Duisburg. Der Deutsche Ismet Kilic ist wegen eines türkischen Haftbefehls in Slowenien inhaftiert. Nun soll ihm Justizministerin Lambrecht helfen.

Der Duisburger Ismet Kilic ist seit dem 26. Juli in slowenischer Gefangenschaft, weil die Türkei nach ihm mit einem internationalen Haftbefehl fahnden ließ. Obwohl die Bundestagsabgeordneten Bärbel Bas und Mahmut Özdemir bereits Außenminister Heiko Maas und Staatsminister Michael Roth gebeten hatten, sich für die Freilassung Kilics einzusetzen, droht ihm weiterhin die Auslieferung an die Türkei. In einem handgeschriebenen Brief aus dem Gefängnis schildert Kilic nun erstmals seine Situation und fragt darin: „Hat die deutsche Regierung mich hier vergessen? Warum? Betrachtet die Regierung die Türkei als demokratisch?“ Derweil wenden sich Bas und Özdemir nun an Bundesjustizministerin Christine Lambrecht.

Auch interessant

„Wir bitten die Bundesjustizministerin Lambrecht, sich dafür einzusetzen, dass der Generalbundesanwalt eine Auslieferung Ismet Kilics an die Bundesrepublik Deutschland von Slowenien verlangt“, schreiben die Abgeordneten in einem Brief vom 24. September. Ihr neues Argument: Gemäß Paragraf 129b des Strafgesetzbuches sei „Deutschland für die Strafverfolgung seiner Staatsbürger zuständig, wenn ihnen vorgeworfen wird, sich einer ausländischen terroristischen Vereinigung angeschlossen zu haben“.

Bas und Özdemir: Deutschland könnte Auslieferung Kilics verlangen

In den Neunzigern hatte Kilic in Ankara eine Gewerkschaft für Beamte gegründet. Als er deswegen angeklagt wurde, floh er 1997 nach Deutschland. Hier wurde er als politischer Flüchtling anerkannt, bekam Asyl und schließlich 2008 die deutsche Staatsbürgerschaft. In seiner Abwesenheit wurde Kilic in der Türkei zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt. Die Justiz wirft ihm vor, Mitglied der linksextremistischen Organisation Dev-Sol zu sein, was laut Kilic Unfug ist.

Auch interessant

Paragraf 129b müsse auch im Fall Kilics greifen, da dieser der Mitgliedschaft einer terroristischen Organisation in der Türkei beschuldigt wird, erläutern die Duisburger Bundestagsabgeordneten ihre Rechtsansicht. Der Generalbundesanwalt könne sich „auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes berufen, die den zuständigen Mitgliedsstaaten der EU in solchen Fällen erlaubt, die Auslieferung ihrer eigenen Staatsbürger zu verlangen.“ So könnte Kilic vor einem Verfahren in der Türkei bewahrt werden.

Der Duisburger Familienvater Ismet Kilic sitzt wegen eines Haftbefehls der Türkei aus den 90ern seit dem 26. Juli in Slowenien in Untersuchungshaft.
Der Duisburger Familienvater Ismet Kilic sitzt wegen eines Haftbefehls der Türkei aus den 90ern seit dem 26. Juli in Slowenien in Untersuchungshaft.

Der türkische Staat lässt den Familienvater wegen des alten Haftbefehls nicht aus seiner ursprünglichen Staatsbürgerschaft. Er führte Kilic all die Jahre als gesuchten Straftäter und ließ mit einer „Red Notice“ nach ihm fahnden. Das wurde ihm am 26. Juli im Familienurlaub zum Verhängnis, als er an einem Grenzübergang verhaftet und seine Familie auseinandergerissen wurde.

Slowenisches Gericht sieht keinen Status als politischer Flüchtling

Auch interessant

Nach Auffassung von Bärbel Bas und Mahmut Özdemir ist Kilic zudem durch seinen Status als anerkannter politischer Flüchtling durch Artikel 3 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens vor einer Auslieferung an die Türkei geschützt. Das zuständige slowenische Kreisgericht Koper betrachtet diesen Status aufgrund der Einbürgerung im Jahre 2008 jedoch als nicht mehr gültig. „Laut dieser Argumentation würde Herrn Kilic als Deutschem und Unionsbürger ein geringerer Schutz vor einer Auslieferung zuteil als einem Asylsuchenden“, so Özdemir. „Das stellt jedoch einen klaren Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des Artikel 18 der Arbeitsweise der Europäischen Union dar.“

Auch interessant

Für Bas und Özdemir wäre eine Auslieferung an die Türkei nicht mit den Europäischen Grundrechten vereinbar: „Artikel 19 der Europäischen Grundrechtecharta verbietet eine Auslieferung in Fällen, in denen das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, Folter oder anderer unmenschlicher und erniedrigender Strafen oder Behandlungen besteht. Aus unserer Sicht kann zumindest Letzteres in Bezug auf die türkischen Strafverfolgungsbehörden nicht ausgeschlossen werden, weshalb eine Auslieferung Kilics an die Türkei nicht zulässig wäre.“