Duisburg. . Musik, Theater, gemischte Tüten: Der ersten Tag der Trinkhallen lockt Stammkunden und Neugierige. Großer Andrang in Ruhrort.
- Hunderte Besucher ziehen durch die Nacht – auf der Suche nach Kultur und einer gemischten Tüte
- Büdchenbesitzerin Rositta Zaubi „Ich glaube, ich hatte keinen schöneren Tag als diesen bisher“
- Trinkhallenbetreiber und Besucher wünschen sich von den Veranstaltern eine Wiederholung
„Ich bin ein Budist“ steht auf dem Button von Rositta Zaubi, den meisten besser bekannt als Inhaberin von „Rosi’s Stübchen“ in der Altstadt. „Die Rosi hält die Straße am Leben“, gerät ein Stammgast ins Schwärmen und lobt vor allem die Frikadellen, die sie serviert. Beim 1. Tag der Trinkhalle macht sie natürlich mit. „Ich glaube, ich hatte keinen schöneren Tag als diesen bisher. Bis auf die Geburt meiner Tochter. Ich habe schon die ganze Zeit Gänsehaut.“ Und so ziehen an diesem Abend hunderte Besucher durch die Nacht, auf der Suche, nach einer gemischten Tüte, fehlenden Sammelstickern für das Büdchen-Album und ein bisschen Unterhaltung.
Gegenüber von Rosi’s Stübchen hocken Marlon Bösherz und Marion Trautmann, Mitglieder der Gruppe „Boticelli Baby“ und improvisieren swingend. Das Ensemble „Trifolie“ bietet poetische Pantomime. Die Zuschauer sitzen beim Bierchen zusammen und schauen zu. „Der Tag der Trinkhallen ist die charmantere Version der Extraschicht“, findet Jule Körber.
Poetry Slam vor Trinkhalle
Von „Poetry Slam“ hatte Birgit Fuchs noch nichts gehört, bevor sie sich für den Tag der Trinkhalle bewarb. Nun steht vor ihrer Bude eine Band, die drei Autoren begleitet. „Mir gefällt’s gut“, sagt sie – und wendet sich einer kleinen Kundin zu: „Kind der Liebe, was möchtest du denn?“ Viele Jahre hat sie in einer Bäckerei gearbeitet und sich am Wochenende in der Trinkhalle ein zusätzliches Taschengeld verdient. Nun ist sie hier ihre eigene Chefin. Neben Zeitschriften, Zigaretten und Zuckerzeug gibt’s hier auch Wurst für den Menschen und Chappi für Hunde. „Es kommt öfter vor, dass die Leute Tiernahrung kaufen. Damit der Hund nicht das Gulasch bekommt“, erzählt Birgit Fuchs lächelnd. Nur den Nachbarn scheint die Partystimmung nicht ganz zuzusagen – zwischendurch schaut tatsächlich einmal die Polizei vorbei.
Wie gut, dass die Nachbarn in Ruhrort toleranter sind, die Musik vor dem „Shop 2 go“ von „Rock’n Romantica“ am Friedrich-Wilhelm-Platz ist nicht gerade leise. In dem begehbaren Kiosk kann man Geldgeschäfte abwickeln, Handys kaufen, Duschzeug, Durstlöscher. „Man muss flexibel sein und ein großes Angebot haben“, erklärt Recip Yasar. Eine Kundin fordert ihn auf, draußen mit ihr zu tanzen. „Aber nur, wenn du in die Mitte gehst.“ Sie verzichtet dankend. Derweil bildet sich vor der Weltmusik-Band ein Kreis. Frauen und Männer heben anmutig die Hände und wackeln mit den Hüften. Eine Stimmung wie im Urlaub – sonst wird auf deutschen öffentlichen Plätzen ja eher selten getanzt.
Shantys am Kultkiosk
Apropos Urlaubsstimmung: Nur ein paar Ecken weiter, am „Kultkiosk“ gibt’s Shantys. Gerade stimmen sie das letzte Lied an, da quengelt ein Besucher: „Menno, wir sind gerade erst gekommen.“ Die Jungs von „Pont Neuf“ wissen sich zu helfen. „Thomas, gib’ mal den Schmierstoff“, fordert ein Bandmitglied ihn auf. Gut geölt geht’s in die nächste Runde. „What shall we do with the drunken sailor.“ Zu diesem Zeitpunkt sitzen die Gäste vom „Kuki“ längst auf dem Trockenen. Kein Bier, kein Schnaps nirgends. „Wir wurden überrannt. Seit 20.30 Uhr sind wir ausverkauft“, sagt Britta Gies. Traurig ist sie nicht. Der Tag, ein voller Erfolg.