Duisburg. Michael Steindl inszeniert Patrick Marbers Stück, mit dem er Moliere in die Gegenwart holt, als temporeiche schwarze Komödie.

Wenn es darum geht, eine Frau zu knacken, kann Mephisto auch ein Mustergutmensch sein. Zwei Jahre lang hat dieser teuflische Womanizer DJ um die gesellschaftlich engagierte Elvira geworben, hat in Flüchtlingslagern geholfen und ist bei „Fridays for Future“ mitgelaufen. Dann war sie endlich reif für die Hochzeit. Zwei Wochen danach ertappt sie ihn beim Treiben mit einem kroatischen Supermodel. Für Elvira bricht eine Welt zusammen. Er will seinen Spaß. Na und?„Don Juan“ nach Moliere von Patrick Marber, die erste Premiere der Schauspiel-Saison, war ein unterhaltsamer Theaterabend, der das 350 Jahre alte Stück mit britisch-schwarzem Humor in die Gegenwart holt.

Langweilig sind die anderen

Noch immer taugt Molieres Sünder zum Antihelden, ist DJ einer, der mit Skrupellosigkeit und gewinnendem Charme verführt. Gegen ihn wirken alle anderen brav und langweilig. Die Guten und Anständigen haben seinen lustvollen Grenzüberschreitungen und Tabubrüchen nichts entgegenzusetzen, sie sind enttäuscht bis verzweifelt, sie beschimpfen und bedrohen ihn, aber an DJ perlt das ab, er lebt sein testosteronsattes Leben, das er intelligent verteidigt und sich dabei frech strahlend für seine Ehrlichkeit rühmt. Die Heuchler sind die anderen! Die trauen sich doch nur nicht! Und steckt darin nicht ein wenig Wahrheit?

 
  © Theater Duisburg | Der Vater (Helmuth Hensen) droht dem Sohn den Hahn abzudrehen. Foto: Sascha Kreklau

Die enttäuschte Ehefrau (Sarah Steinbach) erinnert sich verzückt an ihre sexuelle Entfesselung während der Flitterwochen. Der stets an seinem Chef leidende, schüchterne, ängstliche Stani (Adrian Hildebrandt) wird dennoch immer wieder gern zum Komplizen. Er möchte von DJ nicht nur endlich sein Gehalt, sondern auch geliebt werden. Er will auch mal ran an die Damen, er will auch einmal so sein wie dieser hübsche Kerl. Der verschwendet nicht mal einen Gewissensfunken daran, dass er einen Unfall verursacht hat, bei dem Menschen gestorben sind. Stattdessen baggert er gleich zwei Frauen parallel an. Und auch diese Statue, die plötzlich lebendig wird und ihm die Erkenntnis der eigenen Sterblichkeit vor Augen führt, tut er als Drogenrausch ab. Ebenso wie die Moralpredigt seines Vaters (Helmuth Hensen), der ihn wegen seiner verlassenen Frau zur Rede stellt. Der bekommt ein „Verpiss dich, Papi“ auf den Weg. Nur die Drohung des Vaters, ihm den Geldhahn zuzudrehen, lässt DJ seine Taktik ändern.

Temporeicher Abend mit starkem Ensemble

Eine tränenreiche Entschuldigung und Versöhnung muss her, nur zum Schein natürlich. Je enger es um ihn wird, desto wüster treibt es DJ. Wie eine Kerze, die von zwei Seiten brennt spielt Behzad Sharifi diesen Egomanen, der keinen Millimeter von seiner Überzeugung weicht, auch wenn ihm die Brüder seiner Frau das Messer an den Hals halten. Don Juan endet heute nicht mehr im Höllenschlund, sondern erstochen in der Gosse.

Michael Steindl hat diesen temporeichen Abend mit einem starken Ensemble inszeniert. Die neuen (gespendeten) Podien schaffen mehr Möglichkeiten, die kleine Foyer-III-Bühne zu nutzen, die jetzt mit wenigen Handgriffen von einer Hotellobby in eine düstere Straße verwandeln werden kann. Steindl betont das Spielerische, das manchmal – auch wegen der schrillen Klamotten - Züge einer grotesken Show annimmt.