Duisburg. . Blicke ins Herz der Finsternis: Mit „Nix Meer“ veröffentlicht die Duisburger Literaturpreisträgerin Lütfiye Güzel ein neues Buch.
Verliebte Frühlings-Lyrik bleibt ihr fremd. Die Duisburger Autorin Lütfiye Güzel hat mit „Nix Meer“ nach vielerlei Gedichten, Notizen, Kurzgeschichten, einer Novelle und zuletzt dem Handzettel-Buch „Elle-Rebelle“ ein artig gebundenes Büchlein mit einer Episode veröffentlicht. Wer sich jetzt angesichts der entspannten Meerwellen-Illustrationen vor und hinter dem Text vor einer optimistischeren Weltsicht der fleißigen Lyrikerin fürchtet, der kann unbesorgt sein. Auf 65 beschriebenen Seiten blickt Lütfiye Güzel aus ihrem Bett ins Herz der Finsternis. Dabei ist es selten genug, dass eine junge Schriftstellerin für im Leben gescheiterte literarische Prominenz wie Ernest Hemingway, Jack Kerouac und Charles Bukowski auf dem welken Altar der „Dirty Old Men“ als nachgeborene Verehrerin kleine Kerzen anzündet und die Geschichten und das Lebensgefühl dieser markanten Erzähler in ihr eigenes Werk einbaut. Dabei trifft sie den lakonischen Tonfall dieser verschwundenen Generation mit Bravour.
„Das Meer, Nix mehr. Die Bettdecke auf mir. Leicht. Auf der Fensterbank eine Flasche Wasser. Still. Gegenüber eine weiße Wand. Die Leinwand. Johnny auf dem Floß. Das Gesicht bemalt.“
Hoffnungslosigkeit des Daseins
Immer wieder grüßt aus den dunklen Wolken der gute alte Charles Bukowski, der die Hoffnungslosigkeit seines Daseins mit reichlich Alkohol und riskanten Frauen kultivierte: „Ich glaube, das war Charles. Ich mag ihn nicht besonders, aber seine Bücher sind gut. Er will keinen Traum. Er will nur keinen Albtraum. Auch eine Methode… er schreibt nicht, weil er so gut ist. Er schreibt, weil die Anderen so schlecht sind.“
Wer in Lütfiye Güzels Episode nach leichtem Entertainment und kurzweiliger Dramaturgie sucht, der befindet sich mit viel Schwung auf dem Holzweg. Stattdessen findet der bisweilen fröstelnde Leser in der Dunkelheit ihres Blickes Gedanken über das Leben und über eine schwermütige Existenz, die auf Anekdoten und Gags gerne verzichtet. „Die Sprechstundenhilfe schiebt einen Fragebogen und einen Kuli rüber mit den Worten: Nicht erschrecken, der Kuli schreibt rot!“
Die Autorin, die in Deutschland längst Kult-Status genießt und mit ihren Texten sehr konsequent das Image der intelligenten Außenseiterin pflegt, sieht sich aber nicht alleine in der Verantwortung: „Was aus mir geworden ist, meine Güte. Einen ungefragt in die Welt setzen und sich dann verpissen. Ach Eltern. Überschätzt.“
>> Trägerin des Literaturpreis Ruhr
Lütfiye Güzel wurde 1972 als Tochter eines Stahlarbeiters in Hamborn geboren und wuchs in Marxloh auf.
Bekannt wurde sie durch Bücher wie „Pinky Helsinki“, „Hey Anti-Roman“ und „Hadi Hugs“. 2014 erhielt sie den Fakir-Baykurt-Kulturpreis der Stadt Duisburg und im November 2017 den Literaturpreis Ruhr.