Duisburg. . Neun Angehörige der Familie waren aus Israel angereist, um die Stolperstein-Verlegung an der Landwehrstraße in Ruhrort persönlich mitzuerleben.
Jacob Hillmann war Inhaber eines Geschäftes für Damen- und Herrenkonfektion und lebte mit seiner Frau Berta sowie seinen Kindern Gisela, Edwin und Wolfgang in Ruhrort. Die jüdische Familie musste als Opfer des Nazi-Terrors erst zwangsweise das Zuhause auf der Landwehrstraße verlassen und wurde nach der späteren Deportation ins Ghetto von Izbica im April 1942 dann umgebracht. In Gedenken an ihr Schicksal wurden am Donnerstag Vormittag fünf Stolpersteine vor der Hausnummer 75 verlegt. Und neun Verwandte, die allesamt extra aus Israel angereist waren, verfolgten diese bewegende Zeremonie.
Aufwendige Ahnenforschung
„Eugenia Hillmann war die Schwester von Jacob Hillmann – und sie war meine Großmutter“, erzählt Zahava Danieli. Sie stammt aus Haifa und ist mit ihren drei Kindern angereist – darunter auch Alon Danieli. Er war es, der sich auf die Suche nach Hinweisen zur Familienhistorie begeben und langwierige Recherchen betrieben hatte. „Wir haben zwar im Laufe der Zeit viele Informationen gefunden, es gibt aber nach wie vor viele Fragezeichen“, erzählen Mutter und Sohn.
Auch Tamar Chaimovsky aus Tel Aviv und Daphna Shachar aus Herzliya gehören zu diesem Familienzweig. Jacob Hillmanns Schwester Eugenia war ihre Urgroßmutter. Beide gehören zur neunköpfigen Familiendelegation, die sich auf den Weg von Israel nach Duisburg gemacht hat, um der ermordeten Verwandtschaft zu gedenken und der versöhnlichen Zeremonie des Stolpersteinverlegens beizuwohnen.
Sie alle wurden ganz still, als Künstler Gunter Demnig mit seinen Arbeiten beginnt. Nachdem er eine Gehwegplatte entfernt hat, setzt er dort die fünf jeweils mit einer Messingplatte besetzten Betonquader in den Boden ein. Auf ihnen stehen die Namen aller Hillmann-Familienmitglieder, die einst hier ihre Heimat hatten. Viele der angereisten Angehörigen machen Erinnerungsfoto. Demnig arbeitet ebenso präzise wie zügig. Als er dann zum letzten Mal mit einem Tuch über die Messingplatten gewischt hat, um diese blitzeblank zu polieren, legen die Angehörigen zwei weiße Rosen, fünf Teelichter und eine kleine Israel-Fahne nieder. Es sind Momente des gemeinsamen Innehaltens.
Mahnung in Zeiten des Rechtsrucks
Dann ergreift Dirk Grotstollen das Wort. Der Vorsitzende des Ruhrorter Bürgervereins hat mit weiteren engagierten Vorstandskollegen dieses Projekt mitbetreut. „Mit diesen fünf Exemplaren haben wir nun allein in Ruhrort 32 Stolpersteine“, sagt Grotstollen. Aber auch Vertreter des Jugendrings Duisburg sind vor Ort, um die Angehörigen in diesen Stunden zu begleiten.
Grotstollen betont, dass das die Eltern Hillmann mit 52 und 45 Jahren gerade in der Blüte ihres Lebens standen, als sie umgebracht wurden. Ihre Kinder wurden nur 11, 14 und 17 Jahre alt. Es sei in Zeiten des Rechtsrucks in Europa ganz besonders wichtig, immer wieder an die Situation vor rund 80 Jahren zu erinnern, als Mitmenschen nur aufgrund ihres Glaubens verfolgt und getötet wurden. Dann zitierte Grotstollen einen Satz des früheren Bundespräsidenten Roman Herzog, der da lautet: „Die Erinnerung darf nicht enden!“ Worte, die von ihrer Gültigkeit nichts verloren haben.
>> WEITERE STOLPERSTEINE ERINNEN AN NAZI-OPFER
Am Donnerstag gab es weitere Stolperstein-Verlegungen im Stadtgebiet: für Dr. Robert Katzenstein, seine Frau Helga und seine Söhne Edgar und Kurt, die in Hausnummer 16 an der Ludgeristraße in Neudorf gelebt hatten. Allen gelang die Flucht.
An der Bayernstraße 68 in Marxloh wird ab sofort mit Stolpersteinen dem Ehepaar Erich und Elsen Brandt gedacht, die beide im Jahr 1942 von den Nazis umgebracht wurden.