Duisburg. . Jugendliche sind politisch nicht mehr so engagiert, aber durchaus für Politik zu begeistern. Das zeigt ein Projekt der NRW School of Governance.
Wahrscheinlich sind Tabea, Emma, Bernhard und Lilian noch nicht so oft bei Demonstrationen mitmarschiert wie ihr SoWi-Lehrer Holger Radenbach, als der Ende der 1960er Jahre so alt war wie die Elftklässler heute. Aber von Desinteresse an Politik oder gar Verdrossenheit ist doch wenig zu spüren, als es darum geht, eine fiktive Partei zu gründen und ein Wahlkampfprogramm zu entwerfen.
Das mag auch an Jan Schoofs liegen. Der Politikwissenschaftler an der NRW School of Governance an der Universität Duisburg ist einer der jungen Wissenschaftler, die im Programm „Politik geht an die Schulen“ den universitären Auftrag des Wissentransfers mit einem möglichst lebendigen Vortrag erfüllen.
Peto-Partei: Erfolgreiche Gründung als kommunale Partei
Mit dabei ist mit Holger Radebach ein echter Kommunalpolitiker. Dass eine erfolgreiche Parteigründung auf kommunaler Ebene keine Utopie ist, belegt seine Peto-Partei in Monheim. „Aus einem Jux heraus“, erinnert sich der 34-Jährige Polizeibeamte und Ratsherr, sei man damals zur Kommunalwahl angetreten. Der Rest ist Geschichte: Peto bekam bei der Premiere fünf, beim zweiten Antritt schon 65 Prozent der Stimmen und stellte mit dem damals 27-jährigen Daniel Zimmermann den landesweit jüngsten Bürgermeister.
„Am Anfang hatten wir weder Geld noch Ahnung“, berichtet Radebach und erzählt die Anekdote von der CDU, die den Neulingen 400 Plakatständer verkaufte, das Stück für einen Euro. Mit einer Frage macht Jan Schoofs dann das Dilemma aller Parteien deutlich: „Macht die Partei, was der Bürger will, oder was dem Bürger guttut?“ Kann ganz schön schwierig sein: Etwa bei der Erhöhung von Steuern und Abgaben.
Selbst die Kraft eines guten Argumentes trage den Politiker noch nicht zum Wahlerfolg, erklärt Ratsherr Radebach: „Wenn du die Leute ködern willst, musst du einen Lutscher an den Flyer kleben, damit sie ihn nicht gleich wegwerfen.“
Schülerpartei streitet für Schulen, Umwelt und Flüchtlinge
Bloß gut, dass die Jugendlichen sich auch ohne süße Bestechung leicht für kommunale Themen begeistern lassen. Um den Dreck „den die Leute auf die Straße schmeißen“, würde sich Emma kümmern, Tabea würde „mehr in Schule investieren“. SDGGS – Schülerpartei der Gesamtschule Süd heißt eine fiktive „Partei“, die auch für Schuldenabbau, Umwelt und Flüchtlinge streitet. Gar nicht so weit weg von den Themen, die tatsächlich den Duisburger Rat beschäftigen.
Roswitha Weyandt, Regionalleiterin der Sparda-Bank, kann das zufrieden registrieren. Seit Jahren fördert die Bank das Projekt. „Wir wollen das Interesse von jungen Menschen an Politik fördern“, sagt Weyandt. Bis sich wieder mehr junge Menschen, wie zu Zeiten von Lehrer Holger Radenbach, auch für Politik engagieren, bleibt aber wohl noch ein weiter Weg.