Duisburg. . Ein Mitarbeiter bei Unitymedia schließt mit einem 81-Jährigem einen unpassenden Vertrag ab. Es folgt Kritik von der Verbraucherzentrale.
Marina Steiner redet Klartext, spricht von einer aggressiven Verkaufsmethode, von unseriösem Geschäftsgebaren. Die Leiterin der Verbraucherzentrale in Duisburg ist fassungslos über die Art und Weise, wie ein 81-jähriger Kunde in einem Unitymedia-Shop behandelt worden ist.
Es geht um Lothar Mach, der im Dellviertel zur Miete wohnt und problemlos über Kabel, in dem Fall über Unitymedia, fernsehen konnte – bis die Umstellung von analog auf digital erfolgte. Davon hatte der betagte Duisburger schlichtweg nichts mitbekommen. Als sein Bildschirm plötzlich schwarz wurde, wollte er sich im Unitymedia-Shop an der Friedrich-Wilhelm-Straße in der Innenstadt beraten lassen. Sein Ziel: Einfach nur wieder fernsehen können.
Für den Kunden nutzlose Vertragsbestandteile
Am Ende verließ Lothar Mach den Laden mit einem 3play-Jump-120-Vertrag über zwei Jahre. Der bedeutet für ihn monatlich nicht nur höhere Kosten, sondern hat Bestandteile, mit denen er gar nichts anfangen kann und die er vor allem gar nicht braucht. Etwa eine Internet-Flatrate samt „Maxdome“, ein Videoportal, oder eine Festnetz-Telefon-Flatrate. Der 81-Jährige war laut Aussage seines Freundes Wilhelm Fornahl, der ihn im Alltag unterstützt, in seinem Leben bisher noch nicht mit dem Internet in Berührung und dürfte auch in dem Shop keinen anderen Eindruck erweckt haben. Zudem hat Mach fürs Telefonieren bereits einen Vertrag mit der Telekom.
Was die Kosten betrifft, hat er vor seinem folgenschweren Gang in den Unitymedia-Shop bisher 20,99 Euro monatlich für den Kabelanschluss bezahlt. Dies bleibt unverändert. Allerdings soll er für „3play Jump 120“ zusätzlich 39,99 Euro für das erste Jahr und 44,90 Euro für die weiteren zwölf Monate berappen – plus einer einmalige Aktivierungsgebühr von 69,99 Euro. Zum Vergleich: Machs Telefonrechnung belief sich bisher auf rund 30 Euro.
Widerrufsformular statt Installation vom Monteur
Es soll ihm außerdem vom Mitarbeiter im Shop gesagt worden sein, dass ein Monteur noch am selben Tag bei ihm vorbeikomme, er also schnell wieder fernsehen könne. Dies ist nicht erfolgt. Mittlerweile war ein Monteur zwar da. Der habe ihm aber gesagt, dass das ganze Vertragspaket samt der Hardware für ihn überhaupt nicht tauge und ein Standard-Receiver zum Fernsehen völlig ausreiche. Fornahl: „Der Monteur hat die Sachen wieder eingepackt und ihm auch gleich ein Widerrufsformular ausgehändigt.“
Das Problem: Ein Widerruf ist, wie Marina Steiner von der Verbraucherzentrale bestätigt, bei einem Vertragsabschluss in einem Shop nicht möglich. „Weil jeder sich dort in der Regel die Unterlagen genau anschauen kann und sich im Klaren darüber sein sollte, was man unterschreibt“, so die Expertin. Davon könne im vorliegenden Fall allerdings überhaupt nicht die Rede sein. „Mir ist schleierhaft, wie man einen 81-Jährigen so beraten kann. Nach zwei, drei Rückfragen hätte klar sein müssen, dass er offensichtlich nicht über die erforderliche technische Affinität verfügt“, so Steiner. „Leider stellen wir immer wieder fest, dass Unitymedia die Unwissenheit und Unbedarftheit einzelner Kunden – vor allem von Senioren – ausnutzt, um ein bestimmtes Produkt zu verkaufen.“
Unitymedia-Shop wollte Vertrag nicht stornieren
Wilhelm Fornahl hat für seinen Freund bei der Unitymedia-Hotline und im Shop an der Friedrich-Wilhelm-Straße vergeblich versucht, den Vertrag zu stornieren. Zuständig, so Fornahl, habe sich niemand gefühlt. Die Redaktion hakt bei Unitymedia nach. Und plötzlich geht alles ganz schnell. Ja, muss ein Unternehmenssprecher eingestehen, der Kunde sei völlig falsch beraten worden. Der Vertrag werde selbstverständlich storniert und ein Standard-Receiver installiert. Eine Aktivierungsgebühr soll dafür nicht anfallen. „Wir können uns nur entschuldigen“, so der Sprecher. „Zum Glück sind solche Probleme selten.“
Eine Einschätzung, die Marina Steiner von der Verbraucherzentrale nicht teilt. „In der heißen Umstellungsphase von analog auf digital hatten wir drei bis vier solcher Fälle pro Woche, die wir Unitymedia auch immer melden. Und die Dunkelziffer ist hoch.“