Duisburg. . Der Gesundheitszustand minderjähriger Zuwanderer ist deutlich schlechter als der ihrer Altersgenossen, zeigt ein Bericht des Gesundheitsamtes.

  • Der Gesundheitszustand minderjähriger Zuwanderer ist schlechter als der ihrer Duisburger Altersgenossen
  • Das hat das Duisburger Gesundheitsamt anhand der sogenannten Seiteneinsteiger-Untersuchungen ermittelt
  • Besonders stark betroffen sind junge Rumänen und Bulgaren, viele haben keine Krankenversicherung

Der gesundheitliche Zustand von neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen ist deutlich schlechter als bei ihren in Duisburg lebenden Altersgenossen. Als „besorgniserregend“ bezeichnet Dr. Dieter Weber, Leiter des Gesundheitsamtes, in einem Bericht den Anteil von rund 80 Prozent der Kinder aus Südosteuropa, die von Karies betroffen sind.

Im Report, der am kommenden Freitag (15 Uhr, Raum 300, Rathaus) den Jugendhilfe-Ausschuss beschäftigt, fordert der Amtsleiter außerdem, Impflücken gezielt zu schließen. „Nur so können unkontrollierte Infektionsausbrüche wie Anfang des Jahres bei den Masern vermieden werden.“ Ein ungelöstes Problem bleibe der fehlende oder ungeklärte Krankenversicherungsschutz vieler Rumänen und Bulgaren.

Entwicklungsstand und Sprachkompetenz

Ihre Erkenntnisse haben die Mediziner in so genannten „Seiteneinsteiger-Untersuchungen“ gewonnen. Um die im Schnitt 12,5 Jahre alten Kinder und Jugendlichen einer Schule zuweisen zu können, werden sie körperlich untersucht (einschließlich Hör-/Sehtest und Impfstatus), außerdem werden Entwicklungsstand und Sprachkompetenz eingeschätzt.

Diese Untersuchung absolvierten im vergangenen Jahr 2786 minderjährige Zuwanderer, 1188 waren es bis Ende September 2017. Der Vergleich mit den übrigen Duisburger Kindern und Jugendlichen sei schwierig, weil keine ausreichende Datenbasis vorliege, räumt das Gesundheitsamt ein.

Dr- Dieter Weber ist Leiter des Duisburger Gesundheitsamtes.
Dr- Dieter Weber ist Leiter des Duisburger Gesundheitsamtes. © Tanja Pickartz

Besonders eklatant ist die Karies-Quote bei jungen Südosteuropäern. Die Kinderärzte beziffern sie mit 80 Prozent. Allerdings: Bei Reihenuntersuchungen des zahnärztlichen Dienstes fiel auch fast ein Drittel der Duisburger Schüler zwischen 6 und 15 Jahren auf. Problematisch sei vor allem, dass bei den Zuwanderern mangels Krankenversicherung „eine anschließende zahnärztliche Behandlung meistens ausbleibe“, sagt Dr. Dieter Weber.

18 Prozent haben herabgesetzte Sehschärfe

„Grundsätzlichen Handlungsbedarf“ sieht der Amtsleiter auch beim Thema Sehvermögen. Hier fielen 18 Prozent der Seiteneinsteiger mit herabgesetzter Sehschärfe auf. Auch hier könnte es heißen: Keine Versicherung, keine Brille, fürchten die Mediziner. Auf dem Niveau der Duisburger Kinder (8,3 %) liegt der Anteil der übergewichtigen Seiteneinsteiger mit 8,8 %. Dabei bleibt der Anteil der adipösen Kinder mit 1,7 Prozent deutlich unter dem der Duisburger Altersgenossen, der mit 6,2 % zuletzt über dem NRW-Durchschnitt von 4,55 % lag.

65 Prozent ohne Impfdokumente

Eklatant sind die Defizite beim Impfstatus. Unter den 295 gemeldeten Masernfällen in der ersten Jahreshälfte waren 140 Säuglinge und Kinder aus Rumänien und Bulgarien. Von den untersuchten Seiteneinsteigern konnten 65 Prozent keine Impfdokumente vorweisen, davon waren 79 % Südosteuropäer. Auch bei jenen mit Dokumenten müsse von Impflücken ausgegangen werden, vermuten die Ärzte. Die Impfquote bei Duisburger Einschulkindern beziffern sie mit 94,2 Prozent.

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„Erhebliche humanitäre Probleme“ sieht der Leiter des Gesundheitsamtes aufgrund der fehlenden Krankenversicherung. Im Gegensatz zu Asylbewerbern – sie sind abgesichert – sei zu vermuten, dass „der überwiegende Teil der Kinder aus Rumänien und Bulgarien über keinen Krankenversicherungsschutz verfügt“. Selbst im Heimatland versicherte Kinder könnten nur „in sehr begrenztem Umfang“ ambulant behandelt werden.

Große Herausforderungen und unlösbare Probleme

Das stelle die Integration der Zuwanderer ins Gesundheitssystem vor „große Herausforderungen und unlösbare“ Probleme, bedauert Dr. Dieter Weber. Zahnärztliche Behandlungen etwa könne die Malteser Migrantenambulanz, an der Münzstraße eingerichtet für die ambulante Notfallversorgung, gar nicht anbieten, erläutert der Leiter des Gesundheitsamtes.

>> ZAHLEN UND DATEN

- In Duisburg lebten Ende 2016 insgesamt 502 634 Menschen, davon waren 104 414 ausländische Einwohner (20,77 Prozent).

- Der Anteil von Kindern und Jugendlichen im Alter von 0 – 18 Jahren lag insgesamt bei 85 101 (16,93 %), davon 16 851 ausländische Kinder und Jugendliche (19,80 %).

- Ende 2016 lebten insgesamt 17 279 südosteuropäische Zuwanderer in Duisburg (8816 Bulgaren/8463 Rumänen), davon waren 6294 waren Minderjährige (36,43 %).

- Von den insgesamt 7185 Syrern (überwiegend Geflüchtete) lag der Anteil der Minderjährigen bei 2419 (33,67 %).