Duisburg. . Feuerwehr-Chef und Polizeisprecher sprechen nach dem Unfall mit bis zu 300 teils aggressiven Schaulustigen in Hochfeld von einer neuen Dimension.

  • Für die Retter gab es durch 300 Gaffer in Hochfeld kaum ein Durchkommen zum Unfallort
  • Feuerwehr-Chef und Polizeisprecher in Duisburg sprechen von einer neuen Dimension
  • Forderung nach mehr Respekt, Rücksicht und Verständnis für die Einsatzkräfte

Polizeisprecher Ramon van der Maat spricht von einer neuen Qualität, Feuerwehr-Chef Oliver Tittmann gar von einer neuen Dimension – in negativer Hinsicht. Bis zu 300 teils aggressive Gaffer hatten die Arbeiten der Rettungskräfte am vergangenen Montagnachmittag nach einem schweren Unfall auf der Heerstraße in Hochfeld teils massiv behindert.

„Dass wir uns erst mühsam zur Unglücksstelle bis zum Schwerverletzten durchkämpfen müssen, ist so bisher einmalig“, stellt Tittmann klar. Sogar ein Polizeihund kam zum Einsatz, um die Schaulustigen, von denen einige zudem durch Beleidigungen und abfällige Bemerkungen auffielen, in Schach zu halten.

Gaffer habe es immer schon gegeben

Polizeisprecher Ramon van der Maat
Polizeisprecher Ramon van der Maat © Lars Fröhlich

Gaffer – da sind sich van der Maat und Tittmann ebenfalls einig – hat es immer gegeben. „Als ich 1980 als junger Polizist meine ersten Einsätze in Duisburg hatte, war ich völlig konsterniert. Weil ich auch da schon die Leute anbrüllen musste, damit sie Platz machen“, erzählt der Polizeisprecher.

Das sei heute nicht anders – weiter unabhängig von Stadtteilen oder Bevölkerungsgruppen und -schichten Was sich allerdings laut van der Maat geändert hat: „Die Gaffer reagieren mittlerweile häufiger aggressiv.“

Übergriffe auf Feuerwehrleute zu Silvester

Dies kann Tittmann nur bestätigen. Diesmal sei es zum Glück nicht zu Übergriffen auf die Rettungskräfte gekommen – wie in der jüngsten Silvesternacht, als Fahrzeuge und Feuerwehrleute bei einem Brand in Hochheide mit Böllern und Raketen beschossen wurden. „Aber das hat ansonsten leider zugenommen.“, sagt Tittmann. „Die Hemmschwelle sinkt.“ Das gelte auch für das ständige Fotografieren und Filmen bei Unfällen.

Das sei grundsätzlich nicht verboten, „aber man sollte unbedingt auf die Würde des Unfallopfers achten“, so der Feuerwehr-Chef. Davon konnte erst vor ein paar Wochen ebenfalls in Hochfeld nicht die Rede sein, als Unbelehrbare mit ihren Handys auf einen Schwerverletzten „draufhielten“.

Feuerwehr-Chef Oliver Tittmann
Feuerwehr-Chef Oliver Tittmann © Jörg Schimmel

Der Bundesrat hat jüngst grünes Licht für ein Gesetz gegeben, das auch Gaffer härter bestrafen soll. Aber hilft das wirklich? „Nehmen wir den aktuellen Vorfall in Hochfeld“, sagt van der Maat. „Woher soll ich die Zeit und vor allem das Personal nehmen, um bei so vielen Schaulustigen überhaupt erst einmal die Personalien aufzunehmen?“ Da hätten die Einsatzkräfte nun mal Wichtigeres zu tun.

Umdenken in der Bevölkerung muss stattfinden

Es müsse vielmehr ein Umdenken in der Bevölkerung stattfinden. Tittmann: „Mehr Rücksicht, Respekt und Verständnis für die Einsatzkräfte, wenn wir eine Straße oder einen Gefahrenbereich absperren, wenn Sicherheitsabstände eingehalten werden müssen – das wäre schön.“