Tönisheide. . Deven Wowra ist erfolgreiches Kindermodel. Auf Instagram folgen dem Jungen über 22.000 Personen. Seine Karriere begann bereits mit drei Jahren.

Im Garten schwingt Deven wie Tarzan an einem Seil. Voller Elan, vor und zurück. „Ich würde gerne ein Foto machen“, sagt Fotograf Uwe Möller. Devens Blick geht sofort Richtung Kamera. Er weiß, wie er schauen muss und wirkt routiniert. Ein echter Profi vor der Linse. Deven ist Kindermodel. Und das mit fünf Jahren.

„Er wollte immer fotografiert werden“, sagt Isabella Wowra über ihren Sohn. So sprang der Junge vor jedes Objektiv. Die entstandenen Bilder schickte die 41-Jährige an eine professionelle Modelagentur. Diese war hin und weg, nahm das Kleinkind unter Vertrag. Da war Deven drei Jahre alt.

Viele Eltern seien sehr ehrgeizig

Deven mit einer Collage seiner Modeljobs. Er stand etwa für Kik oder Aldi vor der Kamera.
Deven mit einer Collage seiner Modeljobs. Er stand etwa für Kik oder Aldi vor der Kamera. © Uwe Möller

Der Wohnungsflur in Tönisheide erinnert an seine zahlreichen Aufträge – statt Familienfotos hängen an den Wänden gerahmte Prospekte, in denen der Blondschopf zu sehen war. Fotoaufnahmen etwa für Aldi, Kik, oder Galeria Kaufhof. Abgedreht ist bereits ein Weihnachts-Werbespot für C&A. Dann wird Deven auf den Fernsehbildschirmen in ganz Europa zu sehen sein – in einem Superhelden-Kostüm. „Das war cool“, sagt Deven.

Doch wie ist eigentlich die Atmosphäre bei so einem Foto-Shooting? „Einfach toll. Es ist sehr kindgerecht. Überall liegen Spielsachen und Luftballons. Die Kinder werden richtig bespaßt“, sagt Isabella Wowra. Darauf legt die Mutter Wert. „Deven soll Spaß haben und keinen Stress.“ Auf die Signale ihres Sohnes höre sie stets. „Wenn er keine Lust hat, dann fahren wir nicht hin. Es besteht kein Zwang.“ Nicht alle Eltern sind so, sagt Isabella Wowra. Viele Mütter seien sehr ehrgeizig, „geben ihren Kindern lautstark Kommandos.“

Alle Termine finden erst nach dem Kindergarten statt

Die Zeit vor der Kamera bei einem Werbedreh mit Kindern sei immer so kurz wie nötig. „Das dauert oft nur 20 Minuten.“ Am Set gebe es auch immer ein Ersatzkind, sollte eines der jungen Models keine Lust mehr haben.

Bei all dem Trubel soll der Fünfjährige stets ein kindgerechtes Leben führen: „Deven ist ein Kind und soll es auch bleiben.“ Alle Termine finden deshalb nach dem Kindergarten statt. In der Kita Unter’m Regenbogen soll der Blondschopf mit anderen Jungen und Mädchen spielen und toben – einfach Kind sein.

Eltern zeigen Sohn auf dem Fotodienst Instagram

Ein Bild von Devens Instagram-Account. Die Eltern präsentieren ihren Sohn in angesagter Kleidung.
Ein Bild von Devens Instagram-Account. Die Eltern präsentieren ihren Sohn in angesagter Kleidung. © Wowra

„Wir unternehmen auch viel mit der Familie“, sagt Isabella Wowra. Bei gemeinsamen Spaziergängen und Ausflügen entstehen dann Bilder für Devens Instagram Account. „Den verwaltet Papa.“ Mehr als 22 000 Follower habe der Fünfjährige bereits. Auf den Fotos ist er bis zur Frisur perfekt gestylt, trägt hippe Klamotten und posiert wie ein erwachsener Mode-Blogger. Unter den Kommentaren seiner Bilder finden sich auch Heiratsanträge.

Im Garten hat Deven ausreichend Möglichkeiten zum Toben, Rennen und Spielen.
Im Garten hat Deven ausreichend Möglichkeiten zum Toben, Rennen und Spielen. © Uwe Möller

Zuhause in Tönisheide fehlt es dem Fünfjährigen an nichts. Im Garten gibt es ein Baumhaus, Sandkasten, Rutsche und Bäume zum Klettern. „Oft kommen Kinder zum spielen“, sagt die Mutter. Im Kinderzimmer haben die Kids die Qual der Wahl – das Zimmer quillt über an Spielsachen und Kuscheltieren. „Am liebsten spiele ich mit Lego“, sagt Deven. Nach jedem Casting oder Fototermin kommt neues Spielzeug hinzu – dann geht es schnurstracks zum nächsten Spielwarengeschäft.

Der Verdienst geht komplett an den Fünfjährigen

„Deven darf sich dann etwas aussuchen.“ Zur Belohnung. Denn finanziell möchte die Familie von dem Nebenjob des Sohnes nicht profitieren, sagt Mutter Isabella Wowra: „Das ist alles sein Verdienst.“ Das Geld wandere auf ein Sparbuch. „Damit kann er später seinen Führerschein oder ein Auto finanzieren.“

Die Honorare für Kindermodels liegen zwischen 100 und 400 Euro pro Auftrag, wissen Brancheninsider. Für die Vermittlung eines Kindes erhalten die Agenturen eine Provision. Und womit möchte Deven später einmal sein Geld verdienen? „Als Superheld“, antwortet der Fünfjährige und lacht. „So wie Spiderman“. Er ist eben noch ein Kind.

>>> Eine Gefahr für die Entwicklung eines Kindes

Die schöne Modewelt, sie birgt auch Gefahren – gerade für die Kleinsten. Denn anders als Erwachsene können Kinder „weder die mitunter immense Reichweite von Fotos noch die damit einhergehende Öffentlichkeit einschätzen“, sagt ein Sprecher des Familienministeriums des Landes NRW. Doch nicht nur bei einem Modejob sondern auch durch die Verbreitung von Kinderfotos über soziale Netzwerke wie Facebook „entscheiden die Eltern darüber, dass ihr Kind zur öffentlichen Person wird.“

Jungen und Mädchen, die als Model arbeiten, können außerdem enormen Anspruchshaltungen von Erwachsenen ausgesetzt sein. Die Tätigkeit vor der Kamera dürfe deshalb nie zu einer Belastung werden. „Das Kindeswohl steht im Vordergrund. Eltern sollten immer die Interessen ihres Kindes im Blick behalten“, sagt ein Sprecher des Ministeriums.

Gesetz erlaubt Fotoaufnahmen

Der Job des Kindermodels wirft auch Fragen auf: Darf ein minderjähriges Kind überhaupt arbeiten? Ja, jedoch nur unter engen Voraussetzungen. So ist es Jungen und Mädchen zwischen drei und sechs Jahren per Gesetz erlaubt, bis zu zwei Stunden täglich in der Zeit von acht bis 17 Uhr für Film- und Fotoaufnahmen tätig zu werden.

Kritik äußert auch die Psychotherapeutenkammer NRW. „Die Vermarktung eines Kindes ist eine Form von Verkauf“, sagt Präsident Gerd Höhn. Durch die einseitige Fixierung auf das äußere Erscheinungsbild sei die Entwicklung des Kindes stark gefährdet. Eltern sollten sich immer die Frage stellen: „Hat das Kind noch andere Selbstbestätigungsdimensionen?“, so Gerd Höhn.

Der Psychotherapeut warnt davor, Kinder zur Schau zu stellen. Man könne beispielsweise im Internet davon ausgehen, dass Fotos auch von Menschen gesehen werden, die wohl keine Mutter erreichen will.