Duisburg. . An der Uni Duisburg-Essen forscht Andreas Stöhr zum Mobilfunk-Standard 5G. Mit Tera50+ können 100 Gbit/s pro Kanal und mehr übertragen werden.

  • An den kommenden Mobilfunkstandard 5G knüpfen sich große Erwartungen
  • An der Technologie forscht Prof. Dr. Andreas Stöhr vom Zentrum für Halbleitertechnologie und Optoelektronik (ZHO)
  • Die Wissenschafter der Universität Duisburg-Essen entwickeln Funkantennen für den Terahertz-Bereich

Ein ausverkauftes Fußball-Stadion, in dem alle Fans gleichzeitig mobil telefonieren können, schnelles Internet in einem 250 km/h schnellen ICE-Zug – an den kommenden Mobilfunk-Standard 5G knüpfen sich große Erwartungen. Funkantennen, die Datenpakete mit Geschwindigkeiten im extrem hochfrequenten Terahetz-Bereich blitzschnell übertragen können, sind dafür die Voraussetzung. Daran forschen Wissenschaftler der Universität Duisburg-Essen (UDE) mit Kollegen an Hochschulen und Forschungszentren in Berlin, Hamburg, Karlsruhe und Wuppertal.

Börsenhandel in Hochfrequenz

„Tera50+“ heißt das Programm, das Prof. Dr. Andreas Stöhr vom Zentrum für Halbleitertechnologie und Optoelektronik (ZHO) leitet. Ein Nachfolgeprojekt, ausgestattet mit rund 700.000 Euro von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, nachdem Stöhrs Team zuvor mit der Übertragung von 60 Gigabits in einer Sekunde ein Weltrekord in der Terahertz-Kommunikation gelungen war. Das schnellste Funksystem der Welt hatten die Duisburger geschaffen, indem sie Funkdaten mit einer Effizienz von 6 bit/s pro Hertz Kanalbandbreite erreichten und den Rekordwert von 60 Gbit/s pro Kanal erreichten. Bei Tera50+ konzentrieren sie sich auf Systeme mit 100 Gbit/s pro Kanal und mehr.

So sehen die an der UDE entwickelten Antennen aus.
So sehen die an der UDE entwickelten Antennen aus. © Lars Fröhlich

Dabei wachsen die Bäume aber nicht in den Himmel. „Der Terahertzbereich hat zwar ein enormes Potenzial für Anwendungen, etwa bei kurzen Reichweiten bei Servern, in Data-Centern zwischen einzelnen Computern oder auch innerhalb von Maschinen“, sagt Projektleiter Stöhr. „Er stellt uns aber zugleich auch vor enorme materialwissenschaftliche und technologische Herausforderungen. Wir müssen leistungsstarke Terahertzsender und -empfänger erforschen.“

5G – Wahrheit und Mythos

„5G – Wahrheit und Mythos“ hat unlängst das Berliner Fraunhofer-Institut (Fokus) eine Experten-Diskussion betitelt. Auch Andreas Stöhr tritt bei den Erwartungen auf die Bremse. Für den Wunsch von Computerspielern, sich in Echtzeit mit einem Gegner in den USA messen zu können, müssten schon die Gesetze der Physik außer Kraft gesetzt werden. „Licht legt im Vakuum 300 km pro Millisekunde zurück, in Glasfaser sind es 200 km. Beliebig geringe Latenzzeiten kann es also nicht geben.“

Eine deutliche Unterschreitung der zehn Millisekunden-Übertragungszeit, die mit dem aktuellen LTE-Standard möglich sind, ist allerdings als Ziel gesetzt. „5G soll unter einer Millisekunde Latenzzeit liegen“, sagt Stöhr. Im Auge hat er dabei weniger die Gamer-Szene als Anwendung wie dem selbstfahrenden Auto. Das kann nur sicher funktionieren, wenn Daten der Assistenzsysteme möglichst schnell übertragen werden. Der Finanzsektor investiert schon heute in schnelle Funkstrecken. Beim „High Frequency Trading“, werden Börsenoperationen in Hochgeschwindigkeit abgewickelt. Millisekunden bedeuten da Millionen. Andreas Stöhr: „Wir haben Anfragen, um Glasfaser durch Funktstrecken zu ersetzen. In den USA gibt es Leute, die verdienen damit viel Geld.“

5G soll sechs Gigabit pro Sekunde übertragen 

Solche 4G-Antennen, wie sie derzeit zu Tausenden auf Dächern stehen und an Masten hängen, haben einen großen Vorzug: Sie strahlen ihre Signale in alle Richtungen ab. Das heißt: Eine Anlage – und alle rundum sind auf Empfang.

Bei 5G funktioniert das nicht mehr. „Bei höheren Frequenzen sind die Abstrahlverluste zu hoch“, erklärt Prof.Dr. Andreas Stöhr, „deshalb wird die Empfangsqualität bei gleicher Distanz geringer.“ Die Lösung des Problems: Kleinere Antennen in größerer Zahl und geringerem Abstand sichern die Übertragungsqualität und ermöglichen gleichzeitig wesentlich höhere Kapazitäten. „Wir wollen eine möglichst große Bandbreite, dafür müssen wir höhere Frequenzen nutzen“, erläutert Stöhr.

Strahlung der Geräte wird deutlich sinken

Im 5G-Standard soll jede Übertragungseinheit sechs Gigabit pro Sekunde schaffen bei einer Latenz von nur einer Millisekunde. Die Strahlung der Geräte (SAR-Wert), die immer wieder im Verdacht der Gesundheitsgefährdung steht, kann dann deutlich sinken. Stöhr: „Künftig wird nur noch ein Zehntausendstel der aktuellen Sendeleistung notwendig sein.“

Die an der UDE entwickelten Antennen, werden auf den Tribünen des neuen Stadions in Osaka eingebaut, getestet wird auch in der „Blue City“ einem Einkaufszentrum in Warschau. Kopfzerbrechen bereitet den Forschern noch die Sendestrahlen ihrer Antennen. Sie gehen stets nur in eine Richtung. „Die Nutzer bewegen sich aber“, sagt Stöhr, „also müsste das Handy etwas senden, dass den Strahl nachführt.“ Materialforschung, Software, Engeneering – im Zusammenspiel dieser Felder wird die Lösung gesucht, die letztlich zu einem internationalen Standard für die neue Mobilfunkgeneration führen soll. Das ZHO auf dem Duisburger Campus vertraut auf sein Erfahrungswissen. „Schließlich machen wir das hier seit 20 Jahren“, sagt Andreas Stöhr.

>>> Das Ziel: Standard für die Übertragung großer Datenmengen

Die Frequenzen zwischen 300 GHz und 3 THz (für den Übertragungsrekord an der UDE wurden 330 GHz genutzt) werden als Terahertzbereich bezeichnet.

Nur hier gibt es noch genügend Bandbreite für die schnelle Übertragung einer wachsenden Datenmenge. Niedrigere Frequenzen werden schon für andere Anwendungen wie Mobilfunk, Richtfunk, Satellitenfunk oder Radioastronomie verwendet.

Am Tera50+-Projekt sind an der Universität Duisburg-Essen außer Andreas Stöhr die Professoren Andreas Czylwik, Thomas Kaiser und Klaus Solbach beteiligt, der Start ist unlängst bei einem Treffen mit den weiteren beteiligten Wissenschaftlern erfolgt.