Duisburg. . Jonas Krüning referiert bei „Geschichte donnerstags“ aus seiner Masterarbeit zur umstrittenen Statue auf dem Ehrenfriedhof am Kaiserberg.
Was auch junge Menschen motiviert, sich bisweilen tief in alten Akten, Zeitungen und Fotografien zu vergraben, ließen sich jetzt die zahlreichen Zuhörer der neuen Vortragsreihe „Geschichte donnerstags“ im Stadtarchiv vortragen. „Wir schauen hier öfter jungen Wissenschaftlern über die Schulter“, sagte die Kuratorin der Reihe, Lisa Hampel, „es wäre doch zu schade, wenn deren Arbeiten nur ihr Professor sieht.“
Den Anfang machte der wissenschaftliche Mitarbeiter Jonas Krüning, der in seiner Masterarbeit die Entstehungs- und Deutungsgeschichte der Siegfried-Figur auf dem Kaiserberg untersuchte. Krüning ist den Duisburgern bestens bekannt durch seine Auftritte als Mercatorschüler Johannes Corputius.
Auf den Siegfried als Thema kam er bei einem Spaziergang über den Ehrenfriedhof. Die Bronzestatue des ernst blickenden Kriegers mit der Rechten am Schwertknauf war zu dem Zeitpunkt einmal mehr komplett in Pink eingesprüht worden, auf dem Sockel stand: „Nie wieder Krieg“. An der Statue scheiden sich seit knapp 100 Jahren die Geister: 1985 wurde dem Krieger der rechte Unterarm samt Schwert und Scheide amputiert.
Krüning suchte im Stadtarchiv die Akten, Zeitungsberichte und Fotos von vier exemplarischen Volkstrauertagen heraus und dokumentierte so, mit welchen unterschiedlichen Bedeutungen die Metallfigur von Vertretern widerstreitender politischer Ansichten aufgeladen wurde.
Aufstellung verzögerte sich von 1914 bis 1921
Schon der Düsseldorfer Kunstprofessor Hubert Netzer, der den Auftrag bekam, musste feststellen, dass sein neoklassizistischer Entwurf eines „schlicht und nüchtern“ ausgefallenen Helden nicht jedem gefiel. Die für 1914 geplante Aufstellung des Denkmals zog sich bis 1921 hin.
An den Volkstrauertagen 1926, 1934, 1971 und 1983 versammelten sich dann jeweils die Rechten und die Linken, erst Soldatenverbände, später Friedensinitiativen und immer wieder auch Neonazis. Sie legten Kränze nieder und hielten Reden. Den einen ist klar, dass Siegfried sein Schwert gerade zieht, um sich wieder in den Kampf zu stürzen, die anderen meinen, dass er es einsteckt, damit Frieden ist. Ist er passiv und resigniert oder wild entschlossen? Ein müder Held, ein Drückeberger, ein Kriegstreiber?
„Die einmal beabsichtigte Botschaft eines Denkmals kann nicht überdauern. Jede Generation übernimmt die Verantwortung für ihre Interpretation aufs Neue“, zog Krüning den Schluss aus seinen Fakten.
Eine Aufzeichnung des Vortrags soll bald im Internet stehen.