Duisburg. . Vom Tentorium zum Insolventorium zum Lost Place: Die Duisburger Zeltdisco, einst die größte Tanzfläche Deutschlands, verfällt zusehends.
- Großdisco Tentorium hat zur „Lost-Place“-Fotosession geladen und Inventar vertrödelt
- Zustand der Zelte und des Geländes: ruinenhaft, vermüllt, verdreckt, kaputt
- Pachtvertrag läuft Ende 2017 aus. Zukunftspläne werden unterschiedlich dargestellt
„Lost Places“ sind alte Industrieanlagen, verfallende Fabriken, in die sich Fotografen einschleichen und ablichten, was mit vergessenen Gebäuden passiert. Am Sonntag lud der Ex-Delta Musik Park, das Ex-Tentorium, die ehemals größte Disco Deutschlands, zur „Lost Place Fotolocation“ nebst Trödel von Inventar und Technik ein.
Der Name hielt sein Versprechen: Die Zeltstadt in Hamborn ist in einem üblen Zustand. Rost frisst sich an den Zeltstangen hoch, das Tageslicht ist an vielen Stellen durch Planen und zerbrochene Fenster zu sehen. Schlimmer noch ist das Außengelände: Lauter Bruchbuden aneinander gereiht, von Brennnesseln umwachsen, kuriose bis beängstigende Elektro-Installationen, haufenweise Schrott, zugewachsene Container voll mit Zeug, uralte Wohnwagen, die der nächste Sturm wohl umpustet.
Letzte Tanzversuche als „Extra Reloaded“
Unter dem Titel „Extra Reloaded“ hatte das Tentorium zuletzt versucht, zumindest auf einer der kleineren Tanzflächen noch Club-Atmosphäre zu erzeugen und Party zu machen - auf der Facebook-Seite wird mit dem Delta Musik Park-Logo geworben. Mehrere Termine wurden allerdings wieder abgesagt. Und jetzt ist endgültig Funkstille.
Auch die hochtrabenden Pläne, etwa mit Lasertag und mietbaren Festsälen ein neues Geschäftsmodell zu entwickeln, sind krachend gescheitert. Der Pachtvertrag zwischen der Chapiteau GmbH und dem Landschaftspark Nord läuft Ende des Jahres aus. Zwar ließ der Zelt-Eigner verlauten, man sei im Gespräch. Das verneinen aber gut unterrichtete Kreise, die Fläche wolle man lieber dem Parkplatz zuschlagen, der bei Trödelmärkten stark frequentiert sei.
Youtube-Videos kursieren vom Tentorium
Junge Leute stapfen begeistert über das Gelände, umkurven Scherbenhaufen und erzählen von Youtube-Videos, die in der Lost-Places-Szene kursieren. „Heute müssen wir mal nicht nachts durch Stacheldraht.“
10 Euro Eintritt verlangt der Besitzer, die Chapiteau GmbH, um sich das Grauen bei Tageslicht anzuschauen. Einige wenige Bastler greifen letzte Lichttechnik ab, zugestaubte Discokugeln und verklebte Stehtische warten auf neue Besitzer. Haufenweise Deko für Halloween, Weihnachten liegt herum. „Schon traurig“, sagt ein Gast wehmütig.
Gläubiger gehen leer aus
Andere sind eher wütend über die Trödelaktion. Denn die Betreibergesellschaft des Tentorium, die Marquee UG, ist zahlungsunfähig. Mangels Masse wurde das Insolvenz-Verfahren erst gar nicht eröffnet.
Wer auf seinen Lohn wartete oder Lieferungen bezahlt haben wollte, der ging leer aus. Vertrödelt wurde aber Besitz der Chapiteau GmbH. „Da wird Geld gedreht und wir kriegen nix“, schimpft einer, dem noch eine „niedrige vierstellige Summe“ zusteht. „Total abgebrüht“ nennt er das Vorgehen, rechtlich ist es korrekt.