Duisburg. . Der junge Duisburger Theaterclub zeigt mit „Die Hütte im Wald“ eine Horrorgeschichte der anderen Art – und kommt ganz ohne billige Schocker aus.

„A German Horror Story“, so lautet der Untertitel der neuen Produktion „Die Hütte im Wald“, die der Theater-Jugendclub „Spieltrieb“ am Samstag erstmals auf die Bühne brachte. Aus der Feder und unter der Regie von Simon Paul Schneider machte die düstere Gruselgeschichte ihrem Untertitel alle Ehre.

Eine Gruppe Duisburger Teenager fährt im Sommer 2017 ins Waldlager nach Polen. Klingt erstmal langweilig, finden auch die Teenager, und sind empört, als sie gleich zu Beginn ihre Handys an die unterkühlte Fräulein Habicht abtreten müssen. Während jedes Szenenwechsels, clever inszeniert durch bewegliche Planen, treten die mysteriösen „drei gelben Bällchen“ auf. Ob die schwarz-gelb-bemalten Damen Schutzpatrone außerhalb von Raum und Zeit sind, ob sie omnipotente Erzähler sind oder am Ende gar selbst die dunklen Mächte verkörpern, wird nicht wirklich klar.

Zuschauer kann Lücken selbst füllen

Generell lässt Autor und Regisseur Schneider viele Lücken, die der Zuschauer selbst füllen kann – und füllen wird, allein schon aus Angst vor der bedrohlichen Ungewissheit, die den verwunschenen Wald umgibt. Verwunschen, so findet die Teenagergruppe im Laufe der Geschichte heraus, ist der Wald eigentlich garnicht, viel eher verflucht. Wie die Halbstarken bemerken, zelten sie nämlich nicht bloß in der Nähe des polnischen Striegaus, sondern auf dem Gelände des KZs Groß-Rosen, in dem die Nationalsozialisten 40 000 Menschen ermordeten. Von da an verliert die Geschichte ihren Kontakt zur Realität und zum bekannten Zeitgefüge.

Auch das Bühnenbild ist aufwendig gestaltet.
Auch das Bühnenbild ist aufwendig gestaltet. © Sascha Kreklau

Ein Mädchen verschwindet spurlos, im Bach treiben Schuhe und Haare und Lagerleiterin Habicht ist definitiv nicht die, für die sie sich ausgibt. Scheinbar ohne dass sie es selber merken, tragen die Jugendlichen immer mehr Häftlingskleidung am Leib, und das Grauen vergangener – oder gegenwärtiger – Tage materialisiert sich. Im bedrückenden Finale, das jeder selbst erleben sollte, bemächtigt sich ein wahrhaftiger Dämon der Duisburger Reisegruppe und zieht sie in die Zeit, in der ihn ein unvorstellbares Leid erst erschaffen hat.

Spannende Atmosphäre, statt plumper Horror

Der Horror, der auf dem Plakat zum Theaterstück gerade heraus beworben wird, ist kein plumper Horror, keiner, der mit ekeligen Monstern, viel Kunstblut oder den ominösen „Jumpscares“ zu erschrecken versucht. Stattdessen erscheint das Grauen in der Form der bedrückenden, aber gleichzeitig spannenden Atmosphäre des Stücks. Die wird nicht nur das hervorragende Bühnenbild und den dezent-effektiven Einsatz von Licht und Musik erschaffen, sondern vor allem durch die messerscharfen und abrupten Kontraste der Stimmung.

Die hervorragenden Schauspieler verkörpern, zum Beispiel, im einen Moment die süße Tochter Maggie (Vivian Scholten) – und erklären ihrem Vater ihm Nächsten, dass er sein eigenes Bein esse. Die gruselige Stimmung funktioniert umso besser, weil die Schauspieler auch für urkomische Situationen sorgen, immer aber vor dem Hintergrund des körperlosen Bösen, das über dem Wald schwebt: Der herrlich doofe Sprachstil von Louis (Robin Lascheit) etwa, die jugendliche Unbeschwertheit von Özgün (Ferit Albayrak) oder die zuckersüßen Onesies von Durs (Lisa-Marie Pfadt).

Weitere Termine sind auf der Stadthomepage zu sehen

„Die Hütte im Wald“ ist ein „Erlebnis“. Und obwohl diese Vokabel in der modernen Fernsehwerbung bis zum äußersten überstrapaziert wurde, trifft sie auf das Stück voll und ganz zu. Die Gesamtheit der Schauspieler, der Regie, des Tons und des Lichts erschafft eine Atmosphäre, die der eigentliche Star des Theaterstücks ist.

Zu sehen ist das Stück am heutigen Montag um 20 Uhr im Stadttheater, alle weiteren Termine sind unter dem Suchwort „Spieltrieb“ auf duisburg.de zu finden.