Duisburg. . Auch Dirk Schuchardt musste selbst eine Anzeige schreiben. Er wurde zugeparkt und habe bei Ordnungsamt und Polizei keine Hilfe bekommen.

Erlebt hat das vermutlich schon jeder Autofahrer: Man kommt zurück zum Wagen und ist eng oder gar hoffnungslos zugeparkt. Leser Dirk Robert Schuchardt stand neulich vor dem Problem eines bulligen Boliden „Am Bollheister“ in Buchholz. Doch bei Polizei und Ordnungsamt bekam der Duisburger nur eine amtliche Absage: „Nicht zuständig“ sei der Freund und Helfer für den ruhenden Verkehr. Extra rauskommen wollte aber auch die Stadtverwaltung nicht. „Schicken Sie uns ein Foto“, hieß es beim Ordnungsamt.

Dirk Schuchardt
Dirk Schuchardt © Daniel Elke

Das machte Schuchardt dann auch – nach vielem Hin- und Herkurbeln mit der Ein- oder besser gesagt: Ausparkhilfe. Doch „irgendwie ist das ja schon blöd, dass man als Privatmann keine spürbare Hilfe bekommt“, wundert sich der Zugeparkte, „ganz im Gegenteil: Ich habe ja nun auch Mehrarbeit mit dem Ausfüllen der Privatanzeige“.

Warum das Ordnungsamt in diesem Fall nicht reagierte? Ohne detaillierte Angaben, könne man das nicht beantworten. Grundsätzlich aber werden Revierkräfte bei Anrufen oder Mails sofort informiert und suchen im Rahmen ihrer Streife den Ort auf. „Es sei denn, es ist offensichtlich keine Ahndung des Verstoßes gemäß Straßenverkehrsordnung möglich.“

Falsches Halten oder Parken ist zwar Alltag nicht nur in Großstädten wie Duisburg. Aber wohl besonders hier: „Nirgendwo sonst im Revier werden so viele Strafzettel ausgestellt wie in Duisburg. Und die Zahl steigt. Andere Städte sind nachsichtiger“ – so das Ergebnis einer Recherche von 2015. 35 angestellte Politessen in Duisburg haben 2009 312.723 Knöllchen ausgestellt, 2014 sogar 332.224.

260.000 Knöllchen bis September

Aktuell sind die Zahlen aber rückläufig – trotz gestiegener Verkehrsüberwachungskräfte. 300.398 Verwarnungen gab es 2017, in diesem Jahr wurden von 49 Vollzeitstellen bis September nur 260.000 Knöllchen ausgeteilt.

Gestiegen ist allerdings die Zahl der Privatanzeigen per E-Mail an politessen@stadt-duisburg.de: 2017 wurden 1524 erstattet, bis September 2018 sind es schon rund 1700. Wobei es sich um tatsächlich verfolgte Anzeigen handelt, die Zahl der nicht verfolgten liegt 10 bis 15 Prozent höher. Allen Eingaben geht die Stadt nach, doch nur rechtlich einwandfrei werden geahndet. Dabei wird der Betroffene vor Erlass angehört.

Kurzer Dienstweg per E-Mail

Der Trend, dass Bürger zum verlängerten Arm des Ordnungsamtes werden, ist auch in anderen Ruhrgebietsstädten zu erkennen. In Essen zeigen immer mehr Bürger Falschparker beim Ordnungsamt an. Allein in diesem Jahr rechnet die Stadt mit 3500 Anzeigen durch Privatbürger, begünstigt durch den kurzen Dienstweg per E-Mail. „Die Zahlen sind in diesem Jahr richtig gestiegen“, berichtet eine Sprecherin des Essener Rathauses.

Strafzettel in Duisburg.
Strafzettel in Duisburg. © Helge Hoffmann

Falschparker nerven. Den privaten Ärger im Straßenverkehr machen sich inzwischen verschiedene Apps für das Smartphone zunutze. Auch Schuchardt denkt darüber nach: „Jetzt könnte man abfällig behaupten, hierdurch würde das Denunziantentum gefördert und die Bürgerinnen und Bürger zu „Hilfssheriffs“ degradiert. Natürlich habe ich in meiner 28-jährigen Karriere als Autofahrer auch schon mal falsch geparkt und Knöllchen dafür kassiert. Mich ärgert es einfach, dass manche Zeitgenossen dort parken, wo es ihnen gerade in den Sinn kommt.“ Solche Stellen sieht der Duisburger viele: auf Behindertenparkplätzen, auf Radwegen etwa an der Düsseldorfer Landstraße, vor Bäckereien, um ‘mal eben’ Brötchen zu holen. „Sehr beliebt sind auch die SUV-Fahrer, die mit einer Parktasche nicht mehr auskommen“, merkt Schuchardt an.

Es fehlen städtische Ordnungskräfte

Knöllchen tun offenbar nicht genügend weh, mag mancher vermuten: Zwischen 10 und 70 Euro kostet es, je nachdem, ob man sein Auto einfach nur ohne Parkscheibe oder etwa auf einer Autobahn geparkt hat. Die Chance, dabei erwischt zu werden, ist mitunter gering – es fehlen städtische Ordnungskräfte.

Eine Petition aus dem Jahr 2014 an den Bundesverkehrsminister fordert deshalb einen höheren Bußgeldkatalog. Seit September 2017 wird sie vom Ministerium geprüft.

>>ÜBER APPS WIE „WEGEHELD“

Mit Apps wie „Wegeheld“ können Parkverstöße inklusive Foto in kurzer Zeit an das städtische Ordnungsamt gemeldet werden. Sie sorgen in manchen Städten für mehr Privatanzeigen, nicht überall aber funktioniert der Draht zur Stadt per Handy.

Allerdings sollte man bei einer Veröffentlichung im Internet auf jeden Fall darauf achten, dass das Kennzeichen und der Fahrer nicht zu erkennen sind. Sonst drohen Gegenanzeigen wegen Verletzung von Persönlichkeitsrechten.