Duisburg. . Wie geht Verhütung? In Duisburg wurde 1968 die NRW-weit erste Beratungsstelle von Pro Familia eröffnet für Schwangerschafts- und Sexualberatung.
Als landesweit erste Beratungsstelle startete Pro Familia vor 50 Jahren in Duisburg. Was sich geändert hat? Eigentlich nichts. Und doch alles. Nichts, weil sich damals wie heute Menschen über Liebe, Ehe, Partnerschaft, Kinder und Sexualität den Kopf zerbrechen und Hilfe von Menschen benötigen, die einen klaren Blick auf das Problem werfen. Und alles, weil sich die Rahmenbedingungen in 50 Jahren enorm verändert haben. Abtreibung war lange strafbar, Homosexualität wurde erst 1994 entkriminalisiert, verschiedene Verhütungsmittel kamen auf den Markt.
1968 war eine Ärztin ansprechbar, sie machte Verhütungsberatung. Einmal die Woche. Heute sind sie zu acht, in hellen Räumen mit vielen Rückzugsmöglichkeiten für Ärzte, Sexualpädagogen, Psychologen und ihre Klienten, fünf Tage die Woche. Alle unterliegen der Schweigepflicht.
Leiterin Britta Rommerskirchen, seit 30 Jahren bei Pro Familia, hat sich zur Rechtsexpertin in Sachen Elterngeldberatung entwickelt, deren Rat selbst Juristen suchen. „Es gibt so viele komplexe Gesetze und so viele Ausnahmen“, sagt die 58-Jährige. Sie ist dankbar, ein multiprofessionelles Team im Rücken zu haben. Merkt sie bei einem Gespräch, dass neben dem Elterngeld auch Paarprobleme eine Rolle spielen, kann sie an die Psychologin weiterverweisen oder die Ärztin.
Glattbügeln muss die Pädagogin häufig Infos, die ihre Klienten im Netz gefunden haben. „ In Chats wird viel Unwahres verbreitet“, sagt Rommerskirchen. Das Internet ist aber auch praktisch, deshalb macht sie gerade eine Fortbildung, um künftig selbst Online-Beratung anbieten zu können.
Auch Sexualpädagoge Peter Rüttgers findet heute andere Bedingungen vor, wenn er mit den Jungs einer Klasse ins Gespräch geht. Pornografie etwa sei früher kein Thema gewesen, in der heutigen medialen Welt sei auch die ungewöhnlichste Sexpraktik nur einen Klick entfernt. „Da ist es meine Aufgabe, die Jugendlichen zu bestärken, ihren eigenen Weg zu finden, sich nicht unter Druck setzen zu lassen.“ Die Stellung in der Clique, die Angst vor einem Korb - das seien damals wie heute die relevanten Themen. Positiv beobachtet Rüttgers, dass Jugendliche heute besser aufgeklärt sind, Mädchen selbstbewusster werden, klarer Grenzen setzen und insgesamt gleichberechtigter aufgestellt sind. Mit seiner Kollegin, die sich parallel um die Mädchen in einer Klasse kümmert, erreicht er jährlich rund 4000 Schüler.
Früher wie heute wird Pro Familia für die Schwangerschaftskonfliktberatung kritisiert, Kampagnen wie „Mein Bauch gehört mir“ sind nachhaltig in den Köpfen kleben geblieben. „Wir unterstützen aber viel mehr Menschen, die ein Kind austragen wollen“, betont Rommerskirchen. Rund ein Drittel der Nachfragen beträfen die Schwangerschaftskonfliktberatung, die gesetzlich vorgeschrieben ist vor einer möglichen Abtreibung, zwei Drittel der Beratungstätigkeit gelte der Schwangerschaftsberatung, bei der es etwa um Ängste vor der Geburt, Adoptionsberatung, Kinderwunsch oder Paarprobleme geht.
Finanziert wird Pro Familia zu 80 Prozent vom Land, die Stadt buttert zu, abhängig sei man aber auch von Spenden, betont Rommerskirchen. Und von der Kooperation mit anderen Trägern wie Frauen helfen Frauen, Aidshilfe oder Frühe Hilfen. Dadurch könne Pro Familia mit Überzeugung sagen: „Wir lassen keinen allein.“