Duisburg. . Von der Deutsch-Britischen Gesellschaft bis zum Unternehmerverband: Wie die jüngste Entscheidung zum Brexit in Duisburg aufgenommen wurde.
Robert Tonks ist der Diskussionen langsam müde. Nach dem Nein des britischen Parlaments zu Theresa Mays Brexit-Deal für den EU-Austritt „stehen wir wieder da, wo wir vor zweieinhalb Jahren angefangen haben“, so der Vorsitzende der Deutsch-Britischen Gesellschaft in Duisburg. Interessant findet er, wie unterschiedlich die jüngste Entscheidung aufgenommen worden ist. „Während hier bei uns die Enttäuschung überwiegt, sehen viele Briten darin überhaupt kein Problem. Sie wollen einfach einen Brexit unter anderen Bedingungen.“
Seine 92-jährige Mutter aus dem kleinen Städtchen in Südwales, in dem Tonks aufgewachsen ist, beobachte die Diskussion übrigens völlig entspannt. „Sie hat den Zweiten Weltkrieg überlebt, da kann sie ein Brexit nicht schocken...“
Tonks selbst ist immer für einen Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union gewesen und ist es nach wie vor. „Einerseits hat die EU-Friedenspolitik als richtige Antwort auf die Kleinstaaterei entscheidend zur Völkerverständigung beigetragen. Andererseits hat der EU-Binnenmarkt den Briten viele Vorteile gebracht, die viele plötzlich nicht mehr sehen wollen.“
Irgendwann muss es eine Entscheidung geben
Er hofft jetzt auf ein zweites Referendum. „Wenn sich dann wieder die Brexit-Befürworter durchsetzen sollten, dann ist es eben so. Aber irgendwann brauchen wir eine Entscheidung.“
Robert Troilett, Leiter der St. George’s School in Duisburg, ist wie Tonks immer ein Brexit-Gegner gewesen. Er stammt gebürtig aus Manchester und hofft auf eine neue Regierung, die die Notbremse zieht, damit Großbritannien weiter Mitglied der EU bleibt. „Es wäre schön, wenn das so passieren würde.“
Dramatische Folgen befürchtet
Der Duisburger Unternehmerverband befürchtet nach der jüngsten Ablehnung des Brexit-Abkommens dramatische Folgen. „Unternehmen beiderseits des Ärmelkanals hängen weiter in der Luft“, so Hauptgeschäftsführer Wolfgang Schmitz. Es drohe eine Rezession in der britischen Wirtschaft, die auch an Deutschland nicht unbemerkt vorüberziehen würde. „Weil weiter Unklarheit herrscht, sind Zehntausende von Unternehmen und Hunderttausende von Arbeitsplätzen in Deutschland und vor allem in Großbritannien gefährdet.“
Das Schreckensszenario bleibe ein harter Brexit. Ohne Deal könnte sich Großbritannien dann im schlimmsten Fall etwa in Zoll- und Handelsfragen auf einer Ebene mit afrikanischen Entwicklungsländern wiederfinden.
Enttäuschung bei der Wirtschaftsförderung
Ebenfalls mit großer Enttäuschung hat die Gesellschaft für Wirtschaftsförderung Duisburg die Entscheidung des britischen Parlaments aufgenommen. „Leider werden die wirtschaftlichen Folgen auch für die Duisburger Unternehmen spürbar sein, denn der Marktzugang zu Großbritannien wird erheblich schwerer als bisher“, sagt Andree Haack, Wirtschaftsdezernent und GFW-Mitgeschäftsführer.
Für GFW-Geschäftsführer Ralf Meurer ist das einzig Positive an einem Brexit die Chance, das britische Unternehmen nach Europa verlagern. Auch Duisburg könnte dabei aufgrund seiner günstigen Lage und zahlreichen Fachkräfte eine Rolle spielen. „Dafür müssen dann allerdings auch zeitnah geeignete Flächen verfügbar sein.“
IHK hofft auf Regelung in allerletzter Sekunde
Die Niederrheinische Industrie- und Handelskammer macht sich nach der Ablehnung des Brexit-Deals von Theresa May große Sorgen über einen Ausstieg ohne Vertrag. Unternehmen könnten sich darauf nicht mehr vorbereiten.
„Alle Hoffnungen liegen jetzt darauf, dass es in allerletzter Minute doch noch eine Regelung gibt und die Übergangszeit dann für neue Handelsregeln genutzt werden kann“, so IHK-Präsident Burkhard Landers.