Duisburg. . WAZ-Leser besuchen die Müllverbrennungsanlage in Oberhausen. Über 700 000 Tonnen gehen pro Jahr in Flammen auf. Drei Kräne arbeiten jeden Tag.

„Vielleicht entdecken Sie hier auch ihren Müll, den sie vor ein paar Tagen weggeworfen haben“, scherzt Brigitte Köjer, ehemalige Verwaltungsangestellte der Gemeinschafts-Müllverbrennungsanlage Niederrhein (GMVA). Zumindest theoretisch ist das möglich, denn der Müll der zehn Duisburger WAZ-Leser, die der GMVA in Oberhausen-Lirich am Mittwoch einen Besuch abstatten, landet größtenteils auch hier. Über das Gelände führen Brigitte Köjer und Harald Pöter, der für die Instandhaltung der Anlage verantwortlich war. War, denn beide sind inzwischen in Rente, führen dank ihres Wissens aber noch regelmäßig Besuchergruppen durch die GMVA.

Müll wird ständig umgewälzt

Je näher die Leser der Abladerampe kommen, desto strenger wird der Geruch – den Pöter nach über 40 Jahren schon gar nicht mehr wahrnimmt. Zudem beschränkt der Gestank sich auf diesen Bereich des Geländes, in dem zahlreiche Lastwagen ihren Müll in den Bunker werfen. Hydraulische Pressen schieben den Abfall nach und nach in die Grube. Bis zu drei Kräne heben ihn in die Schüttvorrichtungen für die Kessel. „Wir schaffen hier zunächst einen Berg. Das heißt, wir machen den Einwurfbereich frei, damit der nicht zu voll wird. Bevor wir den Abfall verbrennen, schichten wir ihn auf“, erklärt Pöter. Dies habe außerdem den Vorteil, dass der Müll ständig umgewälzt wird. 26 Meter tief ist die Grube – und voll mit Müll. Am besten ist der Ausblick von der Kran-Zentrale darüber. Drei gigantische Greifarme fahren hier nur wenige Meter an den Besuchern vorbei. Der Geruch bleibt durch die Belüftung draußen. Man hört nur das Klacken der Steuerknüppel und Knöpfe an den Bedienelementen der Mitarbeiter. Umhüllt von einer riesigen Staubwolke fällt der Müll – etwa eine Wagenladung – in die Kessel. Dort verbrennt er bei 1100 bis 1300 Grad.

Helme und Warnwesten sind auf dem gesamten Gelände Pflicht – das gilt auch für die zehn WAZ-Leser.
Helme und Warnwesten sind auf dem gesamten Gelände Pflicht – das gilt auch für die zehn WAZ-Leser. © Fabian Strauch

Etwa ein Viertel des verbrannten Mülls verbleibt als Schlacke. Diese wird noch auf dem Gelände aufbereitet. Metallteile und Gegenstände, die das Höllenfeuer tatsächlich überstanden haben, werden herausgefiltert und wiederverwertet. Teilweise landen sie erneut im Kessel. Die Abgase durchlaufen ein komplexes Filtersystem, bevor der 143 Meter hohe Schornstein sie als Wasserdampf freigibt. „Den sieht man übrigens nicht, wenn es zu warm ist. Das ist wie mit unserem Atem im Winter“, sagt Pöter.

Ratten und Katzen im Müllberg

Ist der Müllberg nicht ein Paradies für Ratten? „Mittlerweile gibt es hier nicht mehr so viele, aber auch heute landet noch die eine oder andere im Feuer“, sagt Pöter. Auch eine Katze sei mal in der Grube gefunden worden. „Da ist dann jemand hinabgestiegen und hat sie gerettet.“ Als ein Mitarbeiter mal ein abgetrenntes Bein fand, war die Aufregung groß. „Es stellte sich heraus, dass jemand in einem Krankenhaus die Behälter verwechselt hatte. Trotzdem war natürlich erstmal die Kriminalpolizei da.“

Ist der angelieferte Müll zu groß, wird er hier zunächst zerkleinert,
Ist der angelieferte Müll zu groß, wird er hier zunächst zerkleinert, © Fabian Strauch

715 000 Tonnen werden pro Jahr rund um die Uhr verbrannt. Die Müllverbrennungsanlage war früher einmal ein Kohlekraftwerk und gehörte zur Zeche Concordia. Nach deren Schließung wurde sie ab 1968 zu einer Müllverbrennungsanlage umgebaut. Dies sparte Kosten und Arbeitsplätze konnten erhalten werden. „Allerdings gab es damals Proteste von Anwohnern, die Anlage liegt ja mitten in einem Wohngebiet“, erzählt Köjer. „Dies führte dazu, dass die Anlage als erste überhaupt Filter vorgeschrieben bekam.“ Seit Beginn des Betriebs 1972 wurde die GMVA immer wieder erweitert. Sie bekam einen neuen Schornstein und insgesamt vier Kessel, dazu wurde das Filtersystem nach und nach verbessert. „Eigentlich ist nur ein Drittel die Müllverbrennung selbst, zwei Drittel sind die Reinigung der Luft“, sagt Pöter.