Duisburg. . Erfolgreiches Festival geht mit einem ausverkauften letzten Tag zu Ende: Milky Chance begeistern, die Kilians werden warmherzig verabschiedet.

  • Letzter „Traumzeit“-Tag war ausverkauft – und begeisterte mit Konzerten von Milky Chance, Kilians und Bukahara
  • Festival lockte mit rund 25 000 Besuchern so viele Fans wie nie an – Organisatoren ziehen eine positive Bilanz
  • Im nächsten Jahr soll die „Traumzeit“ wieder am dritten Wochenende im Juni stattfinden

Vor ein paar Jahren waren die Jungs von Giant Rooks noch Vorgruppe der Band Von wegen Lisbeth, die sich am Samstag im Landschaftspark in die Herzen der Fans gespielt hatte. Am Sonntag standen sie selbst beim „Traumzeit“-Festival auf der Bühne am Cowperplatz, bejubelt von hunderten Musikliebhabern. Der dritte „Traumzeit“-Tag war ohne Frage der musikalisch stärkste. In die fröhlich-ausgelassene Stimmung mischten sich aber auch ein paar traurige Momente.

Milky Chance sind international erfolgreich

Clemens Rehbein, Sänger der Band Milky Chance, begeisterte die „Traumzeit“-Besucher mit seiner markanten Stimme.
Clemens Rehbein, Sänger der Band Milky Chance, begeisterte die „Traumzeit“-Besucher mit seiner markanten Stimme. © Christoph Wojtyczka

Mit Milky Chance hatten die Veranstalter eine ebenso sympathisch wie international erfolgreiche Band verpflichtet, die einen Hit nach dem anderen landet. Aber auch bei den Weltmusikern von Bukahara, die eine unverwechselbare Mischung aus arabischem Reggae und Balkan-Beats spielen, schunkelten die Fans zunächst im Dreivierteltakt – und brachten anschließend den Gießhallen-Boden zum Beben. Die Multi-Instrumentalisten, die ihre Lieder mit Tuba, Posaune, Drums, Kontrabass, Geige und Gitarre vertonen, eröffneten hier ihre Open-Air-Saison.

Zuvor waren in der Gießhalle die Kilians vom Publikum warmherzig von der Bühne gesungen worden. Die Indie-Gruppe löst sich auf. Sänger Simon den Hartog zitierte die Ärzte: „Diese eine Liebe wird nie zu Ende gehen.“ Acht Jahre standen die Jungs, die von Thees Uhlmann mitentdeckt und unterstützt wurden, auf der Bühne. Nun ist Schluss. Viele Anhänger nutzten die Gelegenheit, um sich zu verabschieden, indem sie die Band feierten und immer weiter für sie sangen. Ein Gänsehaut-Moment für Publikum und Musiker.

Für diese sorgte auch die markante Stimme von Clemens Rehbein, der mit Philipp Dausch hinter Milky Chance steckt. Als Schülerband gestartet, sind sie Echo-Gewinner, werden im Radio in Dauerschleife gespielt und durften in den USA auf dem legendären Coachella-Festival spielen. Die Duisburger Konzertbesucher tanzten ausgelassen oder lauschten andächtig. Die Kulisse mit beleuchteten Hochöfen bot den perfekten Rahmen.

2018 wohl wieder am dritten Juni-Wochenende

© Christoph Wojtyczka

„Mit einem breiten Grinsen“ zogen die Veranstalter in diesem Jahr Bilanz: Das Festival findet 2018 wieder am dritten Juni-Wochenende statt, auch wenn der Hauptsponsor Sparkasse noch nicht definitiv zugesagt hat. Kulturdezernent Thomas Krützberg dankte dem Team für die „hervorragende Arbeit“. Frank Jebavy, der seinen Abschied als Festivalchef verkündete, wünscht sich, dass sich die „Traumzeit“ im kommenden Jahr konsolidiert. Grund zum Überschnappen gebe es nicht, aber mit zwei ausverkauften Tagen werde die Gelassenheit ein bisschen größer. Marcus Kalbitzer, zuständig für das Booking, beginnt bereits in dieser Woche wieder, neue Bands zu sichten. Ihm ist es wichtig, dass die „Traumzeit“ nicht Mainstream wird und trotz der Erfolge weiterhin Platz für (Jazz-)Perlen bleibt.

Ein Festival im Wandel

Vielfalt ist Programm

1997 steigt es zum ersten Mal - das Traumzeit Festival. Mit den Konzerten großer Jazz-Stars fing unter den Hochöfen des Landschaftsparks einst alles an. Zunächst als einmaliges Event geplant, entwickelt sich das Festival zu einem Dauerbrenner in Duisburg und der Region. Bis zum Jahr 2008 konzentriert sich das Festival auf die Musikrichtungen des Jazz und der Weltmusik. Seit 2009 hat das Festival einen musikalischen Wandel durchlaufen, zeitgenössische Musik, Vielfalt und stilistische Grenzüberschreitungen zum Programm gemacht. Jazz, Pop, Weltmusik, Elektro, Indie oder Klassik stehen jetzt gleichberechtigt nebeneinander.Wir blicken auf 20 Jahre Traumzeit Festival. Auf viele schöne, besondere, aber auch skurrile Momente am Hochofen.

1997: Zum ersten Mal Traumzeit am Hochofen

Zunächst war das Traumzeit-Festival in den Veranstaltungen der Duisburger Akzente eingebettet, die seit 1978 alljährlich im Mai stattfinden. "Das Traumzeit sollte erstmal nur eine einmalige Sache sein, die den Startschuss geben sollte, den Landschaftspark in einen Raum voll Kultur zu verwandeln", sagt Gerd Bracht, Mann der ersten Stunde und heute für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig.

Es geht weiter

"Viele Leute haben uns immer wieder gefragt, wann denn endlich die nächste Traumzeit steigt. Die Begeisterung war so groß, dass wir einfach weiter machen mussten", erklärt der Mann für die Öffentlichkeitsarbeit. Damals noch mit einer Bühne an der Kraftzentrale, an der 15 bis 20 Bands spielen.

"Wo bin ich denn hier gelandet?!"

Gleich im ersten Jahr tritt die französische Chansonsängerin Juliette Gréco im Landschaftspark auf. Bracht:  "An dem Tag hat es ordentlich geregnet und dunkle Wolken standen über dem Gelände. Die Dame hatte am Abend davor in einer Oper gespielt und musste sich erstmal an den Industrie-Charme gewöhnen. Am Ende war es aber ein wahnsinnig schönes Konzert, Publikum und Sängerin waren beide zufrieden."

50 Georgier und zwei Stunden Wartezeit

Traumzeit 2000: Die 50-köpfige Funeral-Band rund um Goran Bregovic bleibt mit dem Bus liegen. "In solchen Momenten kommt man schon ganz schön ins Schwitzen. Im Nachhinein ist das ja echt lustig, aber auch nur, weil das Publikum die Zwangspause echt gelassen genommen hat", erzählt Bracht lachend.

Wechsel in der musikalischen Leitung

Mit dem Jahr 2009 kommt der musikalische Wandel in Gang. Der Moerser Komponist und Musiker Tim Isfort übernimmt die künstlerische Leitung. Seitdem hat das Festival den musikalischen Wandel, zeitgenössische Musik, Vielfalt und stilistische Grenzüberschreitungen zum Programm gemacht. Jazz, Pop, Weltmusik, Elektronische Musik, Indie-Rock, Neue Musik oder Klassik stehen nun gleichberechtigt nebeneinander. 

Ein starker Dämpfer

Im Jahr 2012 fand das Festival wegen ungesicherter Finanzierung nicht statt, auch eine eigens initiierte Rettungsaktion konnte daran nichts ändern.

Da ist ordentlich Lautstärke im Spiel

Traumzeit 2013: Die Editors spielen ihr einziges Konzert in Deutschland in der Kraftzentrale. "Das war eins der lautesten Konzerte, die jemals beim Traumzeit liefen. Die Editors waren damals total angesagt. Also war es schon was besonderes, dass so eine bekannte Band in Duisburg gespielt hat", erinnert sich WAZ-Redakteur Thomas Richter.

Wechsel in der künstlerischen Leitung bringt ein verändertes Konzept

Nach der Trennung von Tim Isfort wurde die künstlerische Leitung des Festivals vom Festivalbüroleiter der Duisburger Marketing Gesellschaft, Frank Jebavy, zusätzlich zur kaufmännischen Leitung übernommen. Das Festival findet seit 2013 mit stark verändertem Konzept statt. "Die Traumzeit hat sich sehr verjüngt. Alles ist etwas poppiger geworden", sagt Bracht.

Eine neue Open-Air-Bühne entsteht

Traumzeit 2016: Das Festival schmiegt sich enger an die Hochöfen des Landschaftsparks, die Kraftzentrale wird nicht bespielt, weil ihre Akustik für Rock und Pop schwierig sei, so Festivalbüro-Chef Frank Jebavy. Dafür wird auf dem Cowperplatz eine Open-Air-Bühne aufgebaut. "Das macht die „Traumzeit“ für auswärtige Besucher überschaubarer", sagt Jebavy.

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