Duisburg. Nur 60 Prozent der Lehrerstellen sind an einer Förderschule in Duisburg besetzt. Schulleiterin warnt Eltern, dass Kinder zuhause bleiben müssen.

Mit einem Brandbrief hat die Förderschule Am Rönsbergshof in Duisburg-Beeck Alarm geschlagen. Der Lehrermangel ist inzwischen betriebsgefährdend. Schulleiterin Sirka Justus schreibt: „Wenn noch Erkrankungen der Lehrkräfte hinzukommen, sehe ich mich gezwungen, Sie um Unterstützung zu bitten, indem Sie ihre Kinder, soweit es Ihnen möglich ist, tageweise zu Hause behalten“.

Ein Teil des Briefes macht auf Facebook die Runde. Justus bestätigt das Schreiben und sagt, dass aktuell sechs Sonderpädagogen- und vier Fachlehrer-Stellen ausgeschrieben seien. Schulpflegschaftsvorsitzender Peter Könings rechnet vor, dass aktuell nur 55 Lehrer inklusive Teilzeitkräften an der Schule sind und damit kaum 60 Prozent des nötigen Personals vorhanden sei.

Fachräume werden zu Klassenzimmern umgewidmet

Die Bushaltestelle vor der Schule Am Rönsbergshof in Beeck ist mit Graffiti verziert.
Die Bushaltestelle vor der Schule Am Rönsbergshof in Beeck ist mit Graffiti verziert. © Funke Foto Services | Tanja Pickartz

Die Schule, die den Förderschwerpunkt geistige Entwicklung hat, ist auf rund 170 Kinder eingestellt, aktuell werden hier 250 Kinder beschult. Gerade erst wurden 18 I-Dötzchen aufgenommen. Damit es für sie und alle anderen ein Klassenzimmer gibt, wurden alle Fachräume umgewidmet. Die Klassengröße wird mit durchschnittlich 12 Kindern ausgereizt.

Immer häufiger komme es vor, dass nicht die vorgeschriebenen zwei Fachkräfte pro Klasse eingesetzt werden, berichtet Könings. Ganz zu schweigen von der eigentlich erforderlichen Dreier-Besetzung, wenn schwerst-mehrfach behinderte Kinder in der Klasse sind. Flippt ein Kind aus, was je nach Grad der Behinderung schon mal vorkommt, muss sich die Lehrkraft Hilfe aus den Nachbarklassen holen.

Ganztagsbetrieb nur an zwei Tagen in der Woche

Ende 2017 hatte die Schule zuletzt Alarm geschlagen, auch da fehlten Bewerber für offene Stellen. Damals sprach Könings von einem Viertel nicht besetzter Lehrerstellen. Um ein Minimum an Lehrbetrieb sicherzustellen, wird die Ganztagsschule schon seit Jahren ihrem Namen nicht mehr gerecht. Nur an zwei Tagen pro Woche werden die Kinder auch nachmittags beschult, an allen anderen Tagen ist mittags Schluss. „Das ist vor allem für Alleinerziehende, die berufstätig sind, ein Problem“, weiß Könings, da die Kinder oft permanente Betreuung brauchen und nicht ein paar Stunden sich selbst überlassen bleiben können.

Könings beobachtet, dass Förderschulen in anderen Städten gut besetzt sind. Ein Problem der schulscharfen Ausschreibung. Wer geht schon nach Duisburg, wenn er in Köln studiert hat, da auch gern bleiben möchte und sich als Sonderpädagoge die Schule sogar aussuchen kann, beschreibt der engagierte Vater das Problem.

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Warum die Zahl der Anmeldungen an der Förderschule trotz regelmäßiger Lehrermangel-Schlagzeilen steigt, ist für Insider wie Könings einfach zu erklären: „An Regelschulen ist es wegen der fehlenden Inklusionsfelfer noch härter.“

Wie hilflos die Situation an der Schule ist, macht ein weiterer Absatz im Brief deutlich: „Um den Krankenstand bei den Lehrkräften nicht unnötig zu erhöhen, bitte ich Sie herzlich, Ihre Kinder nicht krank (mit Husten, Schnupfen, Durchfall u.ä.) in die Schule zu schicken.“

Die Bezirksregierung will sich zur Situation erst am Donnerstag äußern.

Über 300 offene Lehrerstellen

Das Schuljahr begann für viele Schulen in Duisburg mit Löchern im Kollegium. Insgesamt konnten 304 Stellen nicht besetzt werden.

An den zehn Förderschulen ist von 79 offenen Stellen exakt eine im August besetzt worden. An den 75 Grundschulen fehlen statistisch 109 Lehrkräfte. Die Statistik berücksichtigt aber nur, wie viele Stellen unbesetzt sind. Unberücksichtigt bleiben Kollegen, die langzeitkrank sind oder die wegen einer Schwangerschaft ein Beschäftigungsverbot haben. In der Schule bleibt deren Platz leer, in der Statistik werden sie aber mitgezählt.