Duisburg. Der Reststoff aus der Stahlherstellung als Baustoff schont das Klima. Aber: Die Stadt Duisburg sträubt sich aber gegen die Verwendung.
Dem Bau gehen Sand und Kies aus, Nachfrage und Preise steigen, die Förderung von Nachschub wird immer schwieriger. Zugleich wirbt die heimische Stahlindustrie für die Verwendung von Schlacke beim Bauen. Und belegt jetzt sogar die Klimafreundlichkeit des alternativen Baustoffes durch ein wissenschaftliches Gutachten der renommierten Fraunhofer-Gesellschaft.
Mehr als drei Millionen Tonnen LD-Schlacken fallen pro Jahr bei den deutschen integrierten Hüttenwerken an, davon eine Millionen Tonnen bei Thyssenkrupp in Duisburg. Eine gigantische Menge auf den ersten Blick, aber verhältnismäßig wenig im Vergleich zu den rund 250 Millionen Tonnen Sand und Kies, die jährlich aus Deutschlands Boden gebaggert werden. Beispielsweise am Niederrhein, wo fast ein Fünftel der deutschen Produktion beheimatet ist.
Schlacke fällt bei Stahlherstellung an
LD-Schlacke wird verwendet im Erd-, Straßen- und Wasserbau sowie bei der Produktion von Düngemitteln und ersetzt dort Rohstoffe wie Kalkstein, Basalt oder Granit. Sie fällt in den genannten großen Mengen an bei der Stahlherstellung. Sie wird vom geschmolzenen Metall abgetrennt und anschließend in flüssigem Zustand zum Abkühlen in so genannte Schlackenbeete abgegossen. Von dort gelangt die Schlacke in die Aufbereitungsanlage, wird gebrochen und gesiebt. Die Buchstaben L und D vor der Schlacke stehen für Linz und Donawitz, zwei Stahlstandorte des Voest-Konzerns in Österreich, nach denen das aktuell weitestverbreitete Verfahren der Stahlherstellung benannt ist.
Spezialisiert auf die Aufbereitung und Vermarktung von Produkten aus Stahlwerksschlacken ist Thyssenkrupp Mill Services & Systems, die nun auch die Ökobilanzstudie in Auftrag gegeben haben.
Zusätzlicher Anstoß von bis zu 13.000 Tonnen CO²2 2
Wichtigstes Ergebnis: Würde man allein die bei Thyssenkrupp anfallenden LD-Schlacken durch andere Ausgangsstoffe ersetzen, ergäbe sich ein zusätzlicher Ausstoß von Treibhausgase im Umfang von jährlich rund 10 000 bis 13 000 Tonnen CO2. Das entspricht Pkw-Fahrten von etwa 32 bis 41 Millionen Kilometern, der Produktion von 15 bis 19 Millionen Kilowattstunden Strom oder der Speicherkapazität von 800 bis 1000 Hektar Wald.
Gleichwohl steht man bei der Stadt Duisburg, wohlgemerkt größter Stahlstandort Europas, der Verwendung von LD-Schlacke als Baustoff ablehnend gegenüber. So neige das Material aus der Stahlherstellung zur „Selbsterhärtung“ und späterer Schwierigkeiten beim Aufbruch einer Straße.
„Frühere Erfahrungen waren negativ“
Das sei von Nachteil, zumal Stadtstraßen auch als Leitungstrassen genutzt würden und häufiger geöffnet und wieder verschlossen werden müssten. „Die Eigenschaft der Hochofenschlacke, zu betonähnlicher Masse zusammenzubacken, erschwert diese Aufgabe“, heißt es seitens des Technischen Dezernates der Stadt. Und: „Die früheren Erfahrungen mit diesem Baustoff waren negativ, Blasen und Wellenbildungen an der Oberfläche haben dazu geführt, das Material nicht mehr im Straßenbau in Duisburg einzusetzen.“
Dr. Michael Dohlen, Leiter Forschung und Entwicklung bei Thyssenkrupp Mill Services & Systems, verweist dagegen auf Städte wie Mülheim und Oberhausen, wo die Duisburger Bedenken offenbar nicht geteilt werden und LD-Schlacke verbaut wird.
>>> DAS IST DIE FRAUNHOFER-GESELLSCHAFT
Die Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung ist mit rund 24 500 Mitarbeitern die größte Organisation für angewandte Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen in Europa.
Joseph von Fraunhofer (1787–1826) war erfolgreich als Forscher, Erfinder und Unternehmer. Er stand für anwendungsorientierte Forschung. So wurde er Vorbild für die Gesellschaft.
In Neudorf ist das Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme ansässig.
Dort befasst man sich unter anderem mit intelligentem Wohnen und betreibt das Inhaus, das Innovationen erlebbar macht.