Neudorf/Duissern. Die Gesamtschule Mitte existiert seit 35 Jahren. Rektor Ernst Wardemann hat einiges zu kritisieren. Darum macht er seinen Job dennoch gerne.
Die Gesamtschule Mitte mit ihren beiden Standorten Pappenstraße und Falkstraße gehört zu den beliebtesten Schulen im Bezirk Mitte. Regelmäßig wollen mehr Jugendliche die Klassen besuchen als aufgenommen werden können. Vor kurzem hat die Schule mit einem großen Fest der Kulturen ihren 35. Geburtstag gefeiert. Im Gespräch blickt Rektor Ernst Wardemann zurück, erklärt, warum Lehrersein noch immer sein Traumberuf ist und was er sich von der Stadt und der Politik wünschen würde.
Ihre Schule ist stark nachgefragt. Aber als sie 1983 eröffnet wurde, gab es nicht nur Begeisterung?
Stimmt. Beide Schulstandorte wurden früher als Gymnasien genutzt. An der Pappenstraße gab es zunächst einen Parallelbetrieb. Das war schwierig. Sie sind ja durch den Haupteingang gekommen. Es soll so gewesen sein, dass die Lehrer fürs Gymnasium durch die rechte Tür kamen, die linke war für die Gesamtschullehrer vorgesehen. Im Lehrerzimmer hat man sich dann getroffen. Wie da die Stimmung war, kann man sich ja vorstellen.
Warum ist die Gesamtschule gegründet worden?
Es gab zu viele Gymnasien und gleichzeitig wurde eine große Schule benötigt. Am Anfang gab es vier Klassen pro Stufe, denn so war garantiert, dass eine ausreichende Zahl an Schülern die Oberstufe erreicht. Inzwischen haben wir rund 1300 Jugendliche auf der Schule. Unser Einzugsgebiet umfasst nicht nur Neudorf, Duissern und die Innenstadt, sondern auch Meiderich und Wanheimerort. Wir nehmen Kinder von 18 Grundschulen auf.
Als Vorteil der Gesamtschule gilt nach wie vor, dass alle Kinder gemeinsam unterrichtet werden. Inzwischen gibt es zahlreiche Gesamtschulen. Kann man da noch immer auf die richtige Mischung zwischen Haupt-, Realschülern und Gymnasiasten achten?
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Die Schüler sind im Laufe der Zeit etwas schwächer geworden, aber das ist nicht nur an unserer Schule so, das ist eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung und hat zum Beispiel damit zu tun, dass die Sprachkompetenz abnimmt. Nicht nur bei Migranten übrigens. Es wird weniger gelesen. Das merkt man im Unterricht. Aber bei uns haben Kinder durch die Wahl von Grund- und Erweiterungskursen immer noch die Möglichkeit, sich langfristiger zu entwickeln. Außerdem waren wir eine der ersten Schulen, an denen mit dem Wahlpflichtfach Technik auch ein Zugang zur Oberstufe möglich war. So können sich die Talente unterschiedlich entfalten.
In der Oberstufe kooperieren Sie mit den Innenstadt-Gymnasien und Gesamtschulen.
Ja, das ist ein großer Vorteil: Einerseits haben unsere Schüler so viel größere Wahlmöglichkeiten. Auf der anderen Seite verstummt endlich das Geschrei, dass das Abitur auf der Gesamtschule weniger wert ist.
Die Gesamtschulen waren eine der ersten Schulen, an denen auch am Nachmittag unterrichtet wurde. Ist das für die Eltern auch ein Kriterium bei der Schulwahl?
Eindeutig ja. Noch bevor wir den Eltern beim Tag der offenen Tür manchmal von unseren Konzepten erzählen können, fragen Sie schon nach der Nachmittagsbetreuung. Bei uns ist das ja keine Aufbewahrung, sondern der Unterricht geht nachmittags ganz normal weiter.
Unterrichten Sie auch noch selbst?
Ja, momentan Sport und Technik. Ich sag immer: ich geh jetzt in meinen Schonraum. Im Klassenzimmer klingelt kein Telefon und die Arbeit mit den Schülern macht mir immer noch großen Spaß. Aber die Rahmenbedingungen haben sich im Laufe der Zeit verändert.
Vermutlich nicht zum Besseren...
Nein. Nehmen wir zum Beispiel das Thema Inklusion. Ich habe seit diesem Schuljahr 18 Schüler mit Förderbedarf im Jahrgang 5, insgesamt sind es 60 Kinder, die mit in den Klassen sitzen. Die müssten eigentlich intensiv betreut werden. Zum einen fehlen mir Sonderpädagogen für diese Aufgaben. Aber ich habe auch keinen Platz in den Räumen für eine gesonderte Betreuung. Wir müssen die Maximalzahl an Kindern pro Klasse aufnehmen, da bleibt wenig Spielraum.
Wie sieht es mit der technischen Ausstattung aus - gibt es bei Ihnen noch Overhead-Projektoren?
Die gibt es noch und ich bin auch froh darum, denn manchmal geht es schneller, eine Folie aufzulegen, als den Rechner für eines der beiden Smartboards zu starten. Außerdem gibt es bei uns Computerräume. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich die Schüler zwar mit Whatsapp auskennen, aber Schwierigkeiten haben, eine Wordvorlage zu erstellen. Bevor die Schulen mit WLAN ausgestattet werden, müssen erst einmal entsprechende Leitungen verlegt werden. Außerdem würde es uns helfen, wenn wir uns mit mehreren Schulen einen Systemadministrator teilen könnten. Ich bin da im Gespräch mit Herrn Buchthal vom Steinbart und Herrn Haering vom Landfermann. Das ginge schneller, als wenn man für jedes technische Problem ein Service-Ticket eröffnen muss und dann kommt in ein paar Wochen ein Techniker vorbei.
An einigen Schulen gehen die Lehrer irgendwann geschlossen in den Ruhestand. Wie ist es bei Ihnen?
Bei uns ist es zum Glück gut durchmischt. Allerdings gibt es bei uns momentan sieben schwangere Kolleginnen und in Elternzeit, die ich ersetzen muss. Beim Personal konkurriere ich ja mit den anderen Duisburger Schulen. Dabei wäre es hilfreich, wenn die Stadt den künftigen Lehrern Duisburg ein bisschen schmackhafter machen würde. Stattdessen ist das Gegenteil der Fall. Wer bei mir in Neudorf unterrichtet, muss seinen Parkplatz anmieten. Und anfangs sollten die Lehrer, die zur Falkstraße pendeln, dort auch noch einen Parkplatz bezahlen. In anderen Stadtteilen, in Walsum zum Beispiel, bezahlt man hingegen nichts. Das meine ich mit den Bedingungen, die verbessert werden müssten. Ich bin froh, dass wir so ein gutes Team haben und alle an einem Strang ziehen.