Duisburg. Am Sonntag feiert die jüdische Gemeinde die Einweihung ihres neuen Friedhofs. Ein Blick zurück auf die Geschichte jüdischer Gräber in Duisburg.
Wenn am Sonntag die Jüdische Gemeinde Duisburg-Mülheim-Oberhausen auf dem Waldfriedhof an der Düsseldorfer Straße ein eigenes Grabfeld einweiht, geht ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung.
Der Friedhof der Jüdischen Gemeinde Duisburg-Mülheim-Oberhausen der Gegenwart befindet sich in Mülheim „An der Gracht“ und wurde schon zwischen 1730-1740 angelegt. Die Friedhofsanlage beinhaltet zum Teil sehr alte Grabmäler. Indes stößt der Mülheimer Friedhof mit dem Anwachsen der Jüdischen Gemeinde an seine Grenzen. Die Gemeinde hat sich seit langem bemüht, eine Beerdigungsstätte auf dem kommunalen Friedhof zu erhalten, doch scheiterte dies an einer religionsneutralen Trauerhalle ohne christliche Symbolik.
Friedhof gilt als „Haus der Ewigkeit“
Der Friedhof der Duisburger Jüdischen Gemeinde im 19. Jahrhundert lag dort, wo sich heute der König-Heinrich-Platz befindet, an der Peripherie des Amts- und Landgerichts und erstreckte sich hin in Richtung Pulverweg nicht weit entfernt von der Hauptsynagoge in der Junkernstraße. Er war seit dem Jahre 1823 Teil des allgemeinen Friedhofs, der aufgrund „sanitärer Rücksichten“ und auf Anordnung der Regierung Düsseldorf 1867 geschlossen wurde. Als er erstmals belegt wurde, lag das Grundstück noch außerhalb der alten Stadt Duisburg. In dem Vertrag zwischen der Jüdischen Kultusgemeinde und der Stadt Duisburg im Jahre 1823 hatte es geheißen: „Die Stadt Duisburg überträgt der jüdischen Gemeinde hieselbst den hinter dem allgemeinen Totenhof noch vorfindlichen Raum von ohngefähr 63½ Magdeburger Ruten zu ihrer Grabstätte“. Gegen die Zahlung von zwei Talern durfte die Gemeinde den letzten Teil des städtischen Friedhofs mit benutzen.
1909 musste die Jüdische Gemeinde unter administrativem Druck schweren Herzens die Gebeine aus 27 Gräbern zum Friedhof am Sternbuschweg umbetten – der „gute Ort“ war damit zu einer Rasenfläche geworden (und ist es geblieben).
Grabmal für den ersten Rabbiner
Nach biblischem Gebot gehört jedem Toten der Boden, in dem er begraben ist. Der Friedhof gilt als „Haus der Ewigkeit“ (hebräisch bejt olam), das den Verstorbenen Obdach gewährt, ein Ort, der keinen Schrecken kennt – ein „guter Ort“. Die Totenruhe ist unantastbar und darf nicht gestört werden. Ein jüdischer Friedhof kennt keine Ruhefristen.
Der 1871 angelegte, auch „alter“ genannter, kommunaler Duisburger Friedhof am Sternbuschweg hat zwei jüdische Grabfelder. Das ältere Feld liegt gleich am Haupteingang. Das zweite wurde 1919 angelegt. Dort fallen die von dem Düsseldorfer Bildhauer Leopold Fleischhacker gestalteten Grabsteine ins Auge. Er schuf im Rheinland etwa 200 Grabmale. Das Grabmal für Duisburgs ersten Rabbiner Manass Neumark besticht zum Beispiel durch seine im Art Déco-Stil gehaltene Gestaltung der zwanziger und dreißiger Jahre.
Weitere jüdische Grabfelder befinden sich auf den allgemeinen Friedhöfen in Mattlerbusch, Beeck und Ruhrort. Von dem seit 1708 bis 1894 bestehenden Ruhrorter jüdischen Friedhof existiert nur noch die Mauer, die ohne Erklärung als Denkmal ausgezeichnet ist. Kaum zu erkennen sind die Spuren eines „Magen Davids“ am Torpfeiler. Wie zum Hohn am Pfeiler gegenüber der Hinweis: „Einfahrt freihalten“. Offenbar nicht unter Denkmalschutz stand die zur Garage umfunktionierte Leichenhalle.
Friedhof in Beeck steht unter Denkmalschutz
Als die Schließung ihres fast 200 Jahre alten Friedhofs bevorstand, hatte die Synagogengemeinde Ruhrort 1890 ein Grundstück neben dem evangelischen Friedhof in Duisburg-Beeck erworben, in dem Glauben, der neue Friedhof werde auf mehr als 100, vielleicht auf 200 Jahre, für die Bedürfnisse der Gemeinde reichen. Doch hier machten die Nationalsozialisten diese Hoffnung zunichte. Von den knapp 50 Beisetzungen an diesem Ort fand die letzte im Jahre 1938 statt. Viele Steine zeigen Spuren der Zerstörung.
1943 wurden die jüdischen Grabstellen auf dem kommunalen „alten“ Friedhof ihren Eigentümern entzogen, die Grabsteine abgeräumt und an Steinmetzfirmen verkauft. 1946 musste die Stadt Duisburg auf Anordnung der britischen Militärregierung nach Intervention von Angehörigen jüdischer Familien für den Rückkauf und die Wiederaufstellung der noch verbliebenen jüdischen Grabsteine des Friedhofs am Sternbuschweg sorgen. „Denn jeder einzelne Mensch ist schon eine Welt, die mit ihm geboren wird und mit ihm stirbt“, sagte Heinrich Heine – unter jedem Grabstein liegt eine Weltgeschichte.
>> EINWEIHUNG AM SONNTAG
Um 13.30 Uhr beginnt am Sonntag die feierliche Einweihung des neuen jüdischen Friedhofs an der Düsseldorfer Straße 601. Die Wirtschaftsbetriebe haben die Anlage in den vergangenen Monaten für die jüdische Gemeinde hergerichtet. Nach der Weihung des Friedhofes wird als erste Handlung eine alte Thorarolle beerdigt.