Düsseldorf. . Oliver Tittmann, Feuerwehrchef und damaliger Einsatzleiter der Loveparade, spricht im Zeugenstand von Fehlentscheidungen der Polizei.

Einmal mehr sieht ein Zeuge im Loveparade-Prozess die Schuld für das Drama bei der Polizei. Der heutige Feuerwehrchef Oliver Tittmann hatte es gleich am Morgen nach der Technoparty gesagt: Die Polizeisperre im Tunnel sei fatal gewesen. Die Feuerwehr habe davon aber „erst nach der Katastrophe erfahren“, weil Kameras ausgefallen seien. Zu dem tödlichen Stau hätte es nicht kommen dürfen.

Nicht alle Gespräche sind dem damaligen Gesamteinsatzleiter der Feuerwehr für die Loveparade noch in Erinnerung: „Ich habe diesen Tag in den letzten Jahren ordentlich verarbeitet und auch verdrängt.“ Einen Satz aber wiederholt Tittmann, der in Uniform vor Gericht erscheint, im Zeugenstand mehrfach: „Aus meiner Sicht waren im Vorfeld alle Fragen geklärt.“ Die Feuerwehr habe sich ganz klar dafür ausgesprochen, nur vor dem Tunnel und am oberen Ende der Rampe den Menschenstrom durch Sperren zu stoppen.

Im Tunnel hätte es keinen Stillstand geben dürfen

Oliver Tittmann, Chef der Feuerwehr Duisburg, sagt am Mittwoch im Loveparade-Prozess als Zeuge aus.
Oliver Tittmann, Chef der Feuerwehr Duisburg, sagt am Mittwoch im Loveparade-Prozess als Zeuge aus. © Matthias Graben

Aber auch bei der Steuerung der Zugänge, für deren Planung der Veranstalter Lopavent zuständig gewesen sei, seien Fehlentscheidungen getroffen worden, als sich die Lage an jenem 24. Juli zuspitzte. Der Druck sei auch deshalb gewachsen, weil das Gelände zu spät geöffnet worden sei. „Ich hatte unter anderem vorgeschlagen, die Zäune wegzunehmen und die A 59 für die Menschen freizugeben“, so Tittmann. Das habe er auch am Unglückstag wiederholt.

Die Zuständigkeit der Stadt und damit auch der Feuerwehr für die Sicherheit habe für ihn an den Zugängen vor dem Tunnel aufgehört: „Für den Bereich dahinter war Lopavent verantwortlich.“ Nur im Notfall sicherte die Stadt bereits im Vorfeld dem Veranstalter zu, diesen zu unterstützen. In einem Schreiben, das Tittmann in der Nacht nach der Katastrophe formulierte, weist er die Verantwortung der Feuerwehr für die Katastrophe mit 21 Toten und mehreren Hundert Verletzten von sich: „Die Verantwortung lag bei der Landespolizei und Lopavent.“ Die Feuerwehr selbst könne und dürfe sich nicht darum kümmern, dass es im Tunnel kein Stillstand geben dürfe.

Viele mögliche Szenarien wurden im Vorfeld durchgesprochen

Auch Tittmann bestätigt, der Druck, dass die Technoparade definitiv stattfinden müsse, sei von Wolfgang Rabe gekommen, damals Ordnungsdezernent. Auf die Frage des Richters, ob diese direkte Aussage Rabes ihn überrascht habe, sagt Tittmann: „Wir kennen ihn ja aus dem Alltag.“

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Dabei hatten alle Beteiligten viele mögliche Szenarien durchgesprochen. „Eines war Starkregen. Wir nahmen an, dass die Besucher dann in den Tunnel strömen, um sich unterzustellen“, so Oliver Tittmann. Der Plan sei in diesem Fall gewesen, die Zuwege zu sperren, damit sich der Tunnel nicht weiter füllt, und die Besucher über Lautsprecher zu informieren. Das tatsächlich eingetretene Szenario wurde aber nicht besprochen, sagt der Feuerwehrchef : „Das hätte nicht vorkommen dürfen.“

Totensammelstellen und Leichensäcke standen trotzdem zur Verfügung. „Auf 50 Tote waren wir vorbereitet“, sagt Oliver Tittmann tatsächlich. Dies sei ein übliches Vorgehen bei solchen Großveranstaltungen: „Allerdings haben wir eher mit Drogentoten gerechnet.“

>> EHEMALIGER KOLLEGE AUS DORTMUND WILL GEWARNT HABEN

Am Dienstag hatte der frühere Dortmunder Feuerwehrchef im Prozess ausgesagt. Der heute 63-Jährige will in einem Seminar über Großveranstaltungen vor der Loveparade vor Fehlern bei der Planung gewarnt haben.

Die sei im März 2010 rudimentär gewesen. Kritische Punkte habe man wegen des „schnöden Geldes“ nicht nachgebessert.