dass Betroffenen nach wie vor keine ihren Bedürfnissen gerecht werdende Versorgung und Betreuung erhalten. So wirft es der Verein auch jetzt wieder der Stadt Duisburg vor: „Jahrelang wird suggeriert, wie toll man sich um die Hinterbliebenen und Opfer sorge, in Wahrheit verschweigt man, dass die Spendengelder zur Finanzierung falscher therapeutischer Maßnahmen eingesetzt wurden, die das Ganze noch verschlimmert haben. Kein Cent ist an Hinterbliebene und Opfer ausgezahlt worden – die evangelische Notfallseelsorge hat alles für sich vereinnahmt.“
Lopa-Initiative fordert einen Jahrestag „in würdevoller Ruhe“
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Die Reaktion des Lopa-Vereins gibt den Theatermachern ein Bild davon, mit welchen Facetten und Figuren sie sich zu beschäftigen haben, wenn sie die Loveparade-Katastrophe dramaturgisch aufarbeiten: So hält der Verein der Politik in Duisburg auch nach Jahren noch vor, „nicht wirklich ein menschliches Interesse an den Opfern“ gehabt zu haben. Vielmehr sei die Katastrophe in der Stadt „politisch missbraucht“ worden und mit der Abwahl des damaligen Oberbürgermeister Adolf Sauerland wohl als erledigt angesehen worden, kritisiert der Verein. Aus Sicht der Opfer „gab es keinen wirklichen Neuanfang für Duisburg“.
Auch vor dem neunten Jahrestag der Katastrophe im vergangenen Juli, hatte die Betroffenen-Initative „Lopa 2010“ der Stadt Duisburg vorgehalten, die große Gruppe der Verletzten und Traumatisierten aus den Augen verloren zu haben: „Wir fühlen uns vergessen“. So sehe man jetzt immerhin „einen einzigen positiven Aspekt“ an den jüngst vorgestellten Theaterplänen: „Die Stadtpolitik Duisburgs erinnert sich daran, dass es uns noch gibt“. Gleichwohl hält die Initiative Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link Desinterresse an ihrem Anliegen vor: Es sei dem Verein „seit zwei Jahren nicht geglückt, ein Gespräch mit Link zu führen“, der es offenbar „nicht für nötig (hält), sich mit uns zu unterhalten“.
Loveparade-Katastrophe ist ein "immer noch unbefriedetes Ereignis"
Wenn sich im kommenden Jahr die Loveparade-Katastrophe von Duisburg zum zehnten Mal jährt, fordert der Lopa-Verein „einen Jahrestag, der in würdevoller und respektvoller Ruhe stattfinden kann“. Dass das Ereignis, das in der Stadt so tiefe Wunden hinterlassen hat, Anlass eines Bühnenstücks ist, knüpft die Initiative an eine Bedingung: Erst wenn das Leid der Betroffenen und Hinterbliebenen beendet sei, „kann man kulturell eine solche Aufarbeitung akzeptieren.“ In der derzeitigen Situation „hat Theater und sonstiges Tamtam hier nichts zu suchen“.
Das Kom’ma-Theater in Duisburg ist unterdessen nicht das Einzige, dass sich zum zehnten Jahr der Loveparade-Katastrophe ein Bühnenstück vornimmt. Auch das Schlosstheater Moers will sich dem Thema annehmen: Die Loveparade-Katastrophe vom 24. Juli 2010 sei in der Region immer noch ein unbefriedetes Ereignis, sagte Intendant Ulrich Greb: „Es ist wie eine offene Wunde, dem wollen wir nachspüren“.