Duisburg. Das Waldkataster ist eine Datensammlung zum Bestand aller städtischen Waldgebiete in Duisburg. Es dauerte 20 Jahre, bis es aktualisiert wurde.
Es ist so dick wie ein Ziegelstein, wiegt locker fünf Kilo und wer darin blättert, der findet auf rund 800 Seiten etwa 150.000 Einzeldaten: Das Duisburger Waldkataster ist ein echter Wälzer. In diesem dicken Buch sind alle Waldflächen aufgelistet, die der Stadt gehören. Aber auch jene, die in Privat- oder Firmenbesitz sind und von den Mitarbeitern der städtischen Forstverwaltung betreut werden. „Für uns“, betonen die beiden Stadtförster Axel Freude und Stefan Jeschke, „ist das Waldkataster unsere grüne Bibel“.
Um knapp 1600 Hektar Wald kümmern sich die beiden Förster und das Mitarbeiterteam in dieser Stadt. Um besser zu verdeutlichen, wie groß dieses Areal ist, bevorzugt Jeschke eine andere Zahl, die jeder versteht: „Das sind umgerechnet 16 Millionen Quadratmeter Waldfläche, über die wir hier sprechen.“ Und Freude fügt hinzu: „Das entspricht etwa sieben Prozent des gesamten Stadtgebiets.“
In Duisburg wächst mehr Holz nach als pro Jahr aus den Wäldern entnommen wird
Diese Riesenfläche ist im Waldkataster aufgeteilt – und zwar in rund 100 so genannte Abteilungen. Diese Einzelsektoren sind genau definiert und abgegrenzt. Und sie werden nochmals in etwa 350 Unterabteilungen aufgesplittet. Im Waldkataster, dessen hoch offizieller Name „Betriebswerk“ lautet, sind alle relevanten Zahlen und Daten zu jeder einzelnen Unterabteilung zu finden.
„Dort ist nicht nur aufgelistet, welche Baumarten in jeder Unterabteilung stehen, sondern auch, wie alt die jeweiligen Bäume genau sind, wie gut der Bestand zuletzt gewachsen ist und in welchem Abstand die Bäume dort zueinander stehen“, erklärt Stefan Jeschke. Durch diese Datensammlung lässt sich errechnen, dass in den Duisburger Wäldern derzeit rund 5900 Kubikmeter Holz pro Jahr nachwachsen. „Im Rahmen unserer Waldbewirtschaftung entnehmen wir aber nur etwa 4700 Kubikmeter Holz pro Jahr. Das heißt: Unser Bestand wächst kontinuierlich“, berichtet Freude. „So ist das Waldkataster für uns auch eine Absicherung, dass wir keinen Raubbau am Wald betreiben und das Prinzip der Nachhaltigkeit gewahrt bleibt.“
Das Land NRW wollte die Kosten für ein neues Kataster nicht übernehmen
Das letzte Duisburger Waldkataster stammte von 1997 und laut Gesetzesvorgabe muss es eigentlich in einem Zehn-Jahres-Rhythmus erneuert werden. Doch als Jeschke und Freude 2007 die entsprechenden Anträge für Fördermittel beim Land NRW stellten, wurden sie vertröstet. Und das von Jahr zu Jahr aufs Neue. „Wir reden hier über Kosten von rund 45.000 Euro“, so Freude. Die wollte das Land nicht mehr bezahlen – nicht nur für Duisburg, sondern für alle Kommunen. Und auch die Stadt Duisburg, damals noch eine Kommune mit Nothaushalt, konnte und durfte das Geld für ein neues Waldkataster nicht ausgeben.
Auch interessant
Doch mit jedem Jahr ohne aktualisiertem Kataster wuchs der Druck. Es drohte deshalb sogar, dass der mehrfach ausgezeichnete Duisburger Stadtwald seine renommierten Zertifikate wieder verlieren könnte. 2017 dann aber die Rettung: Die städtische Forstverwaltung konnte die Finanzierung eines neuen Waldkatasters aus Eigenmitteln stemmen. „Und so hat es eben 20 und nicht wie vorgeschrieben zehn Jahre gedauert“, sagt Jeschke und schmunzelt.
Der Gutachter schaute sich alle Duisburger Wälder persönlich an
Und wer erstellt ein neues Waldkataster? Die Förster selbst? „Nein“, sagt Freude. „Das wird von einem externen Gutachter erledigt. Der arbeitet völlig autark.“ Und zudem sehr akribisch: Auf seiner Rundreise durch die städtischen Waldgebiete nahm er jede der 350 Unterabteilungen aus dem Kataster persönlich in Augenschein und hielt die entsprechenden Daten fest. „Der Gutachter hat dafür rund ein halbes Jahr gebraucht“, weiß Jeschke.
In seiner Bilanz hielt der Experte von außen zwei tolle Nachrichten für die beiden Stadtförster bereit. Erstens: Die Masse an neu gepflanzten Bäumen (die so genannte „Erstaufforstung“) mit weit über 100 Hektar sei in Duisburg herausragend. „Und zudem hat er uns bestätigt, dass er noch nie eine solche Vielfalt wie bei uns angetroffen hätte. Wir haben hier über 50 verschiedene Baumarten“, sagt Axel Freude und strahlt zufrieden.
Über den Titel „Waldgebiet des Jahres 2019“, der vom Bund Deutscher Forstleute an die urbanen Wälder an Rhein und Ruhr vergeben wurde, hatten sich Jeschke und Freude sehr gefreut. Doch der aktuelle Zustand des Waldes bereitet ihnen zunehmend Sorgen. Die extreme Trockenheit des vergangenen Sommers hat den Boden derart ausgedorrt, dass auch hier ganze Waldstücke abzusterben drohen. Vielleicht ist deshalb auch Freudes Satz sofort nachvollziehbar, wenn er sagt: „Ich würde diese Auszeichnung sofort gegen 500 Liter Wasser für jeden Quadratmeter Wald eintauschen.“
Auch interessant