Duisburg. . Die Zahl der Heranwachsenden, die in Duisburg mit Alkoholvergiftung im Krankenhaus landen, ist in zehn Jahren um 40 Prozent gestiegen.

Die Zahlen klingen ernüchternd: Laut einer neuen Erhebung des Statistischen Landesamts wurden 2015 in Duisburg 99 Heranwachsende im Alter von 10 bis 19 Jahren wegen einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus behandelt, das sind 2,1 Prozent mehr, als im Jahr zuvor. In NRW stieg dagegen die Zahl der alkoholisierten Kinder und Jugendlichen nur um 0,9 Prozent. Verglichen mit 2005 ist die Zahl der „Komasäufer“ in Duisburg innerhalb von zehn Jahren sogar um fast 40 Prozent gestiegen.

Landeten in 2014 noch 97 Jugendliche mit Alkoholvergiftung im Krankenhaus, waren es ein Jahr darauf 99, also zwei mehr. „Klingt wenig, aber auch das sind zwei Fälle zu viel, zwei Schicksale, die hinter dieser Zahl stehen“, sagt Sozialpädagoge Timo Bartkowiak, der in der Fachstelle Suchtvorbeugung und Jugendsuchtberatung beim Suchthilfeverbund Duisburg arbeitet.

Er weiß: „Den richtigen Boom gab es in den Jahren 2007 bis 2009.“ Da kamen mit den Flatrate-Sauf-Partys auch die Alcopops in Mode, meist Wodka oder Whiskey, gemischt mit Limo oder Fruchtsäften. Da schnellten die Zahlen der Statistik entsprechend nach oben. Die Spitze war 2008 mit 142 Jugendlichen erreicht, die volltrunken im Krankenhaus landeten. „Seitdem ist die Zahl etwas zurück gegangen“, sagt Bartkowiak. Vor allem illegale Drogen wie Cannabis, Speed oder Ecstasy seien bei den Heranwachsenden zur Zeit hoch im Kurs. „Alkohol spielt aber immer noch eine große Rolle, Wodka bleibt Trendgetränk.“

Angebot der Beratung

Von den Jugendlichen mit Alkoholvergiftung aus der Statistik kommt nur ein Bruchteil zu Timo Bartkowiak und seiner Kollegin in die Beratungsstelle an der Beekstraße in Stadtmitte. „Unser Angebot ist schließlich freiwillig.“ Wichtig sei aber, mit den Ärzten in den Krankenhäusern zusammen zu arbeiten, die den Betroffenen bereits in der Klinik das Angebot zur Beratung vermitteln. In der Beratung werden dann Alternativen zum Alkohol erarbeitet, Ziele gesetzt. Verhaltenstipps für die nächste Party gibt Timo Bartkowiak ebenso: „Nie aus Flaschen trinken oder im Club immer nur die kleinsten Einheiten bestellen.“

Manche Jugendliche lassen sich volllaufen, weil sie einfach kein Wissen über die Wirkung haben. „Die trinken den Wodka aus der Flasche.“ Andere fühlen sich von der Clique unter Druck gesetzt oder flüchten vor familiären Problemen in den Rausch. Auch das wird in den Gesprächen der Suchtberatung besprochen. „Jedoch bieten wir keine Therapie.“ Egal, ob der Absturz nur ein einmaliger Ausrutscher war oder regelmäßig stattfindet: „Wichtig ist, dass die Jugendlichen nicht alleine gelassen werden, dass sich jemand nach einem solchen Vorfall kümmert.“

Eltern sollten offen mit dem Thema umgehen

Das eigene Kind volltrunken in der Notaufnahme vorzufinden – davor haben wohl die meisten Eltern Angst. Um solche Abstürze des Nachwuchses zu verhindern, sollten Eltern offen mit dem Thema umgehen, rät Timo Bartkowiak, der regelmäßig mit Präventionsprojekten durch Schulen tourt. Denn: „Ganz verbieten funktioniert nicht.“ Vielmehr sollten Eltern erklären, wie etwa Spirituosen wirken, Regeln für den Konsum festlegen. „Und auch das eigene Trinkverhalten hinterfragen.“

Wünschen würden sich Bartkowiak und seine Kollegen außerdem, dass der Jugendschutz gestärkt wird. Immer noch gelte Alkohol als gesellschaftlich anerkannte Droge, an die Jugendliche problemlos an jeder Tanke, an jedem Kiosk herankommen. „Dabei sollte man es ihnen so schwer wie möglich machen.“