Duisburg. Die neunjährige Lilly aus Duisburg läuft als einziges Kind bei der New York Fashion Week - weil ihr Papa im Aufzug stecken blieb.
Große Frauen fallen auf. Große Mädchen auch. Lilly ist so ein großes Mädchen, in ihrer Klasse überragt sie alle Gleichaltrigen um einen Kopf. Jetzt wird die Duisburgerin als einzige Neunjährige bei der New Yorker Couture Fashion Week laufen, einer Modenschau, für die Tickets bis zu 1500 Dollar kosten. Gäste werden erst ab zehn Jahren ins Publikum gelassen. Eine Regel, die für Lilly auf den Laufsteg nicht gilt.
Und das alles, weil Papa Marco im Aufzug steckenblieb. Mit Freunden war der 46-Jährige bei der Formel 1 in Monaco, genoss beste Aussicht von einem Balkon im neunten Stock. Am Ende wollten alle gleichzeitig mit dem Aufzug runter fahren, der blieb aber wegen Überlastung hängen. Marco Ulrich öffnete die Tür und kletterte mit ein paar anderen heraus.
Der Designer und sein Model
Ulrich nahm die Treppe – und mit ihm Kelsie Mc Kenna, Model und Marketing-Direktorin von Designer Andres Aquino. Ulrich waren die beiden schon vorher aufgefallen: Der bunt gekleidete Modemacher und die große Frau auf High Heels, 1,84 Meter groß.
So groß, wie Lilly mal werden soll, wie eine endokrinologische Untersuchung ergab. Über diesen Zufall kam man schnell ins Gespräch, Ulrich zeigte Mc Kenna Fotos der Familie und schon war es um die Amerikanerin geschehen. „Wie Zwillinge“ sah sie sich auf ihren eigenen Kinderbildern neben Lilly. Handyfotos überzeugen auch den Designer und seither wird die Baerler Familie vom amerikanischen Enthusiasmus überwältigt. „Sie erinnert mich an mich, als ich in ihrem Alter war“, schreibt das Profimodel auf Whatsapp. Und: „Ich werde sie zu 100 Prozent unterstützen“, schließlich soll Lilly die positiven Seiten des Groß-Seins erleben. Think big.
Kamerateam begleitet Lilly in New York
Lilly werde in New York schon am Flughafen von einem Kamerateam abgeholt, erzählt Marco Ulrich stolz. Ein kleiner Film über die große Neunjährige soll bei sieben Fernsehsendern in Amerika und Kanada gezeigt werden. So wird Lilly schon zur Marke, bevor sie einen Fuß auf den Laufsteg gesetzt hat.
Mit der Modewelt hat die Familie bislang nichts zu tun. Cornelia Ulrich arbeitet bei einem Kinderarzt, Marco Ulrich führt ein Transportunternehmen. Lillys Leidenschaften drehen sich um Pferde und Hund Rosa. Shoppen? Geht sie gern bei den großen Modeketten. Modelsendungen wie Germanys Next Top Model durfte die Neunjährige bislang nicht gucken, sie hat keinen Social-Media-Kanal und geschminkt zur Schule gehen ist ebenfalls verboten.
Maßgeschneidertes Haute-Couture-Kleid für die Neunjährige
In Amerika wird gerade ein Haute-Couture-Kleid maßgeschneidert in Lillys Lieblingsfarbe türkis. Mehr weiß Lilly nicht. Außer dass es gar nicht hässlich sein kann, schließlich sind die anderen Kleider von Designer Aquino auch toll, „mit Perlen und Glitzer“. Die Neunjährige hat ein typisches Mädchenzimmer, mit Bergen von Kuscheltieren, rosa Pferdekopf an der Wand, Einhorn-Kalender – und Schminktisch. Den braucht sie, wenn sie mit ihrer Freundin Verkleiden spielt, in Mamas Sachen schlüpft. „Rouge, Lippenstift und Wimperntusche mag ich am liebsten“, sagt sie. Und knipst für den Fotografen ihr Lächeln an. Das geht erstaunlich routiniert, Hund Rosa braucht etwas länger für die richtige Pose.
Die Baerler Grundschule wird Lilly drei Tage frei geben. Mehr ist in diesem Schuljahr nicht drin, schließlich entscheidet sich der weitere Schulweg, begründet Mama Cornelia und hat eine weitere Anfrage für eine Show in Monaco gleich abgesagt. Ohnehin treibt sie die Sorge um, dass dieser erste Ausflug ihrer Tochter in die Modelwelt Kritiker anzieht. Zum Thema Jugendschutz und Kinderarbeit ließen sie sich bei einem Anwalt beraten.
Beruhigend findet sie zudem, dass sie ihre Tochter bis auf die wenigen Minuten auf dem Laufsteg überall begleiten kann. „Und wenn sie sich unwohl fühlt, würden wir die Notbremse ziehen“, sagen die Eltern unisono. Aber bislang genießt Lilly die Aufmerksamkeit in vollen Zügen. „Ich hätte sie schüchterner eingeschätzt“, gesteht ihre Mama. Die Eltern wollen ihr Kind schützen, andererseits diese Chance ermöglichen. Eine Zwickmühle. Aber nicht für Lilly. Deren Berufswunsch bleibt vorerst: Grundschullehrerin.
Das sagt der Jugendschutz
Grundsätzlich dürfen Kinder nach §5 des Jugendarbeitsschutzgesetzes nicht beschäftigt werden. Kinder zwischen drei und sechs Jahren dürfen aber an Theatervorstellungen, Musikaufführungen, Film- oder Fotoaufnahmen zwei Stunden täglich tagsüber teilnehmen. Kinder über sechs Jahren dürfen bis zu drei Stunden täglich zwischen 8 und 22 Uhr bei Werbeveranstaltungen mitmachen, vier Stunden sind bei Theateraufführungen durch Ausnahmegenehmigungen möglich.