Duisburg. Wer in die Geschichte des Waldes in Duisburg blickt, trifft auf spannende Fakten und tierische Anekdoten. Der Stadtförster als Historienexperte.

Wie weit die Geschichte des Duisburger Stadtwaldes tatsächlich zurückreicht, ist mit einer genauen Jahreszahl kaum zu beziffern. Am Kaiserberg in Duissern wurden auf jeden Fall einst Feuersteingeräte gefunden, die Rentierjäger bereits vor 10.000 Jahren benutzt haben.

Die erste historisch bedeutsame Erwähnung des Waldes stammt von 1129. Darin gewährte König Lothar den Duisburgern das Recht auf kostenlosen Zugang zum Steinbruch, der sich in dem Forst befand. „Steine und Holz wurden damals für den Bau der Stadtmauer gebraucht. Der Wald war lange eine wesentliche Lebensgrundlage der Bürger und der Stadt“, berichtet Stadtförster Axel Freude.

Historie des Duisburger Waldes

Freude ist nicht nur aufgrund seiner beruflichen Alltagspraxis, sondern auch in der Theorie ein echter Stadtwald-Experte: Dieser war Thema seiner Diplomarbeit, die er 1987 im Rahmen seines Forstwirtschaftstudiums in Göttingen geschrieben hatte. Zum historischen Stadtwald gehört heute ein etwa 600 Hektar großes Areal, das sich von Duissern über Neudorf bis nach Bissingheim erstreckt. In ganz Duisburg gibt es etwa 2500 Hektar an bewaldeten Flächen.

Früher erstreckte sich der Stadtwald aber nicht nur entlang der östlichen Stadtgrenze, er ragte von dort auch sichelförmig bis ans Rheinufer. Dort, wo nun der Sportpark Duisburg sowie weite Teile von Wedau, Buchholz und Wanheimerort zu finden sind, standen die Bürger bis ins 18. Jahrhundert im Wald. Oder mitten im Heidekraut. Denn der Wald war zu dieser Zeit bereits in einem extrem schlechten Zustand.

„Das war zum einen das Ergebnis der Übernutzung durch übermäßigen Holzeinschlag“, weiß Freude. Zum anderen wurde die Humusauflage des Waldes abgetragen und als Einstreu in den Ställen der Landwirte genutzt. „Mit dem Humus der Streuauflage wurde dem Wald systematisch das Nährstoffkapital entzogen. Das war ein sehr gravierender Eingriff, der teils bis heute nachwirkt“, so Freude. An vielen Stellen wuchs fortan eben kein Wald mehr, sondern nur noch Heidekraut.

Besitzer des Waldes waren „Walderben“

Besitzer des Waldes waren zu dieser Zeit die so genannten „Walderben“. Dahinter verbarg sich ein elitärer Zirkel aus etwa 200 Personen und Institutionen, die Anteile am Wald hielten – vergleichbar mit einer Aktie. „Die so genannten Erbenzeichen waren immer in einige Bäume geritzt, um Besitzbereiche zu markieren“, erinnert sich Freude. Bis ins frühe 19. Jahrhundert galt diese Regelung. Zu den berühmtesten „Walderben“ zählte der Kartograph Gerhard Mercator.

Der Wald diente zu jener Zeit zwar hauptsächlich als Rohstofflieferant für Holz, doch er war auch Futterquelle: Schweinehirten trieben ihre grunzenden Herden in den Wald. Die Tiere labten sich an Eicheln und Bucheckern. Und die Schweinerüssel hatten nahezu die Wirkung eines natürlichen Pfluges, was dem Waldboden laut Freude durchaus zugute kam. In Spitzenzeiten knabberten sich über 6000 Schweine durch den Stadtwald.

Doch es gab einst auch Pferde im Stadtwald: Im 18. Jahrhunderts lebten sie größtenteils in freier Wildbahn, gehörten aber zu einem Gestüt, das von den Grafen von Spee verwaltet wurde. Die Herden richteten im Wald aber auch beträchtliche Flurschäden an. Das Gestüt wurde 1814 aufgelöst, die 260 eingefangenen Pferde wurden an neue Eigentümer verkauft. „Und der letzte Wolf im Stadtwald wurde 1842 gesichtet“, komplettiert Freude die Tier-Anekdoten.

Die ökologische Verantwortung

Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurde auch der Wert des Waldes für die Gesellschaft als Erholungsgebiet erkannt. Es dauerte fast weitere 100 Jahre, ehe die Menschen auch eine ökologische Verantwortung erkannten. Denn in einer dicht besiedelten Industrieregion wie Duisburg machten Fabrik- und Hausabgase dem Wald enorm zu schaffen. Weil noch rechtzeitig gegengesteuert wurde, konnte sich der Wald erholen und regenerieren. „Dafür stehen wir heute vor neuen Problemen“, sagt Stadtförster Freude. Als Beispiel nennt er die durch die Globalisierung gestiegene Zahl an bislang unbekannten Baumkrankheiten, die nun heimische Bäume befallen. Noch nicht abzusehen seien auch die Folgen des Klimawandels.