Vor 15 Jahren war Bruno Sagurna einer der letzten Mitarbeiter des Waggonwerks. Als Aufsichtsrat der Gebag gestaltet er nun die Zukunft in Wedau.

„Wenn mir einer gesagt hätte, dass ich mal mit der Zukunft des Geländes zu tun habe, dann hätt’ ich ihn zum Arzt geschickt“, sagt Bruno Sagurna. Nun ist es aber doch so gekommen. Vor genau 15 Jahren hat der 61-Jährige als einer der letzten Mitarbeiter den Schlüssel am Waggonwerk in Wedau umgedreht, im Mai wurde der SPD-Politiker in den Aufsichtsrat der Gebag gewählt, die das Areal in Wedau erworben hat.

Kaum hat er das Eingangstor an der Werkstättenstraße passiert, da sprudeln die Geschichten nur so. Das Pförtnerhäuschen, wo „der wichtigste Mann saß“, das Denkmal für die Gefallenen mit beiden Lampen, „in der Lehrwerkstatt gebaut“, das vergitterte Fenster vor der Zahlstelle, wo die Lohntüten ausgegeben wurden: „Mal sehen ob der Tresor noch drin ist“.

Eigene Feuerwehr unter dem Uhrturm

Die Werksfeuerwehr unter dem markanten Uhrturm des denkmalgeschützten Gebäudeensembles – lange hatte die Bahn noch eine eigene Brandbekämpfung. Daneben liegt das Gebäude der Federschmiede in Trümmern. „Wir haben hier alles gebaut, was man zur Reparatur eines Waggons benötigte“, sagt der Meidericher, der durch einen Nachbarn ins Ausbesserungswerk der Bahn kam. „Mein Vater war bei Thyssen Sonnenberg auf der Schrottinsel. Das wollte ich nicht.“

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Der Bahn-Berufsweg von Bruno Sagurna beginnt am 1. August 1973 mit der Ausbildung zum Jungwerker. „Schmieden, feilen, schweißen, das hat man da gelernt.“ Zwischen 1000 und 1200 Mitarbeiter zählt das Werk, dass alle Waggontypen der Deutschen Bahn in der riesigen Halle turnusgemäß wartet und repariert. „Bis zu 200 am Tag. Das war hier so eine Art TÜV für die Bahn“, erklärt Sagurna. Er wird Vorarbeiter, zehn Jahre lang auch Betriebsrat und führt an der Seite des Vorsitzenden Bernhard Maaßen den langen Kampf gegen den Schließungsbeschluss, der mit der Konzerngründung 1992 fiel.

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Sterben auf Raten bis 2004

Es folgte „ein Sterben auf Raten“, erinnert Sagurna, die Verlagerung von Federschmiede und Pufferwerkstatt entzog dem Werk wichtige Kompetenzen. Ob es den Neubau eines Werkes in Ruhrort-Hafen gegeben hätte, wenn der erste Bahnchef Heinz Dürr geblieben wäre – Spekulation. So kam das Aus, Ende Juni 2004 wurde der Betrieb eingestellt. Bruno Sagurna blieb als einer von 70, die noch sechs Monate lang aufräumten. In Oberhausen und Hagen machten viele weiter, sein neuer Arbeitsplatz sollte bis 2011 Köln-Gremberg sein, ehe es 2011 zurück ging als Controller in die DB-Zentrale an der Mülheimer Straße.

Wenig mehr als ein paar Gebäude und Erinnerungen werden bleiben vom alten Werk. Gesangsverein, Schachverein, Werkskappelle – all das verlor sich über die Jahre nach der Schließung. Nun bereitet die städtische Baugesellschaft den Abriss der nicht geschützten Gebäude vor, eine Altlasten-Sanierung wird folgen, bevor nach 15 Jahren Dornröschenschlaf die Wiederbelebung des Areals beginnen kann. „Es wird Interessenten geben“, ist Sagurna optimistisch.

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Vom Hauptbahnhof bis zum Entenfang

Dass auch der Güterbahnhof und die Flächen südlich der Wedauer Brücke in der Hand der städtischen Baugesellschaft sind, sei eine Riesenchance für Duisburg, findet ihr Aufsichtsrat: „Das ermöglicht eine Entwicklung vom Hauptbahnhof bis zum Entenfang.“ Sie dürfte wohl weitere 15 Jahre erfordern. Die riesigen Platanen an der Werkstättenstraße werden das überdauern. „Die waren schon da, als ich 1973 hier anfing“, erinnert Bruno Sagurna.

Die Geschichte des Ausbesserungswerks

Ab 1878 entstanden in Wedau gigantische Bahnanlagen: Betriebswerk, Verschiebebahnhof, Personenbahnhof, hier schlug das Herz des Schienenverkehrs im boomenden westlichen Ruhrgebiet, hier schnauften rund um die Uhr die Dampfloks.

Für Wartung und Reparatur der Güterwaggons baute man ab 1911 das Ausbesserungswerk mit Werkshallen, Kesselhaus, Schmiede, Kantine und Feuerwehr. Allein die Mauer ums Werk würde die meisten heutigen Bauherrn finanziell überfordern.

Anfang 1914 wurde die Eröffnung gefeiert, wahrscheinlich mit zeittypischem Pomp, Pauken und Trompeten, ging’s doch um die „Königliche Eisenbahn-Hauptwerkstätte“ in Preußens Westen. Ab 1913 entstanden auch die Wohnhäuser der Bahn-Siedlung an der Werkstättenstraße, die heute noch attraktiv sind mit ihrer Lage im Grünen, mit Laubengängen, Torbögen und holzverkleideten Giebeln.

Preußens Bahn wurde zur Reichsbahn, diese zur Bundesbahn – das Ausbesserungswerk arbeitete für alle, wurde erweitert, erhielt neue Aufgaben, beschäftigte in den 60er Jahren 2000 Mitarbeiter, war unverzichtbar.