Duisburg.. Michael Thalheimers Inszenierung von Verdis „Otello“ hat Duisburg-Premiere: Großartige Sänger, fulminanter Chor und furioses Orchesterdrama.
Ein starkes Opernerlebnis bringt Michael Thalheimer, in Duisburg bestens bekannt als Schauspiel-Regisseur, mit seiner Inszenierung von Verdis „Otello“ auf die Bühne. Die Produktion, 2016 an der Opera Vlaanderen in Antwerpen und Gent inszeniert, wurde im gleichen Jahr von der Rheinoper übernommen und erlebte jetzt in komplett neuer Besetzung ihre Duisburg-Premiere.
In dem nachtschwarzen Einheitsbühnenbild von Hendrik Ahr könnte man fast jede tragische Oper spielen, aber wie Thalheimer im Zusammenspiel mit den Kostümen von Michaela Barth und der Beleuchtung von Stefan Bollinger die Personen führt und Bilder entwirft, ist ein Erlebnis. Das beginnt schon mit der Eröffnungsszene, in der sich der von Gerhard Michalski großartig einstudierte Chor in Zeitlupe wogend nach vorne bewegt. Die einfachen Posen und Gesten der Inszenierung entfalten in diesem abstrakten Szenario starke Symbolkraft und charakterisieren die Figuren auf den Punkt genau. So sind Desdemonas Auftritte in den ersten beiden Akten inszeniert, als würde sie aus ihrem eigenen Gemälde steigen. Otello steht währenddessen vorne an der Rampe und streckt sehnsüchtig die Hände nach ihr aus, als würde sie erst sein Wunsch lebendig machen.
Antonio Fogliani am Pult der Duisburger Philharmoniker
Beim Schlussapplaus werden besonders die drei Darsteller der Hauptrollen gefeiert: Gustavo Porta meistert das berüchtigte „Esultate“ bei seinem ersten Auftritt eindrucksvoll. Sein baritonal gefärbter Tenor beeindruckt in den großen Ausbrüchen mit seiner Kraft. Gleichzeitig weiß er im Liebesduett seine Stimme in lyrische Bereiche zu drosseln. Brigitta Kele ist mit leicht eingedunkelten Sopran eine selbstbewusste Desdemona. Simon Neal ist ein autoritärer Jago, der seinen finsteren Charakter mit seinem vor Energie strotzenden und farbenreichen Bariton beglaubigt. Mit biegsamer Stimme stellt er die Wandlungsfähigkeit und Hinterlist seines Charakters dar. Die Regie macht ihn zum Puppenspieler, wenn auf seinen Wink hin, andere Personen im Bühnenboden versinken.
Auch die Nebenrollen sind bestens besetzt: Katarzyno Kuncio ist eine kraftvolle Emilia. Ibrahim Yesilay singt mit hellem Tenor den Cassio. Mit viel Süße und Farbe in der Stimme verkörpert Luis Fernando Piedra den Rodrigo. Ein knorriger Lodovico ist Lukasz Konieczny.
Am Pult der Duisburger Philharmoniker gestaltet Antonio Fogliani ein furioses orchestrales Drama, in dem er den Sängern aber stets den Vortritt lässt. Seine Schlagtechnik ist punktgenau, so werden auch die Solisten und Chöre, die im hinteren Bühnenbereich stehen, stets bestens durch das Stück geführt.
Die düstere Ästhetik des Abends ist gewöhnungsbedürftig, sorgt aber für eine konsequente und schlüssige Aufführung mit starker Optik. Das Publikum darf sich auf die nächste Thalheimer-Produktion freuen, denn auch seine Inszenierung von Verdis „Macbeth“, die im Juni in Antwerpen Premiere hat, ist eine Koproduktion mit der Deutschen Oper am Rhein.
>>>Dauergast beim Schauspieltreffen
Seit 2003 werden in Duisburg Inszenierungen von Michael Thalheimer in Duisburg als Gastspiele gezeigt. Den Anfang machte das Deutsche Theater Berlin mit „Emilia Galotti“.
Schauspielchef Michael Steindl lud Thalheimer-Produktionen immer wieder zu den Akzenten ein, so auch 2006 mit beiden Teilen von Goethes „Faust“. Gastspiele vom Schauspiel Frankfurt waren „Medea“ und „Penthesilea“.