Duisburg. . Auf Plastik und Pappe hat ein Blesshuhn zehn Eier gebettet. Das sagen Umwelt- und Tierschützer zum Müll-Nest am Duisburger Innenhafen.
Eifrig schleppt das Blesshuhn-Männchen Futter heran. Das Weibchen thront auf rund zehn Eiern - und einem großen Haufen Müll. Am Innenhafen, gleich neben dem Kindermuseum Explorado, brütet ein Blesshuhnpaar. Ein Anblick, der einem den Magen umdreht: Denn abgesehen von ein paar Ästen liegen die Eier auf Verpackungsmüll: Tüten, Klebefolie, Papp-Halterungen von Sechserpacks Bier...
Für Kerstin Ciesla vom BUND in Duisburg ist das „erschreckend“ und „Zeichen unseres gewaltigen Müllproblems“. Man könne nur immer wieder an die Menschen appellieren, auf Einweg zu verzichten und Müll korrekt zu entsorgen. In den Naturschutzgebieten der Walsumer Rheinauen habe sie solche Müllnester noch nicht gesehen. Manchmal sei es wohl gut, „wenn die Natur vor den Menschen geschützt wird“.
Ein Einzelfall sei das aber nicht, das Verhalten sei lediglich Folge der zerstörten natürlichen Brutplätze, so Ciesla. Mit dem Laubbläser würden natürliche Nistmaterialien weggepustet, der Kantpark sei aktuell so gefegt, dass man ihn als tot bezeichnen müsse. Um Vögeln beim Nestbau zu helfen, solle man möglichst kleine Ästchen und Reisig im Garten liegen lassen.
Keine Gesundheitsgefahr für die Blesshühner
Eine Gesundheitsgefahr für die Blesshühner sieht Ciesla aber nicht. Das bestätigt auch Jürgen Hinke vom Nabu: „Das sieht nicht schön aus, ist aber auch nicht schlimm. Die Vögel sind Opportunisten, die nehmen das, was am häufigsten da ist.“ Gefährlich sei es erst, wenn sich die Tiere in Schnüren verheddern. In Amsterdam würden Nester in den Grachten zum Teil zu 100 Prozent aus Müll bestehen. Auch hierzulande beobachtet Hinke seit zehn Jahren eine Zunahme dieser Müll-Nester. Für den Bruterfolg sei das nicht maßgeblich, auch Pappe erfülle seinen Zweck.
Ähnlich sieht das Dr. Randolph Kricke, Biologe und Fachmann für Artenschutz bei der Stadt Duisburg. Auch an Küsten würden Möwen oder Seeschwalben mit Plastik bauen, das sei ethisch nicht so schön, aber auch nicht gefährlich. Scharfkantige Gegenständen könnten den Küken gefährlich werden, aber die „Eltern verbauen in der Regel weiches Material“.
„Die Tiere recyceln“, sagt ein Biologe
Nabu, BUND und Stadt sehen keine akuten Handlungsbedarf am Innenhafen, sehrwohl aber für das globale Problem des Mülls, der in der Landschaft landet.
Für den Biologen Kricke ist es ein gutes Zeichen, dass er solche Nester an der Sechs-Seen-Platte bei seinen Rundgängen kaum sieht, obwohl es auch hier illegale Müllentsorgung gibt.
Ein Nest aus Müll
Am Innenhafen, an Park- oder anderen urbanen Gewässern kämen die Müllnester häufiger vor, sie seien „ethisch und ästhetisch ein Problem, geradezu surreal“, aber für die Nachkommen der Blesshühner ungefährlich, „die Tiere recyceln nur“.
>>>> Taucher holen Müll aus dem Innenhafen
Mitglieder des Vereins Taucher im Nordpark haben erst im April den Innenhafen abgetaucht und über einen Kubikmeter Müll aus dem Wasser gefischt.
Unter den Fundstücken sind neben Dosen, Flaschen und Plastiktüten auch Kuriositäten wie ein ein Meter langes Modellboot, eine Armbanduhr und mehr.
Das Wasser habe eine gute Qualität, sagen die Taucher: „Am Boden liegt eine Schwefelschicht, das ist ein gutes Zeichen, dass das Ökosystem intakt ist.“ Und: Ein Hecht kam vorbei!