Duisburg. Das Duisburger Dokumentarfilm-Festival geht mit neuer Doppelspitze im Filmforum an den Start. Es gibt neue Spielorte rund um den Dellplatz.
Der neuen Doppelspitze der Duisburger Filmwoche sind seit ihrem Amtsantritt im April offenbar häufig Fragen nach Neuerungen begegnet. Dieser „Sehnsucht nach dem Neuen“ begegne sie mit Skepsis, sagte Gudrun Sommer, die bei der Eröffnung der 43. Duisburger Filmwoche am Montagabend im Filmforum die Rede hielt, während Doppelspitzen-Partner Christian Koch für Begrüßung und Danksagungen zuständig war.
Für Gudrun Sommer „spricht einiges dafür, dass es zur Zeit weniger an Variationen des Neuen mangelt, als an einer klugen Auseinandersetzung mit der Historie“. Mit einem gelassenen „Na und?“ könne man sich auch dem Vergleich mit größeren Filmfestivals stellen. Sei doch die Bedeutung der Filmwoche nicht an den 193 Plätzen im Filmforum zu messen. Vielmehr gehe es darum, Filme zu zeigen, die das Publikum nicht mit einem „Na und?“ abhakt, sondern die künstlerisch und gesellschaftlich relevant seien, die „irritieren und herausfordern“. Die 24 Festivalfilme sollen Eindruck hinterlassen und von „Na und?“ zum „Ja gut!“ führen.
Die Filmwoche stärker für die Duisburger öffnen
Gudrun Sommer, vor 18 Jahren Mitbegründerin der Kinder- und Jugendsektion des Festivals „doxs!“, lobte die Stadt Duisburg für den „großartigen Schritt“, in diesem Jahr die Mitarbeiter der Filmwoche wirtschaftlich abgesichert zu haben. Sie hatten bislang auf der Basis befristeter Honorarverträge gearbeitet, jetzt gibt es vier Vollzeitstellen im Stellenplan der Stadt.
Dass Sommer und Koch die Filmwoche stärker für Duisburger öffnen möchten, begrüßte Bürgermeister Erkan Kocalar ausdrücklich. „Mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort als Gesprächspartner kann der Dialog während des Festivals nur gewinnen.“ Er erinnerte an die erfolgreiche Ära von Festivalleiter Werner Ružička, der wie seine Vorgängerin Angela Haardt zur Eröffnung gekommen war.
Eröffnungsfilm „Hambi“ zeigt Nähe zu den Gefilmten
NRW-Kulturstaatssekretär Klaus Kaiser ging auf das Filmwochenmotto „Wer erstickt, wo wir atmen?“ ein, das zum Innehalten einlade. Dokumentarfilme stünden für die demokratische Debattenkultur, seien kein Ort für einfache Antworten und lebten auch von der Nähe zum Gefilmten.
Diese Nähe zeigte auch der Eröffnungsfilm „Hambi“ von Lukas Reiter, der den Kampf um den Hambacher Wald aus Sicht der Umweltaktivisten erzählt. Der 1993 in Mainz geborene Filmemacher, der an der Filmakademie Ludwigsburg studiert, engagierte sich 2018 im Hambacher-Forst-Presseteam, als die Räumung der Baumhäuser begann.
120 unbeugsame Widerständler – fast wie einst im berühmten gallischen Dorf – leben in diesen Baumhäusern fast wie in einem Kindertraum. Was den Hintergrund des Protestes gegen den Braunkohleabbau nicht banaler macht. Mit Bildern der Verwüstungen, die er anrichtet, beginnt der Film. Graue Riesengruben und Bagger hier, grüner Wald und Vogelgezwitscher im Baumdorf. „Freiheit, Wildheit und Geschwisterlichkeit“ werden hier zur Gitarre besungen und in friedlicher Anarchie gelebt.
Kunstaktion begleitet Kampf um den Erhalt des Hambacher Waldes
Die RWE-Arbeiter und die Staatsmacht in Uniform, die hier räumen wollen, werden mit Schreien und Parolen begleitet, mit Spott und einer Kunstaktion des Malerpaars Helge und Saxana, die den Kampf um den Erhalt des Waldes mit ihren Bildern festhalten und das Ganze zu einem Gesamtkunstwerk machen. Denn um Bilder geht es schließlich auch von diesem Ort, der international zum Symbol des Kampfes gegen den Klimawandel geworden ist.
Absurd wirkt es, wenn unten Polizei und Arbeiter ihren Job machen, während sich oben die jungen, idealistischen Bewohner durch die Bäume hangeln. Das wirkt nicht nur gefährlich, das ist es auch, wie der tödliche Unfall eines 27-jährigen Bloggers belegt, der durch eine Hängebrücke in 20 Metern Höhe brach.
Neue Spielstätten rund um den Dellplatz
Ein Film, der im neuen voll besetzten Diskussionssaal im Josephshaus an der Goldstraße einen kontroversen Dialog zwischen Filmemacher und Publikum anregte. Zuvor war für den traditionellen Empfang zum Festivalauftakt die Josephskirche neuer Standort, das Festivalbüro ist jetzt am Dellplatz 11. Dem Dellplatz hat sich die Filmwoche also schon geöffnet.