Essen. . Der Bauboom lässt Nachfrage und Preise für Sand und Kies rasant steigen. Am Niederrhein fehlen aber auch Flächen für den Rohstoffabbau.

Der Bauboom in Deutschland lässt nicht nur die Preise für Grundstücke, Immobilien und Handwerksleistungen steigen. Experten warnen inzwischen sogar vor Engpässen bei Sand, Kies und Schotter – Rohstoffe, die im Hoch- und Tiefbau unerlässlich sind.

Harald Elsner von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe hat die Branche genauer unter die Lupe genommen und kommt in seiner am Freitag veröffentlichten Studie zu dem verblüffenden Schluss: „Sand ist in Deutschland reichlich vorhanden und trotzdem knapp“, sagt der Experte. Die Gründe für diese auf den ersten Blick widersprüchliche Entwicklung liegen für Elsner auf der Hand. „Der Bauboom führt zu steigenden Produktionsmengen bei Sand und Kies. Die Landwirte stellen angesichts der Niedrigzinsphase aber immer weniger Flächen zur Verfügung, auf denen die Rohstoffe abgebaut werden können.“

Schwerpunkt in Haltern und am Niederrhein

Die mengenmäßig bedeutendste Gewinnungsstätte für hochwertige Quarzsande, die in der Gießerei- und Glasindustrie zum Einsatz kommen, ist nach Angaben des Bundesverbands Mineralische Rohstoffe (Miro) Haltern am See. Dort werden jährlich rund 1,8 Millionen Tonnen gefördert.

Aber auch bei der Produktion von Sand und Kies für die Bauindustrie spielen Unternehmen der Region eine herausragende Rolle. Rund die Hälfte der fast 250 Millionen Tonnen, die jährlich im Bundesgebiet gefördert werden, kommen nach Angaben von Christian Strunk, Geschäftsführer der Hülskens Holding in Wesel, aus NRW. Auf den Niederrhein, wo auch sein Unternehmen sitzt, entfielen 49 Millionen Tonnen, davon 19 Millionen Tonnen auf das westliche Ruhrgebiet.

Elf von 27 Produktionsstandorten vor dem Aus

13 mittelständische Sand- und Kiesunternehmen der Region haben sich zur Initiative „Zukunft Niederrhein“ zusammengeschlossen. Sie lag vor allem mit der abgewählten rot-grünen Landesregierung im Clinch, die aus Sicht der Branche den Kiesabbau am Niederrhein durch restriktive Auflagen erschwerte. Ihre Hoffnung ruht nun auf dem schwarz-gelben Kabinett. Strunk bestätigt aber auch, dass die Bereitschaft der Landwirte sinke, Flächen für den Abbau von Rohstoffen zur Verfügung zu stellen. „In den nächsten fünf Jahren laufen die Verträge von elf unserer 27 Produktionsstandorte aus. Und viele neue Genehmigungen sind nicht in Sicht“, unkt der Unternehmer.

Brücken- und Straßenbau leidet

In die Warnung der Branche vor Engpässen stimmt nun auch die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe ein. „Die Verknappung von Kies und Sand trifft vor allem den Brücken- und Straßenbau, der große Mengen Beton einsetzt“, sagt Experte Harald Elsner. Häuslebauer bekommen seiner Einschätzung nach den Mangel dagegen kaum zu spüren. „Sie sind in der Regel eher bereit, etwas mehr für Sand und Kies zu bezahlen“, meint Elsner. Die Bauproduktion in NRW stieg allein im Dezember nach Angaben es Statistischen Landesamts um 9,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Nach seinen Berechnungen kostet eine Tonne Sand vom Niederrhein im Durchschnitt fünf Euro. „Der günstige Preis ist mit dem starken Wettbewerb in der Region zu erklären“, sagt Elsner. In München sei die Tonne Bausand wegen der hohen Nachfrage nicht unter 13 Euro zu haben. Dafür beobachtet der Experte in München, aber auch in Stuttgart Überschüsse bei Kies und Schotter – Rohstoffe, die wiederum in NRW knapp seien. Baufirmen an Rhein und Ruhr müssten hier für die Tonne Kies 10,50 bis 11,50 Euro, für Schotter elf bis zwölf Euro auf den Tisch legen.