Duisburg. Die Jüdische Gemeinde Duisburg, Mülheim, Oberhausen gab auf ihrem Neujahrsempfang bekannt, dass sie in Neumühl 40 altersgerechte Wohnungen baut.
David Geballe, Oberrabbiner der Jüdischen Gemeinde Duisburg, Mülheim und Oberhausen, wollte beim Neujahrsempfang im Gemeindezentrum im Innenhafen nicht auf all die negativen Schlagzeilen zurückblicken, „die es im vergangenen Jahr mehr gegeben hat, als uns lieb ist.“ Nein, Geballe schaute wenige Tage nach dem Neujahrstag des Jahres 5780 vor rund 100 geladenen Gästen aus Politik, Kirche und Gesellschaft auf die vielen positiven Nachrichten aus der Gemeinde.
Neuer Jüdischer Friedhof in Duisburg
Vor gut einem Jahr wurde der jüdische Friedhof eingeweiht, vor wenigen Wochen feierte der jüdische Kindergarten sein zehnjähriges Bestehen. Im nächsten Jahr soll dieser erweitert werden. In Neumühl fiel vor zwei Wochen der Startschuss für ein sozial gefördertes Wohnbauprojekt. „Geplant sind 40 altersgerechte Wohnungen, die aber auch Nichtgemeinde-Mitgliedern offen stehen“, erklärt David Geballe. Auch ein Saal für Gemeindeveranstaltungen und die Sozialbüros sollen in den Bau, der in zwei Jahren fertig sein soll, integriert werden. Und unter der Schirmherrschaft der ehemaligen Mülheimer Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld läuft ein Spendenprojekt für die Anschaffung einer neuen Thorarolle zum 20-Jährigen Bestehen des neuen Gemeindezentrums am Springwall.
„Gute Beziehungen der Städte zur Jüdischen Gemeinde sind nicht selbstverständlich“
Doch trotz aller positiven Entwicklungen der Gemeinde ist das Neujahrsfest auch immer „ein Anlass inne zu halten“, sagte Mülheims Bürgermeisterin Margarete Wietelmann in ihren Grußworten. Die Beziehungen der Städte Duisburg, Mülheim und Oberhausen zur Jüdischen Gemeinde seien „gut“, aber „nicht selbstverständlich“ angesichts dessen, „was vor Jahrzehnten in Deutschland passiert ist.“ Und in Zeiten, in denen „Rassismus als globalisiertes Phänomen“ wahrgenommen werde, „müssen wir klar Stellung beziehen.“
Solange in Deutschland Synagogen von Polizisten bewacht werden müssen, solange könne man nicht davon sprechen, das alles gut sei. „Wir dürfen nicht vergessen und nicht die kleinsten Ansätze antidemokratischer Haltung und Antisemitismus tolerieren“, so Margarete Wietelmann. Es gebe aber auch hoffnungsvolle Zeichen in den Städten, wie beispielsweise das Projekt der Stolpersteine, die auch in Duisburg, Mülheim und Oberhausen verlegt werden, um an die Opfer der NS-Herrschaft zu erinnern.
Jan Fleischauer war redete über Meinungsfreiheit
Gastredner des Abends war der Journalist Jan Fleischauer, der über die Grenze der Meinungsfreiheit sinnierte und feststellte: „Idiot sagen, kann jeder. Eine Beleidigung, die schmerzt, die verlangt den Kenner.“ Wie überall im Leben gelte auch bei der Schmähkritik, „dass Dummheit jede Freiheit verhunzt.“ Menschen herabzusetzen, die ohnehin schon klein sind, sei billig. Das schönste Spottwort sei nichts wert, wenn das Urteil über denjenigen, dem man es verpasst, längst gefallen ist.