Duisburg. Der Stadtwerke-Turm erstrahlt im neu designten Licht, das ihm eine knackige Detailschärfe verleiht. Lichtarchitekt Brdenk über seine Arbeit.
Es ist diese neue knackige Tiefenschärfe, die gleich beim ersten Hinsehen ins Auge fällt. Auch das kleinste Detail – sogar in 180 Metern Höhe – ist nun viel besser als vorher zu erkennen. Die neue Beleuchtung lässt den Stadtwerke-Turm im wahrsten Sinne des Wortes in einem neuen Licht erstrahlen und sorgt dafür, dass es plötzlich so aussieht, als sei er per Laserstrahl in den Himmel über Hochfeld gezeichnet. Und wer schon in der richtigen Stimmung ist, der mag in dem grünen Giganten sogar Duisburgs größte Weihnachtskerze erkennen, die rechtzeitig zum Fest die Herzen erhellt.
970 Tage herrschte Dunkelheit: Es war im April 2016, als am Turm das Licht erlosch. Dies geschah im Rahmen der Komplettsanierung, die von der Denkmalbehörde zur Erhaltung des Bauwerks angeordnet wurde. Ursprünglich hatten die Stadtwerke sogar Abrisspläne für den Turm. Weil ihn aber viele Bürger in ihr Herz geschlossen haben, regte sich schnell Widerstand. Und auch die Denkmalbehörde erkannte den aus architektonischer und emotionaler Sicht sehr hohen Wert der Konstruktion.
Nicht nur die drei Rauchgasrohre wurden dann in der Folgezeit Stück für Stück abgetragen, sondern auch die 46 Quecksilberdampfleuchten. Diese hatten seit ihrer Installation im Jahr 1999 das Industriedenkmal in den abendlichen Stunden stets ins rechte Licht gerückt. Jede dieser alten 250-Watt-Leuchten hatte einen Durchmesser von 60 Zentimetern. „Und das waren echte Stromfresser.“
Der Mann, der das sagt, ist Peter Brdenk. Der 59-jährige Essener ist zum einen klassischer Architekt. Weil er sich aber seit den Zeiten der Internationalen Bauausstellung Emscher-Park (IBA) in den 90er Jahren auch intensiv um die Lichtgestaltung von Bauwerken kümmert, trägt er eine zweite Berufsbezeichnung: die des Lichtarchitekten.
Einer der Schlüsselsätze in seiner Berufsphilosophie lautet: „Das Licht ist ein Baustein des Architekten.“ Und in seiner Expertise hat Brdenk einige wichtige Projekte vorzuweisen: So sanierte er vor vier Jahren im Auftrag des Regionalverbandes Ruhr die Beleuchtung des Bottroper Haldenkunstwerks Tetraeder oder setzte eine Unterführung am Essener Hauptbahnhof in neues Licht. Nun also der Stadtwerke-Turm.
Rauchgasrohre waren Projektionsfläche
Vor zweieinhalb Jahren entstand der Kontakt zwischen Brdenk und dem Duisburger Energieversorger. „Ich kannte den Turm vom Vorbeifahren auf der Autobahn. Als Architekt habe ich großen Respekt vor der Bau- und der Ingenieurskunst“, sagt Brdenk. „Aber bevor ich mich mit einem neuen Lichtkonzept für ihn befassen konnte, musste ich den Turm erst einmal als Konstruktion begreifen.“
Hinzu kam ein Problem: Mit dem Rückbau der alten Rauchgasrohre ging mehr als die Hälfte der bisherigen Reflexionsfläche für das Licht verloren. So galt es als zentrale Maßgabe, sich bei der neuen Lichtkonstruktion auf das verbleibende Stahlgerüst zu fokussieren. Und das geschieht nun mit Hilfe von 180 LED-Strahlern und 256 Metern so genannter Lichtlinien. Letztere sind jeweils entlang der sechs Turmplattformen befestigt und strahlen vor allem die geschlossenen Brüstungselemente an den Plattformen an. Diese neuen Lichtelemente sind nicht nur stromsparender, sondern auch langlebiger. „Die halten locker 15 Jahre“, sagt Brdenk. Und dank einem speziellen Edelstahlgehäuse sind alle Leuchten bestens gegen Wind und Wetter geschützt.
Doch keine Leuchte funktioniert ohne Kabel: Rund 4,5 Kilometer davon wurden neu verlegt – über die Hälfte davon in dem Aufzugsschacht, der sich nach wie vor in der Mitte des Industriedenkmals gen Himmel erhebt.
Das alles half dabei, dass am Nikolausabend 2018 der Turm erstmals wieder erstrahlte. „Er hat wegen der fehlenden Rauchgasrohre zwar etwas von seiner Entfernungswirkung verloren“, räumt Lichtarchitekt Brdenk ein. „Doch seine Detailschärfe in der Nähe ist so gut wie nie zuvor.“
Stadtwerketurm