Duisburg. . Benjamin Brittens selten aufgeführtes Werk in der ausverkauften Duisburger Salvatorkirche: Marcus Strümpe leitet eine dramatische Aufführung.
Aufführungen von Benjamin Brittens „War Requiem“ haben Seltenheitswert. Zuletzt war das groß angelegte Werk in Duisburg 2002 im Rahmen der Philharmonischen Konzerte unter der Leitung von Jonathan Darlington zu hören. Für das „War Requiem“ in der Salvatorkirche vereint Marcus Strümpe nun seine beiden Chöre, die Kantorei der Salvatorkirche und den Philharmonischen Chor, zu einem großen Klangkörper und leitet eine Aufführung, die ebenso dramatisch wie berührend ist.
Sie soll an den 80. Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkriegs im Jahr 1939 erinnern. Tatsächlich ist Brittens Requiem eine Reaktion auf die Schrecken dieses Krieges. Neben lateinischen Texten aus der Liturgie verwendet der Komponist auch Texte des englischen Lyrikers Wilfred Owen, der in seinen Gedichten seine Erfahrungen im Ersten Weltkrieg verarbeitete; er fiel 1918 in Frankreich – sieben Tage vor dem Waffenstillstand.
Das Niveau, auf dem Kantorei und Philharmonischer Chor zu erleben sind, ist beachtlich. Das „Dies Irae“ entfaltet seine immense Wucht ganz langsam, dafür aber umso eindringlicher. Hier hat Strümpe stets die großen Bögen der Komposition im Blick und weiß sie effektvoll umzusetzen. Auch rhythmisch und harmonisch vertrackte Stücke wie das „Quam olim Abrahae“ werden souverän gesungen.
Der von Gijs Burger einstudierte Kinderchor der Singschule St. Petri aus Mülheim bietet nicht nur stimmlich einen starken Kontrast zu den anderen Chören, sondern auch räumlich, denn sie sind auf der Orgelempore als Stimmen aus der Höhe positioniert, was eine große klangliche Wirkung entfaltet.
Das Solistentrio bringt seine Bühnen- und Opernerfahrung bestens in die Aufführung ein, und vermittelt die Bilder von Tod und Vernichtung in den Schützengräben, um die es in Owens Lyrik geht, durch ausdrucksstarken Gesang. Die Duisburger Sopranistin Inga-Britt Andersson glänzt mit kraftvoller Stimme und bewegt sich im Ausdrucksspektrum zwischen Klageweib und Racheengel. Corby Welch von der Deutschen Oper am Rhein singt die Schlachtbeschreibungen mit ruheloser Panik. Mittlerweile hat Welch sich auf der Opernbühne zum Heldentenor entwickelt, doch im „Agnus Dei“ drosselt er seine Stimme und zeigt, über welche lyrischen Feinheiten er verfügt. Mit heller und weichem Bariton singt der Kandier Michael Adair seine Partie.
Hoffnung auf Frieden im Paradies
Für eine Aufführung des „War Requiems“ im Konzertsaal wäre das Orcheste aus Musikern der Duisburger Philharmoniker zu klein, in der Salvatorkirche wirken die Blechbläser manchmal zu groß besetzt. Wenn die Fanfaren durcheinander klingen und ebenso an Signalrufe auf dem Schlachtfeld wie an die Posaune des Jüngsten Gerichtes erinnern, so wühlt das auf. Auch Klavier, Harfe und Glocken verleihen dieser Musik ihren ganz besonderen Klangzauber verleihen.
Dass dieses Werk bestens in die „Utopien“-Akzente passt, zeigt sich im Schlusschor „Let us sleep now“, wenn alle die Hoffnung auf einen Frieden im Paradies besingen. Marcus Strümpe lässt den Schlussakkord noch lange ausschwingen, bevor es dann in der ausverkauften Salvatorkirche großen Beifall und Jubel für diese eindringliche Interpretation gibt.