Baerl. Der Regionalverband Ruhr verzichtet zunächst auf die Eingriffe im Baerler Busch. Gemeinsam mit Naturschützern und Politik feilt er am Kompromiss.

Die gute Nachricht möchte Hans-Gerd Bosch, der SPD-Fraktionschef in der Bezirksvertretung, mit einem Lächeln auf den Lippen Johannes Gerst, Forstwissenschaftler von Ruhr Grün überlassen: Die vom Regionalverband Ruhr geplanten Pflegemaßnahmen werden vorerst nicht realisiert. „Der Aufwand, den wir im Baerler Busch aufgrund des ideologisch geprägten Widerstandes betreiben müssen, steht aktuell in keinem vernünftigen Verhältnis mehr zu den angestrebten ökologischen Effekten.“

Inzwischen haben über 2500 Bürger gegen die massiven Fällungen unterschrieben. Rechnerisch wäre das die Hälfte der Baerler Bevölkerung, aber die Initiative hat auch in Moers und Rheinberg um Unterstützung geworben.

RVR beklagt Radikalisierung der Fällgegner

Was Gerst Sorgen macht, ist eine teilweise Radikalisierung der Initiative, die sich im Forum auf der Internetseite niederschlage. In einigen Fällen sei das grenzwertig. Neben Beschimpfungen seien dort auch von Aktivisten Besetzungen und andere Aktionen wie im Hambacher Forst angedroht worden. „Letzlich geht es bei der Entscheidung auch um die Sicherheit der Mitarbeiter“, so Gerst weiter und bedauert, dass die Initiative das zulasse. Mitte Oktober bereits war die Fällung der bereits verkauften Bäume bis zum 15. November ausgesetzt worden.

Auch Neuanpflanzungen werden verschoben

Der Stamm einer alten Buche am Laakmannsfeld trägt die geschlängelte Linie, mit der Biotopbäume im Baerler Busch markiert sind. Sie sollen geschützt werden. Foto: Volker Herold / FUNKE Foto Services
Der Stamm einer alten Buche am Laakmannsfeld trägt die geschlängelte Linie, mit der Biotopbäume im Baerler Busch markiert sind. Sie sollen geschützt werden. Foto: Volker Herold / FUNKE Foto Services © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Mit den Fällungen verschieben sich auch die bereits fest eingeplanten Neuanpflanzungen. Wie Gerst erläutert hat Ruhr Grün in den vergangenen Jahren umfangreiche Pflegemaßnahmen in den Baerler Wäldern vorgenommen. Dabei seien unter anderem 120.000 Euro in die Instandsetzung der Wanderwege und 80.000 Euro für Aufforstungen investiert worden. Auf einer Fläche von über zehn Hektar sei die Traubenkirsche bekämpft worden. „Waldpflege ist entscheidend für einen stabilen Waldaufbau“, betont der Forstwissenschaftler.

Was Bosch freut ist, dass der RVR offen ist für einen Prozess, in dem Politik und Ruhr Grün gemeinsam mit Naturschützern einen Kompromiss erarbeiten, der allen Interessen gerecht und der Öffentlichkeit bei einer Versammlung präsentiert werden soll. Parallel wird ein Gutachter prüfen, ob die geplanten Eingriffe angemessen und verträglich sind, wovon der RVR überzeugt ist.

Kompromiss aus 14 Punkten

Ein Anfang für den angestrebten Kompromiss ist bereits gemacht: Mehrere Stunden täglich haben in der vergangenen Woche Bosch und sein Kollege von den Grünen, Dietmar Beckmann, mit Johannes Messer (Nabu), Randolph Kricke (städtischen Umweltamt) mit Gerst zusammen gesessen. Das Ergebnis der intensiven Beratungen ist ein 14 Punkte umfassender Antrag für die Sitzung der BV am Januar.

Ziel ist klimagerechtes und ökologisches Forsten

Darin geht es grundsätzlich um eine klimagerechte und nach ökologischen Gesichtspunkten ausgerichtete Bewirtschaftung des Waldes. „Es sind alles Punkte, die wir wollen, zum großen Teil schon machen, bei einigen Punkten können wir aber noch etwas mehr machen“, so Gerst über das vorgeschlagene Paket. Im Kern steht ein ein Totholz- und Biotopbaumkonzept.

Bedingt durch das Alter des Waldes und den Krieg sind sehr alte Bäume in ihrer letzten Lebensphase besonders rar. Sie bieten aber für seltene und gefährdete Arten von Pilzen, Insekten bis hin zu Vögeln und Fledermäusen einen wichtigen Lebensraum. Deshalb sollen diese Bäume besonders gefördert und geschützt werden. Die Stadt, so Bosch, habe signalisiert, dass sie das aus einem ökologischen Ausgleichskonto fördern werde. Habitatbäume schütze der RVR schon jetzt, betont Gerst. Sie sind durch weißen gekringelte Linien gekennzeichnet.

Das erscheint den Umweltschützern aber zu wenig. Künftig soll ihr Standort exakt per GPS bestimmt und im Grundbuch ausdrücklich geschützt werden. Angestrebt werden zehn dieser Bäume pro Hektar. Teilweise soll in kleinen Arealen forstwirtschaftlich gar nichts mehr geschehen, um den Prozess zu fördern.

Wichtig: Kahlschläge soll es nicht geben. Ein Drittel der Bäume soll bei Maßnahmen stehen bleiben.