Duisburg. . Kirsten Heinrich gehört zum psychologisch geschulten „BÜB“-Team der Sparkasse Duisburg, das betroffene Mitarbeiter nach einem Überfall betreut.
- Nach dem Überfall auf die Sparkasse in Duisburg-Rumeln werden die Mitarbeiter von Kollegen betreut
- Ein psychologisch geschultes zehnköpfiges Team begleitet Überfall-Betroffene sofort nach der Tat
- Kirsten Heinrich erlebte selbst zweimal einen Banküberfall und ist heute im „BÜB“-Team mit dabei
Die Bilder bleiben im Kopf: Kirsten Heinrich, Personalrätin der Sparkasse Duisburg, erinnert sich auch nach über 20 Jahren noch immer an den Moment, als sie ein Bankräuber in einer kleinen Bankfiliale mit einer Waffe bedrohte und Bargeld forderte. „Es waren Sekunden, die mir wie Stunden vorkamen“, erinnert sie sich an einen von insgesamt zwei Überfällen, die sie als Bank-Kassiererin erlebt hat. Sie kann sich deshalb gut in die Situation der Kollegen reinfühlen, die vor fünf Tagen in der Sparkassen-Filiale in Rumeln überfallen wurden und derzeit vom 2003 gegründeten „BÜB-Team“ der Sparkasse Duisburg betreut werden. „BÜB“ steht für „Betreuung Überfall-Betroffener“.
Seit Jahren nehmen Banküberfälle ab
Kirsten Heinrich gehört zu diesem Team. Seit 2010 kümmert sie sich mit neun weiteren speziell ausgebildeten Sparkassen-Mitarbeitern um Kollegen, die überfallen worden sind oder aber auch eine andere extreme Kundensituation erlebt haben, in der sie Beistand benötigen. Der Sparkassen-Überfall in Rumeln hat die gesamte Belegschaft überrascht. Seit Jahren nehmen Banküberfälle ab, die Sprengung von Geldautomaten zu. Seit 2006 gab es 16 Raubüberfälle auf Sparkassen-Filialen in Duisburg. „Um die Jahrtausendwende hatten wir viele Überfälle, dann aber kamen die automatischen Kassenboxen, das Geld wird nur noch in begrenzten Summen innerhalb eines Zeitfensters ausgegeben und das dauert.
Die Täter haben aber keine Zeit“, erklärt Andreas Vanek, Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Details zum Überfall in Rumeln nennt die Sparkasse nicht. Und auch bei der Polizei heißt es: „Die Ermittlungen laufen“ – noch immer zum Tatgeschehen, dem Täter oder den Tätern, zur Fahndung nach einem älteren roten Golf ...
Betroffene Mitarbeiter sind vom Dienst freigestellt
Der Betrieb in der Filiale in Rumeln läuft seit gestern wieder. Allerdings mit einem neuen Team. Der Kollege und die fünf Kolleginnen, die den Überfall am Donnerstag auf unterschiedliche Weise erlebt haben, „sind vom Dienst freigestellt“, sagt Vanek. „Sie befinden sich in einem Ausnahmezustand“, sagt Kirstin Heinrich. Ob die Kollegen in die Filiale zurückkehren ist ungewiss. Nicht selten wechseln Überfallopfer in eine andere Filiale oder in eine andere Funktion. Das wird individuell entschieden.
„Von sehr aufgelöst“ über „still“ bis hin zu „gar nicht ansprechbar“ hat Kirsten Heinrich schon Kollegen nach einem Überfall erlebt. Am Donnerstag hat sie die betroffenen Mitarbeiter zum Polizeipräsidium begleitet. Sie ist da, wenn sie reden wollen. Kirsten Heinrich weiß, „dass es oft Betroffenen leichter fällt, mit jemandem aus dem Kollegenkreis zu sprechen, als sofort mit einem Psychologen. Da ist oft eine Hemmschwelle.“
Auszeit genommen
Das „BÜB“-Team wurde unter anderem von Psychologen und dem Regenbogen e.V. geschult, der sich um seelisch kranke Menschen kümmert. Kirsten Heinrich selbst konnte nach ihren zwei Überfällen nicht auf ein solches Angebot zurückgreifen. „Damals gab es das noch nicht. Ich bin zu meinem Hausarzt gegangen und habe mir eine Auszeit genommen. Die Personalabteilung war sehr einfühlsam“, erinnert sie sich.
Als sich um die Jahrtausendwende die Überfälle häuften, Kollegen danach krankheitsbedingt länger ausgefallen sind, „haben wir gedacht: Wir müssen etwas tun. Wir haben zwar die Kollegen auch vorher betreut. Aber nicht professionell“, erklärt Sparkassensprecher Vanek den Aufbau des „BÜB“-Teams.
Manche sind Tage, manche Monate raus
Jeder Mitarbeiter werde auf eine eventuelle Überfallsituation vorbereitet. Schon in der Ausbildung. Aber ein Überfall mit einer Geiselnahme, wie in Rumeln „hat eine andere Qualität“, so Vanek. Die Mitarbeiter, die sich befreien können, fragen: „Wie geht es denen drinnen.“ Und auch wenn Überfälle unblutig und ohne körperliche Verletzungen zu Ende gehen, bleiben die seelischen Verletzungen, die keiner sieht, sagt die Personalrätin. Entsprechend unterschiedlich lange verarbeiten Überfallopfer auch das Geschehene. Manche sind nur wenige Tage, andere Wochen oder Monate raus.