Hans-Jürgen Vangenhassend war 1950 drei Wochen lang mit seiner Klasse aus Ruhrort in Ruppichteroth. Der 77-Jährige erinnert sich noch an Details.

Hans-Jürgen Vangenhassend (77) hat ein unglaubliches Gedächtnis. Fast 70 Jahre ist es her, seit er als kleiner Junge mit einer Klasse der Gemeinschaftsgrundschule Ruhrort im Herbst 1950 drei Wochen lang das Schullandheim in Ruppichteroth besuchte. Aber sogar an kleine Details kann sich der Alt-Homberger heute noch erinnern.

Unterwegs mit Lehrer Heicapell

„Meine Eltern hatten zwei Jahre vorher angefangen, für den Aufenthalt zu sparen“, erzählt Vangenhassend. „Rund 60 D-Mark waren damals viel Geld. Für einen Schüler wurde sogar gesammelt. Mit dem Bus ging es dann mit dem Klassenlehrer Heicapell, seiner Frau und Tochter über Siegburg nach Ruppichteroth.“

Der Lehrer Heicapell mit seiner Frau in Ruppichteroth.
Der Lehrer Heicapell mit seiner Frau in Ruppichteroth. © Lars Fröhlich

In der Gemeinde rund 30 Kilometer östlich von Bonn angekommen, wurden Jungen und Mädchen getrennt in Großunterkünften untergebracht. „Eine zugesperrte Verbindungstür haben wir damals genutzt, um mit Zetteln Nachrichten durchzuleiten“, erzählt der 77-Jäjhrige. „Einmal in der Woche war Duschen angesagt – natürlich auch getrennt.“

Schüler mussten Aufsätze verfassen

Unterricht gab es im Bröltal auch. Aufsätze mussten über Ausflüge etwa zur Wiehler Tropfsteinhöhle verfasst werden. Jeden Tag stand eine andere Wanderung auf dem Programm. „Wir hatten aber auch Zeit, um im angrenzenden Wald zu spielen“, so Vangenhassend, der außerdem eine verantwortungsvolle Aufgabe hatte. „Ich brachte die Post zur Post und besorgte neue Briefmarken.“

Hans-Jürgen Vangenhassend (r.) freute sich über den Besuch seiner Mutter Charlotte im Schullandheim.
Hans-Jürgen Vangenhassend (r.) freute sich über den Besuch seiner Mutter Charlotte im Schullandheim. © Lars Fröhlich

Er kann sich auch noch daran erinnern, dass nach dem Abendessen Volkslieder gesungen wurden und Mitschülerin Brigitte dazu immer Akkordeon spielte und ein Mädchen namens Edda zum Donauwalzer Ballett tanzte.

Einmal in der Woche gab es Süßes

„Einmal in der Woche bekamen wir Süßigkeiten geschenkt oder wir konnten sie für kleines Geld kaufen“, so der 77-Jährige. Mit einem Lächeln denkt er an die Schoko-Zigarren zurück, die es in der Mitte des Schullandheim-Aufenthalts gab, als die Eltern zu Besuch kamen.

Kurz vor der Abreise, weiß Vangenhassend, wurde die Köchin vor Ort mit einem Lied zur Melodie des Klassikers „Mein Vater war ein Wandersmann“ gewürdigt: „Frau Neff, die hat so gut gekocht, das haben wir alle gern gemocht...“ Der Alt-Homberger weiß auch noch, wie der Bus wieder in Ruhrort eintraf – „an der Carpschule, wo alle Kinder abgeholt wurden, nur ich nicht“, so Vangenhassend. „Meine Mutter hatte Waschtag und mein Opa sollte eigentlich da sein.“ Der alte Herr hatte sich allerdings verspätet, weil er damals die Gelegenheit nutzte, in der nahegelegenen Kneipe einen Doppelwacholder zu trinken...“ Damals musste der kleine Hans-Jürgen weinen, heute kann er darüber schmunzeln.

Gründungsväter von der Stolzestraße 

Marlies Kahl hat als letzte Heimleiterin von 1992 bis 2001 noch einige Unterlagen zur Entstehung des Schullandheims in Ruppichteroth. Demnach hatten der Lehrer Storck und der Rektor Eumann von der evangelische Volksschule Stolzestraße in Meiderich die Gründungsidee. 1928 kaufte die Stadt Duisburg schließlich eine alte Farbenfabrik. Beim Umbau sollen auch Eltern tatkräftig mitgeholfen haben. „Die ersten Schüler sind 1930 ins Heim nach Ruppichteroth gekommen, in dem bis zu 80 Kinder Platz hatten“, erzählt Kahl.

In den Kriegsjahren sei der Betrieb zunächst aufrecht erhalten worden. Das Haus sei dann aber geschossen und nach dem Krieg geplündert worden. Obdachlose Familien fanden laut Kahl dort zunächst Zuflucht, ehe im Juli 1947 ein kleiner Neuanfang für das Schullandheim gewagt wurde. Lastwagen mit Baumaterial seien nach Ruppichteroth aufgebrochen. Lehrer, Eltern und Schüler packten mit an. In den Folgejahren genossen Kinder auch von anderen Duisburger Schulen die Aufenthalte im Bröltal. Rektor Lehnen machte sich für einen Ausbau stark.

Doch schon beim 50-jährigen Jubiläum des Schullandheimvereins Ende der 70er wurden finanzielle Probleme diskutiert, die Kosten für Unterhalt, Personal und Verpflegung bereiteten Sorgen. Gleichzeitig gingen die Belegungszahlen zurück. „2001 wurde der Betrieb eingestellt und das Heim verkauft“, sagt Marlies Kahl, die trotzdem gerne an die Zeit zurückdenkt. „Es hat Spaß gemacht.“

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Liebe Leser, über einige Duisburger Schullandheime haben wir bereits berichtet. In unserer Serie möchten wir nun mehr über Ruppichteroth, Marienhagen oder Aremberg erfahren.

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